Nadja Weippert: Rede zu Kommunalfinanzen (Anfrage CDU)
Rede TOP 28: Kommunalfinanzen am Limit: Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung gegen den „drohenden finanziellen Ruin“?“ (Anfrage CDU)
- Es gilt das gesprochene Wort -
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleg*innen,
nicht nur im Angesicht der Entwicklungen der letzten zwei Tage ist es bemerkenswert, dass ausgerechnet die CDU eine solche Fragestunde hier und heute ansetzt.
Schließlich hat die Union in der letzten Wahlperiode den Finanzminister gestellt.
Und auch der Fraktionsvorsitzende sowie der jetzige Innenpolitische Sprecher sind nicht erst seit gestern Mitglied in diesem hohen Haus.
Nein.
Sie, liebe CDU, wissen also ziemlich genau, wie der Kommunale Finanzausgleich gestaltet ist und wo die Grenzen des Spielraums beim Landeshaushalt liegen.
Sie wissen auch, dass jeder dritte Euro des Landesetats bereits an die Kommunen geht.
Und Sie wissen auch, dass viele der kommunalen Aufgaben, oftmals von Bundesseite nicht auskömmlich finanziert werden.
Unbestritten: Die Kommunen sind mit den Herausforderungen, die an sie gestellt werden, sehr belastet.
Uns allen ist klar, dass unsere niedersächsischen Kommunen nicht nur das Rückgrat, sondern vor allem das Herz unseres Landes sind.
Übrigens auch unserer Demokratie. Denn Demokratie beginnt vor Ort.
Der richtige Titel ihrer Fragestunde hätte also lauten müssen:
„Was kann die Opposition dazu beitragen, unsere niedersächsischen Kommunen aktiv bei der Bewältigung der herausfordernden Aufgaben zu unterstützen?“
Ich prophezeie an dieser Stelle, dass wir ziemlich bald erleben werden, dass Sie, liebe CDU Ihre Haltung zur Schuldenbremse, die Sie seit Jahren wie eine Monstranz vor sich hertragen, über Bord werfen werden.
Nämlich genau in dem Moment in dem Sie wieder an einer Regierung beteiligt sind.
Und warum werden Sie das tun, liebe Union?
Weil Sie sehr genau wissen, dass Sie selbst auch keine weiteren finanziellen Spielräume und Entlastungen herzaubern können, wenn Sie am Ruder sind.
Also bitte sprengen Sie Ihre eigenen Ketten, die bisher einer Reform der Schuldenregel im Weg stehen und entlassen Sie dieses Land endlich aus Ihrer Geiselhaft, liebe CDU!
Denn wie der Vorsitzende des Institutes der Deutschen Wirtschaft Michael Hüther vor ein paar Tagen ausgeführt hat: „Mit einer Sparschweinmentalität kommen wir nicht weiter.“
Der Sanierungsstau und weitere dringend notwendige teure Investitionen werden mit dem einfachen Blick auf die nackte „schwarze Null“ nicht kleiner, sondern nur teurer.
An dieser Stelle möchte ich noch erwähnen, dass auch Teile der Kommunalen Spitzenverbände die Reform der Schuldenregel befürworten.
Wie viele andere Abgeordnete in diesem hohen Haus übernehme auch ich ehrenamtlich Verantwortung als gewählte Kommunalpolitikerin in drei Kommunalparlamenten.
Als Bürgermeisterin der 15.000 Einwohner*innen Gemeinde Tostedt und stv. Landrätin des Landkreises Harburg appelliere ich zum wiederholten Mal an Sie, liebe CDU:
Übernehmen Sie staatspolitische Verantwortung aus der Opposition heraus – sowohl im Bund als auch hier im Land Niedersachsen, so wie meine Partei Bündnis 90/ Die Grünen das in der letzten Wahlperiode sowohl in Bezug auf die Corona-Pandemie als auch bezüglich des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine getan hat!
Schließlich braucht es zur Reform der Schuldenregel keine einfache, sondern eine zwei Drittel-Mehrheit,
Unsere Kommunen brauchen jetzt die Unterstützung und können auf Wahltermine und parteipolitisches Taktieren keine Rücksicht nehmen!
Liebe CDU-Kolleg*innen, Sie können dabei übrigens von Ihren Parteikolleg*innen auf der kommunalen Ebene lernen.
Bekanntermaßen gibt es in den meisten Kommunen keine eindeutigen parteipolitischen Mehrheiten.
Stattdessen arbeiten ehrenamtliche Kommunalpolitiker*innen ausschließlich an der Sache und für die Menschen!
Sie tun dies meist mit großer Demut.
Diese Demut vermisse ich bei einer Überschrift wie dieser.
Denn es geht hier und heute nicht um Parteiprogrammatik, sondern um das Wohl der Menschen in unserem Land!
Ego hat hier und jetzt keinen Platz!
Und deshalb, liebe CDU, stellen Sie das eigene Ego und die Parteipolitik hinten an und handeln Sie endlich der Situation angemessen!
Schließen möchte ich heute mit einem sehr passenden Zitat von John F. Kennedy:
„Fragt nicht, was euer Land für euch tun kann – fragt, was ihr für euer Land tun könnt.“
Vielen Dank.