Pascal Mennen: Rede zur AfD-Forderung nach einem Genderverbot an Hochschulen, Schulen und Verwaltungseinrichtungen
TOP 21: Nein zur Gendersprache an Hochschulen, Schulen und Verwaltungseinrichtungen (Antr. AfD)
- Es gilt das gesprochene Wort -
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleg*innen,
es widerstrebt mir, hier heute zu stehen und diesem Antrag drei Minuten mehr Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Ich verstehe Ihren taktischen Impuls, kurz vor den Europawahlen über TikTok noch ein paar Klicks abzugreifen und sich entspannt ins Fahrwasser der Kolleg*innen aus Bayern zu legen.
Dass ich als überzeugter Vertreter der doch angeblich größten, deutschen Verbotspartei gegen einen Verbotsantrag sprechen darf und stattdessen die freie Entscheidung der Sprache fordere, freut und belustigt mich hingegen irgendwie – vor allem, weil Sie auf Ihren Plakaten „Gegen Sprechverbote“ schreiben.
Als studierter Germanist und Deutschlehrer kann ich sagen: Sprache ist mehr als Grammatik, Sprache schafft, gestaltet und verändert Realität. Und Sprache ist kein Selbstzweck, sie dient einem Zweck und sie hat direkte Konsequenzen. Eine Sprache die ausschließt, die ein Geschlecht über ein anderes stellt und alles, was außerhalb dieses Systems steht, gänzlich ignoriert, diese Sprache bietet den Nährboden für Ignoranz, Hass und Hetze. Das belegen ja auch zahlreiche Studien, aber gut, das passt nicht zu Ihrer Ideologie.
In einer dieser Studien habe ich gelesen: Gendern sei Ausdruck eines gesunden, eines selbstbewussten Bildes von Männlichkeit. Es drückt selbstverständlichen Respekt aus. Gendern abzulehnen wäre im Umkehrschluss ein ängstlicher Umgang mit Männlichkeit. Wer hat das nötig? Eine Partei, die bundesweit einen traurigen Frauenanteil von 18 Prozent hat, die hier mit 17 Leuten sitzt, davon 3 Frauen?
Ich persönlich halte es für wichtig und richtig zu gendern. Ich halte es für angebracht, dass der Staat und seine Institutionen alle Bürger*innen vertritt und diese entsprechend anspricht. Nur weil sich die AfD-Fraktion mit dem generischen Maskulinum anscheinend ausreichend angesprochen fühlt, heißt das nicht, dass das auch der Rest der Menschen in diesem Bundesland so sieht. Wenn ich Wörter wie Lehrkräfte oder Kolleg*innen verwende, tut das hoffentlich nicht weh. Dass Sie es anders machen, ist mir klar, aber wenn Sie hier mit „Werte Damen, Werte Herren“ begrüßen, spricht mich das persönlich eben auch nicht an.
Und gleichzeitig finde ich den Weg dieser Landesregierung richtig, niemanden in Schule, Hochschule oder Verwaltung zu zwingen zu gendern, aber eben auch nichts zu verbieten. Und mit diesem Weg gehen wir in Niedersachsen nicht nur mit den allermeisten Bundesländern, sondern halten uns auch an die Vorgaben des Deutschen Rechtschreibrates.
Ihre Obsession mit diesem Thema ist also wirklich bemerkenswert und würde mich belustigen, würde es nicht so nerven. Der “Links-Woke-Wahnsinn” vor dem Sie so alarmiert warnen und der in Ihrer Wahrnehmung aktuell alles und jeden durchdringt, dieser “Links-Woke-Wahnsinn” wird von niemandem so oft auf die Tagesordnung des Landtags gesetzt, wie von Ihnen selbst. Man kann es zählen. Hier beschäftigt sich eigentlich nur die AfD permanent mit dem Gendern. Ich denke, wir könnten da alle mal eine Pause vertragen.