Michael Lühmann: Rede zu Anfrage der AfD zu Islamismus
Rede TOP 28 a: „Muslim interaktiv“ auf dem Vormarsch: Was unternimmt die Landesregierung, um eine islamische Radikalisierung in Deutschland und Niedersachsen zu verhindern? (Fragestunde AfD)
- Es gilt das gesprochene Wort -
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleg:innen,
wir machen heute Vormittag an der Stelle weiter, an der wir gestern Abend aufgehört haben. Erneut und immer wieder thematisiert die AfD den Extremismus der anderen, während sie den Extremismus in den eigenen Reihen hier trotz massiver Vorwürfe mit einem Blumenstrauß an falschen Fährten weit von sich weisen.
Und verstehen Sie mich nicht falsch, wir können die Rufe nach einem Kalifatstaat nicht ignorieren und das tut meines Erachtens auch niemand, da braucht es schon gar keinen rechtsextremen Verdachtsfall, uns als Demokrat:innen daran zu erinnern, dass wir Demokratie und Menschenwürde gegen alle Anfeindungen verteidigen.
Aber schauen wir doch in den Text Ihrer Anfrage. Wer mit stadtbekannten Neonazis und Identitären nahen Kadern in Braunschweig aufmarschiert, wie MdL ihrer Fraktion, der sollte sich mal aller Bedeutungsebenen des schönen Satzes, wenn man mit dem Finger auf andere zeigt, zeigt mit drei Fingern auf sich selbst, widmen. Ich habe das hier ja schon einmal vorgetragen und tue es erneut: der islamistische Extremismus und der Rechtsextremismus sind im Hinblick auf ihre Gegnerschaft zur Menschenwürde vielfach Brüder im Geiste, das hat Ihnen das OVG in Münster ja gerade bestätigt.
Und welche Gefahr davon ausgehe kann, das hat ja die Recherche des NDR grade erst gezeigt. Tötungsphantasien, die im Umfeld ihrer Fraktion geäußert werden, waren sehr oft eine Vorstufe zu rechtsterroristischen Attentaten – Christchurch, Utoya, Halle, Walter Lübcke, vor dem Attentat standen ähnliche Gewaltphantasien wie jene, die wohl auch in Ihrem Mitarbeiterstab kursieren. Sich hier am Mittwoch ins Plenum zu stellen und Spitzfindigkeiten vorzutragen, statt sich zu solch massiven Vorwürfen zu äußern, Herr Wichmann, das lassen wir ihnen ebenso wenig durchgehen, wie den durchgängigen Versuch hier, mit solchen Fragestunden von sich selbst abzulenken.
Und denken Sie doch mal konsequent zu Ende, was Sie hier zu Papier gebracht haben. Auslöschung kultureller Identität, der Kampf um die Straße, die Nutzung sozialer Medien, um junge Menschen zu radikalisieren. Da zeigen Sie ja nicht nur mit drei Fingern auf sich selbst, sondern mit allen, die Sie zur Verfügung haben. Und vorneweg ein Spitzenkandidat zur Europawahl, bei dem man auch wieder nicht so genau weiß, aus welchem autoritären System die Stichworte kommen und die Reichweite in sozialen Medien gestützt wird.
Natürlich müssen wir ernst nehmen, wenn Extremist:innen nahtlos an die 4-Säulen – Strategie der NPD andocken, die Menschenwürde, das Demokratie- und das Rechtstaatsprinzip angreifen. Und natürlich stellt sich dann immer die Frage eines Verbotes. Aber das gilt dann eben ausweislich des Urteils des OVG Münster und ausweislich des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum Ausschluss von der Parteienfinanzierung für die NPD-Nachfolgepartei Die Heimat auch für ihre Partei. Also ziemlich viele Finger, die in ihre eigene Richtung zeigen für eine Fragestunde, die die Landesregierung und das Land Niedersachsen gar nicht betreffen. Danke für diesen Beitrag.