Nadja Weippert: Rede zu Bevölkerungs- und Katastrophenschutz in Niedersachsen

TOP 14: „Bevölkerungs- und Katastrophenschutz in Niedersachsen zukunftsfähig gestalten – Behörden und Hilfsorganisationen auf hybride Bedrohungslagen kontinuierlich vorbereiten“ (Antrag SPD/Grüne)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,

Deutschland im Juli 2021:

Heftige Regenfälle führen binnen weniger Stunden zu einem plötzlichen und verheerenden Hochwasser im Ahrtal und den umliegenden Gebieten in Rheinland-Pfalz und Nordrein-Westfalen.

Wir alle erinnern uns an diese schrecklichen Bilder:

unbändige Wassermassen, wegschwimmende Häuser, zerstörte Brücken und Straßen und vor allem ertrinkende Menschen und Tiere.

Zahlreiche Ortschaften waren damals nur noch aus der Luft zu erreichen.
Rettungskräfte aus der ganzen Bundesrepublik waren überwältigt von der Situation und kämpften unermüdlich, um Menschen zu evakuieren und Leben zu retten.
Die Folgen dieser Katastrophe sind auch heute – knapp 1,5 Jahre später – noch immer sicht- und spürbar.

Die Menschen in der Region sind immer noch dabei, sich von den Auswirkungen des Hochwassers zu erholen und mit den schweren Verlusten von Angehörigen, Freunden und Eigentum umzugehen.
Die Flut im Ahrtal wird uns allen als eine der bisher schlimmsten Naturkatastrophen in der Geschichte der Bundesrepublik in Erinnerung bleiben.

Ich betone BISHER!

Eins ist klar: Das ist erst der Anfang!

Diese Katastrophe führte uns schmerzlich vor Augen, dass die Klimakrise nicht nur weit weg in Kalifornien oder Australien oder stattfindet, sondern auch hier, direkt vor unserer Haustür.
Denn laut dem Deutschen Wetterdienst nehmen Starkregenereignisse in den letzten 20 Jahren stetig zu. Der Meeresspiegel steigt und wir haben in Niedersachsen eine Deichlinie von über 1.100 km die wir bei einem Hochwasser verteidigen müssen.

Von den Gefahren durch Wald- und Moorbrände möchte ich hier gar nicht erst anfangen.

Die Gefahrenlage ist also sehr vielfältig.
Auch uns in Niedersachsen kann zu jeder Zeit eine Katastrophe ereilen, mit der wir nicht gerechnet haben.

Cyberangriffe, flächendeckende Stromausfälle und ja, selbst ein Zivilschutzfall ist seit dem Beginn des Angriffskriegs von Russland auf die Ukraine vor einem Jahr wieder denkbar.
Wir müssen unseren Katastrophenschutz schnellstens wieder zukunftsfest aufstellen und uns auf hybride Bedrohungslagen vorbereiten.

Dafür möchte ich zwei Punkte aus unserem Antrag speziell hervorheben.
Die Ausbildung von Einsatzkräften ist die tragende Säule für ein resilientes Niedersachsen. Wir brauchen daher dringend genügend Lehrgänge, unter anderem für die Kameradinnen und Kameraden der Freiwilligen Feuerwehren, die ehrenamtlich in Einsätzen oftmals auch ihr eigenes Leben für andere aufs Spiel setzen. Dafür an dieser Stelle meinen größten Respekt und herzlichsten Dank!

Wie wir heute schon gehört haben, sind während der Corona-Pandemie leider viele Lehrgänge ausgefallen. Es ist ein Stau entstanden, den man nur schwer wieder auflösen kann.
Sicher gibt es jetzt die Möglichkeiten mehr Lehrkräfte einzustellen und die Unterkünfte auszubauen.
Das sind auch sinnvolle und notwendige Maßnahmen. Aber vor allem letzteres würde wahrscheinlich Jahre dauern.

Diese Zeit haben wir aber einfach nicht mehr, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die Katastrophen werden unangekündigt kommen.
Deswegen streben wir kurzfristige Lösungen an.

Das machen wir aber in einem gemeinsamen Prozess, indem wir alle Beteiligten, unter anderem den Landesfeuerwehrband und die Kommunen, mitnehmen und nach der besten Möglichkeit suchen.

Ein weiterer Punkt ist das engere Zusammenrücken in Europa. Wir wollen uns aktiv an der Beschaffung im Rahmen des RescEU-Programms von Löschflugzeugen beteiligen. Aus den vergangenen Katastrophen haben wir gelernt, dass wir diese nicht alleine aus Niedersachsen oder Deutschland heraus bekämpfen können.

Wir brauchen europäische Solidarität und Unterstützung!
Das verheerende Erdbeben in der Türkei und Syrien hat uns genau das gerade wieder deutlich gezeigt!
Wir unterstützen aus Niedersachsen aktuell die Erdbebenregionen unter anderem mit Hilfsgütern. Damit helfen wir unmittelbar den vielen betroffenen Menschen vor Ort.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Katastrophenschutz ist kein „nice to have“, sondern eine Kernaufgabe unseres Handelns.
Im Fall einer Katastrophe kann uns Geld alleine auch nicht retten. Das können nur Menschen.
Lassen Sie uns also in die Zukunft schauen und den Katastrophenschutz in Niedersachsen auf ein breites, festes Fundament stellen.
Jedes Engagement und jeder Cent sind hier bestens angelegt, denn wir schützen damit nicht nur Güter im Milliardenbereich sondern vor allem Menschenleben. Dieser Antrag ebnet den Weg dafür.
Ich bitte Sie daher um Ihre Unterstützung.

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