Miriam Staudte: Rede zu "Keine schmutzigen Deals bei Sustainable-Finance-Regeln – Atomkraft und fossiles Gas von EU-Nachhaltigkeitslabel ausschließen" (TOP 34)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir in Deutschland, wir in Niedersachsen sind uns einig in der Ablehnung der Atomkraft. Nukleare Katastrophen haben uns alle gelehrt, dass die Risiken nicht hinnehmbar sind. Die Endlagersuche beschäftigt uns ununterbrochen. Heute beginnt wieder einmal eine dreitägige Teilgebietskonferenz, an der hunderte Menschen teilnehmen werden.

Das Ende der Laufzeit der Atomkraftwerke ist in Deutschland zwar absehbar. Doch was passiert im Rest von Europa? Energiepolitik fällt in die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten. Die EU-Strategie sieht keine Verbote für fossile Geschäftsmodelle vor. Jedes Land kann machen was es will. Aber wie wird sich Deutschland verhalten, wenn es um die ganz großen gemeinsamen Weichenstellungen in der Energiepolitik in der EU geht? Durch ein politisches Gefeilsche der EU-Mitgliedsstaaten droht derzeit ein Scheunentor für die Atomkraft geöffnet zu werden.

Die Europäische Union verfolgt eigentlich ein hehres Ziel und will weltweiter Spitzenreiter bei nachhaltigen Investitionen werden. Klimafreundliche und umweltverträgliche Finanzprodukte sollen künftig mit einer Art Nachhaltigkeits-Label ausgezeichnet werden. Doch nun gibt es Lobbyisten, die sowohl Atomkraft als auch Erdgasnutzung als nachhaltig labeln wollen. Und es droht ein schmutziger Kuhhandel unter Beteiligung der Großen Koalition im Bund, der sowohl der Atomkraft als auch fossilem Gas einen vermeintlich grünen Anstrich gibt.

Die Idee der so genannten Sustainable-Finance-Regeln ist erstmal sehr begrüßenswert: Transformation durch Transparenz. Große und börsenorientierte Unternehmen müssen künftig offenlegen, inwiefern ihre Tätigkeiten nachhaltig sind.

Und es gibt hohe Erwartungen an die Sustainable-Finance-Strategie, denn sie legen fest, was sich lohnt und was nicht.

„Grünen“ Technologien winken zusätzliche Fördermöglichkeiten im Rahmen des Europäischen Green Deals.

Immer mehr Klein- und Großanleger*innen wollen nachhaltig handeln und werden ihre Investitionen zukünftig an dem EU-Label ausrichten. Die neue Klassifizierung legt Zukunftsrisiken offen: Geschäftsfelder, die einseitig von fossilen Energien abhängig sind, haben angesichts des immer drängenderen Klimaschutzes absehbar keine rosigen Zukunftsaussichten. 

Die zentrale Frage ist also: Welche Wirtschaftsaktivitäten werden von der EU als nachhaltig eingestuft?

Ursprünglich sollten die Nachhaltigkeitskriterien klar nach wissenschaftlichen Verfahren definiert werden: Bei der Energieerzeugung sollten nur Technologien als nachhaltig gelten, die über den gesamten Lebenszyklus weniger als 100 Gramm CO2 pro Kilowattstunden emittieren. Nach dem „Do-No-Harm“-Prinzip (richte keinen Schaden an), sind zudem negative Umweltauswirkungen auszuschließen.

Nachdem die EU-Kommission ihre Pläne vorgestellt hatte, brach ein wahrer Lobby-Sturm los. Einige EU-Staaten, darunter Frankreich, wollen die Atomenergie als nachhaltige Technologie deklarieren. Andere Staaten, darunter die Bundesrepublik im Schulterschluss mit der heimischen Förderindustrie, wollen fossilem Erdgas als Brückentechnologie ein grünes Mäntelchen verschaffen.

Und da fragen wir uns natürlich wie positioniert sich die Landesregierung im Erdgasland Niedersachsen? Wird ein Kuhhandel Erdgas für Atomkraft unterstützt? Oder hat Niedersachsen gelernt durch die Atomlasten, die es zu schultern hat, und positioniert sich eindeutig gegen eine Förderung der Atomkraft in Europa?

Im April hat die EU-Kommission mit mehrmonatiger Verzögerung erste Regeln für die Umsetzung der Sustainable-Finance-Strategie vorgelegt – hat die Bereiche Atomenergie und Erdgas jedoch vorerst ausgeklammert.

Derzeit laufen intensivierte Abstimmungen mit den Mitgliedsstaaten. Die EU-Kommission hat nun neue Studien in Auftrag gegeben, die bis Juli vorliegen sollen. Ende des Jahres 2021 will die Kommission dann einen neuen Vorschlag vorlegen.

Mit diesem Antrag fordern wir: Kein Greenwashing beim EU-Nachhaltigkeitslabel.

Atomenergie ist nicht nachhaltig. Denn der strahlende Atommüll stellt über hunderttausende Jahre eine Gefährdung für Umwelt und Gesundheit dar. Fukushima und Tschernobyl haben uns gezeigt, dass menschliche Fehler bei Hochrisikotechnologien gigantische Katastrophen auslösen können. Das ist unvereinbar mit der Anforderung, keine Schäden zu verursachen.

Fossiles Erdgas ist nicht nachhaltig. Denn wo Erdgas verbrannt wird, wird CO2 freigesetzt.

Auch Wasserstoff, der aus Atomkraft oder fossilen Rohstoffen hergestellt wird, ist nicht nachhaltig. Aus den eben genannten Gründen.

Was nicht nachhaltig ist, darf auch nicht als nachhaltig gelabelt werden. Unterstützen Sie uns bei unserer Forderung:

Keine schmutzigen Deals bei den Sustainable-Finance-Regeln! Denn die Zukunft gehört den Erneuerbaren und nur den Erneuerbaren.

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