Miriam Staudte: Rede zum EU-Mercosur-Handelsabkommen

TOP 14: EU-Mercosur-Handelsabkommen stoppen: Regenwald, Klima und europäische Landwirtschaft schützen (Antrag Grüne)

- Es gilt das gesprochene Wort - 

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

liebe Kolleginnen und Kollegen!

In der letzten Woche hat mir ein Teilnehmer bei einer Diskussionsrunde des Landvolks in Northeim von seinem Besuch bei einem Agrar-Betrieb in Südamerika berichtet. Er habe dort vorgeschlagen doch einmal die Ländereien zu befahren. Antwort des Farmers: „Das dauert zu lange. Wir nehmen den Hubschrauber.“ Und dann wurde das Scheunentor geöffnet und ein Hubschrauber kam zum Vorschein.

Was denken Sie, liebe Abgeordnete von CDU und SPD wird passieren, wenn unsere niedersächsische Landwirtschaft mit Betrieben dieser Größenordnung noch ungeschützter konkurrieren soll? Rindfleischproduzenten, die ihre Tiere inzwischen nicht mehr unbedingt in den Weiten der Pampa halten, sondern in so genannten Feedlots, also Freiluftpferchen, in denen bis zu 20.000 Rinder gehalten werden, und die intensivst mit Soja gefüttert werden? Kennzeichnungspflicht für diese Intensiv-Mast in Feedlots - selbstverständlich Fehlanzeige. Da können Sie hier Appelle für regionale Vermarktung verabschieden wie Sie wollen. Die Ratifizierung des Mercosur-Abkommens wäre ein Dolchstoß in den Rücken der hiesigen Landwirtschaft. Dass Sie unseren Antrag „Mercosur-Abkommen stoppen“ ablehnen und stattdessen einen Antrag verabschieden, der in der Überschrift „Wohlstand durch Freihandel“ verspricht , ist ein Schlag ins Gesicht all derer, von denen Sie hier in Deutschland die notwendigen höheren Umwelt- und Tierwohlstandards verlangen. 

Niedersachsen als Agrarland Nummer 1 ist in besonderer Weise von dem EU-Mercosur-Handelsabkommen bedroht. Gerade die Weidehaltung, die den Erhalt des klimaschützenden Grünlands sichert, würde durch Fleisch-, Milchpulver- und Käseimporte, die unter solchen Bedingungen produziert werden, unter Druck gesetzt werden.

Bei Ihrem Abstimmungsverhalten heute wird deutlich: Sie sind eben nicht die Parteien der landwirtschaftlichen Familienbetriebe, sondern wenn es hart auf hart kommt, Sie sind die Parteien der Industriekonzerne, die unregulierten, weltweiten Kapitalismus fordern.  

Und es geht nicht nur um Rindfleisch, die Zuckerrübenbauern dürften sich auch nicht freuen: Das EU-Mercosur-Handelsabkommen zwischen der EU und Brasilien, Argentinien, Uruguay sowie Paraguay soll die Quote derzeit noch exportbeschränkter Güter wie Rindfleisch, Geflügel, aber auch Zucker und Ethanol erhöhen und würde damit die Zerstörung des Regenwalds weiter befeuern. Zunächst 99 000 Tonnen Schlachtkörperäquivalent Rindfleisch, 180 000 Tonnen Geflügel und Zucker, 450 000 Tonnen Ethanol sowie weitere landwirtschaftliche Produkte wie Soja sollen in Zukunft zollfrei in die EU eingeführt werden und setzen die europäischen Landwirtinnen und Landwirte durch geringere Sozial- und Umweltstandards weiter unter Druck.

Der Pestizideinsatz in Brasilien ist aufgrund der pestizidresistenten Gen-Züchtungen insbesondere bei Soja achtmal so hoch wie in der EU. Mercosur sieht vor, dass Produktionsstandards gegenseitig anerkannt werden. Das kann doch nicht ihr Ernst sein!

Sie müssen sich klar zum europäischen Vorsorgeprinzip und dem strengen Zulassungsverfahren für gentechnisch veränderte Organismen (GVO) zu bekennen.

Thema Klimakrise:

Die Abholzung des Regenwalds erreichte unter dem Präsidenten Jair Bolsonaro in Brasilien einen Höchststand. Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass ein Herr Bolsonaro sich an Bedingungen, die auf irgendeinem Stück Papier versprochen werden, halten wird? Sojaimporte aus Südamerika müssen aus Klimaschutzgründen verteuert, nicht verbilligt werden.

Ich zitiere selten Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbands. Aber hier passt es. Er sagte:

„Ein solches Mercosur-Abkommen wäre ein massiver Schlag gegen eine nachhaltige und bäuerlich unternehmerische Landwirtschaft in Europa, sowohl in der Tierhaltung als auch im Ackerbau.“

Und weiter: „Dieses Handelsabkommen ist Doppelmoral pur.“

Heute zeigt sich, ob Sie sich aktiv an dieser fatalen Doppelmoral beteiligen.

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