Pippa Schneider: Rede zum Ehegattensplitting (Akt. Stunde AfD)
TOP 3b Aktuelle Stunde der AfD zum Ehegattensplitting
- Es gilt das gesprochene Wort -
Ich muss zugeben, als ich den Titel der Aktuellen Stunde der AfD-Fraktion gelesen habe, war ich etwas überrascht. Ehegattensplitting. Ja, dazu gab es in der Schwarz-Roten Koalition auf Bundesebene gerade Diskussionen, aber genau dort ist es auch verortet – auf Bundesebene. Spannend, dazu hier jetzt eine landespolitische Runde zu machen. Sind Ihnen die Landesthemen für dieses Plenum ausgegangen?
Ich vermute leider, dass es Ihnen hier überhaupt nicht darum geht, irgendeinen landespolitischen Beitrag zu leisten. Es geht Ihnen doch vielmehr darum, gegen die Selbstbestimmung von Frauen zu hetzen, Ihr Hassthema, die Gleichstellung, anzugreifen und damit ganz plumpen Antifeminismus zu betreiben.
Aber gut, beschäftigen wir uns mal inhaltlich mit dem Ehegattensplitting. Die SPD hat hier auf Bundesebene einen sehr richtigen Vorstoß gewagt. Nämlich die Forderung nach einer Reform des Ehegattensplittings. Das Ehegattensplitting wurde 1958 eingeführt und kommt damit aus einer Zeit, in der es durchaus sinnvoll war, Frauen durch eine Ehe finanziell abzusichern. Heutzutage hat sich aber unsere gesellschaftliche Realität längst weiterentwickelt. Und damit ist das Ehegattensplitting nur noch eines: Und zwar überholt!
Das Ehegattensplitting bevorzugt Allein-Verdiener Ehen. Das heißt in der Entscheidung, wer von zwei Ehepartner*innen wie viel arbeiten geht, kommt oft die Frage auf: lohnt sich das überhaupt mit einem zweiten, kleineren Einkommen? Oder geht davon sowieso ein Großteil wieder durch die Steuern verloren? Das setzt genau die falschen Anreize. Nämlich den Anreiz, für Zweitverdienende in Gutverdiener-Ehen dann gar nicht oder nur sehr wenig zu arbeiten. Leidtragende sind dabei in den allermeisten Fällen: die Frauen. Sie haben nämlich keine echte Wahlfreiheit, sondern sind in ökonomischen Zwängen gefangen.
Und genau diese Wahlfreiheit für Frauen ist uns als Grüne Fraktion besonders wichtig. Wir wollen nicht Ehen stärken, sondern Familien!
Mit dieser Meinung stehen wir auch nicht furchtbar alleine da. Laut dem Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung reduziert die Abschaffung des Ehegattensplittings die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern auf dem Arbeitsmarkt. Auch der Sachverständigenrat für Wirtschaft, der die Bundesregierung berät, rät zu einer Reform des Ehegattensplittings. Und sogar der IWF rät zur Abschaffung. Hier wird das Ehegattensplitting als einer der Gründe aufgeführt, warum in Deutschland 2,3 Millionen weniger Frauen als Männer erwerbstätig sind. Der Anreiz wird noch dadurch verstärkt, dass nicht arbeitende Ehefrauen über den Partner in der Krankenversicherung kostenlos mitversichert werden können. Damit stecken Frauen häufig in steuerbegünstigten Minijobs fest. Das führt dann später häufig in die Altersarmut.
Vor dem Hintergrund, was Sie uns hier alles vorgeworfen haben, können Sie diese Kritik also genauso an Wissenschaftsinstitute, Wirtschaftsweisen, und IWF richten – alles nicht unbedingt die Speerspitze von linker Politik. Und trotzdem sind diese sich hier einig, was den Reformbedarf angeht.
Und wer jetzt sagt, das Ehegattensplitting abzuschaffen, sei rechtlich schwierig, den möchte ich gern an das Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2013 verweisen zur steuerlichen Ungleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften. Hier wird nämlich genau das gesagt, dass der Ausschluss von eingetragenen Lebenspartnerschaften vom Ehegattensplitting verfassungswidrig ist. Ob die Lösung aber ist, das Ehegattensplitting auch auf eingetragene Lebenspartnerschaften auszuweiten oder es für alle abzuschaffen, wurde dabei offengelassen.
Aber um all diese Inhalte geht es Ihnen als AfD-Fraktion doch auch eigentlich überhaupt nicht. Es geht Ihnen nur darum, Ihr veraltetes Familienbild, Ihr veraltetes Rollenmodell zu verbreiten. Gleichstellung ist Ihnen ein Fremdwort. Frauen sollen Ihrer Meinung nach an den Herd, sollen sich um Haus und Hof kümmern.
Das ist ein Rollenbild von vorgestern, mit dem Sie hier versuchen, rechten Kulturkampf zu fahren. Aber da machen wir nicht mit! Wir setzen uns ein für selbstbestimmte Entscheidungen von Frauen, für Wahlmöglichkeiten und für den Feminismus!