Pascal Mennen: Rede (Akt. Stunde GRÜNE) „Gute Bildung fängt ganz früh an – IQB-Studie legt Defizite bei Lesen, Schreiben, Rechnen offen – jetzt Trendwende einleiten, soziales Lernen und Basiskompetenzen zusammen fördern“

TOP 2b: „Gute Bildung fängt ganz früh an – IQB-Studie legt Defizite bei Lesen, Schreiben, Rechnen offen – jetzt Trendwende einleiten, soziales Lernen und Basiskompetenzen zusammen fördern“ (Aktuelle Stunde Grüne)

- Es gilt gesprochene Wort -

Sehr geehrte Frau Präsidentin, Sehr geehrte Kolleg*innen,

in meiner ersten Rede hätte ich gern über eine besonders gute Idee oder einen großen politischen Erfolg im Bildungssystem gesprochen. Stattdessen haben uns in den letzten Tagen die hochaktuellen Zahlen zum Kompetenzerwerb von Kindern im Grundschulalter und das schlechte Abschneiden niedersächsischer Schüler*innen beschäftigt. Uns ist klar, da müssen wir schnellstmöglich ran.

Das Institut für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) hat jüngst die Ergebnisse des Bildungstrend 2021 vorgestellt. Demnach verlässt ein deutlich zu großer Teil die Grundschulen in Niedersachsen ohne ausreichende Kompetenzen im Lesen, Schreiben und Rechen. 21,3 Prozent der Kinder verfehlen den Mindeststandard beim Lesen. Sogar 36,7 Prozent der Kinder verfehlen den Mindeststandard in Orthografie und 21,7 Prozent in Mathematik. Das ist in allen Bereichen im Mittel eine Verschlechterung zu 2016 um ca. 8%-Punkte und ganz klar – deutlich zu viel!

Sehr geehrte Kolleg*innen,

soweit haben wir alle schon in den Medien vom IQB-Bildungstrend gehört, aber es lohnt, einen genaueren Blick auf die Details zu werfen und auf die Ursachen, die zu diesen Ergebnissen führen.

Denn hier spielen nicht nur die Corona-Pandemie und Leistungsdefizite durch geschlossene Schulen eine Rolle. Entscheidend war bereits vorher, dass wir unsere Schulen zu wenig auf die Diversität und den damit verbundenen Chancen, aber auch Herausforderungen unserer Schüler*innenschaft ausgerichtet haben.

So sind die Ergebnisse von Kindern mit Zuwanderungshintergrund und aus sozioökonomisch benachteiligten Familien gegenüber den Ergebnissen von Kindern aus privilegierteren Familien im Vergleich zu 2016 nochmals schlechter geworden.

Außerdem hat sich das Corona-Homeschooling besonders bei Kindern der 1. Zuwanderungsgeneration fatal auf die Entwicklung von Deutschkompetenzen ausgewirkt, wobei Kinder aus sozioökonomisch benachteiligten Familien hier nochmals deutlich schlechter abgeschnitten haben.

Auch Gender-Aspekte spielen eine Rolle. Es darf doch nicht sein, dass die Ängstlichkeit vor dem Fach Mathematik bei Mädchen 5% höher ist als bei Jungen, obwohl Mädchen häufig bessere Leistungen erbringen.

Sehr geehrte Kolleg*innen,

hiermit gebe ich nur einen Teil der Problembeschreibung wieder. Er macht aber deutlich, dass wir bessere Antworten auf die unterschiedlichen Voraussetzungen der Kinder in unseren Schulen finden müssen. Ich ahne, dass nun auch einige Fraktionen hier auf die Idee kommen werden, lediglich die Stoffmenge zu erhöhen. Aber das kann es nicht sein, liebe Kolleg*innen, das ist deutlich zu kurz gedacht und das wird dem Problem auch nicht gerecht. Eine intersektionale Betrachtung der verstärkenden Faktoren mahnt die ständige wissenschaftliche Kommission der KMK (SWK) genauso an, wie das Zusammendenken von sozialem Lernen und Wissenserwerb und genau da werden wir ansetzen.

Es gilt, endlich mehr Gerechtigkeit in Schule zu bringen, ungleiche Startchancen konsequent auszugleichen und vor allem diejenigen Kinder zu fördern, die mit Benachteiligungen in ihre Schullaufbahn starten müssen.

Dafür sehe ich gute Ansätze aus der letzten Legislatur und großes Potenzial im rot-grünen Koalitionsvertrag.

So wollen wir die Stundentafel heraufsetzen, aber gleichzeitig curriculare Vorgaben verschlanken. Schulen als Lern- und Lebensorte wollen wir mehr Freiräume geben, um individuell auf die eigene Schulgemeinschaft und die Herausforderungen reagieren zu können. Schulen mit einem besonders herausfordernden Umfeld wollen wir mehr Mittel an die Hand geben.

Evaluation, Diagnostik, Beratung und Fortbildungen für die Lehrkräfte sind dabei weitere Gelingensfaktoren für eine gute Qualitätsentwicklung. Wir beschreiben Schule als Ort der individuellen Förderung, werden dafür die Multiprofessionalität ausbauen, messen der sprachlichen Bildung einen besonders hohen Stellenwert bei und erfüllen damit viele Forderungen der SWK. Anfangen wollen wir damit auch schon in der Kita und auch das ist genau der richtige Weg.

Sehr geehrte Kolleg*innen,

das sind die guten Ideen über die ich in meinen nächsten Reden sprechen werde und das sind zukünftig die Erfolge, die dazu führen werden, dass unsere Grundschüler*innen besser gerüstet sein werden, die Schule erfolgreich zu absolvieren und gut gemeinsam zu lernen!

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