Meta Janssen-Kucz: Rede zur Pflegepolitik in Niedersachsen (Aktuelle Stunde GRÜNE)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

die rot-schwarze Landesregierung ist angetreten, die Situation in der Pflege deutlich zu verbessern und für eine qualitativ hochwertige Versorgung in allen Bereichen der Pflege zu sorgen.

Doch Papier ist geduldig. Bei den Pflegekräften, Bewohner*innen von Altenpflegeeinrichtungen, in der ambulanten Pflege und bei den Patient*innen hat noch keiner etwas von Verbesserungen bemerkt.

Nein, im Gegenteil, die Lage wird täglich für alle angespannter. Die Pflege ist am Limit! Das war schon seit längerem absehbar, auch ohne Covid-19-Pandemie.

Wieso ist Arbeits- und Gesundheitsschutz für Pflegekräfte in Niedersachsen eigentlich keine Selbstverständlichkeit. Wieso ist Fürsorge für die Beschäftigten im Gesundheitswesen ein Fremdwort für die Groko?

Fakt ist, auf der politischen Bühne in Niedersachsen wird viel über Wertschätzung, mehr Anerkennung, bessere Entlohnung und Entlastung der Pflegefachkräfte geredet, aber bis heute gibt es keinen Plan um die angespannte kritische Lage zu verbessern.

Die Zeiten des weiteren Aussitzens und schöner Worte garniert mit Applaus sind vorbei, sie helfen nicht den Pflegekräften und auch den zu Pflegenden, vor allem nicht in der Covid-19 Pandemie. Jetzt muss in einem Kraftakt gehandelt werden! Sie alle, wir alle, haben eine Fürsorgepflicht den Beschäftigten im Gesundheitswesen gegenüber!

Schon jetzt werden die Krankenstände größer, schon jetzt muss Entlastung für das Personal im Gesundheitswesen her und keine weiteren Belastungen. Die aktuelle, sehr angespannte Lage werden die Pflegekräfte nicht mehr lange durchhalten. Noch weniger können sie noch mehr Mehrarbeit leisten.

Je mehr Pflegefachkräfte ausfallen, desto größer wird das Personalproblem.

Ich kann Ihnen nur sagen, jede und jeder, der oder die erneut die Arbeitsbedingungen im Bereich der Pflege und Betreuung verschärft, trägt die Verantwortung mit, wenn Pflegekräfte erkranken, arbeitsunfähig werden. Und auch an den Patient*innen und Bewohner*innen in Einrichtungen, die irgendwann nicht mehr ausreichend ambulant und stationär gepflegt und betreut werden können. Der Schaden an all diesen Menschen ist immens!

Es ist ein Hohn, als Sozialministerin zu behaupten, dass die 60-Wochenstunden Regelung zeitlich flexible Lösungen im Einklang mit dem Arbeitsschutzgesetz ermöglicht. Und auch der Hinweis darauf, dass es in den Betrieben der Zustimmung der Personalvertretung bedarf.

Ja, so macht man es sich einfach, einfach die Verantwortung für die desolate Versorgungslage auf die Einrichtungen und Einrichtungsleiter und Personalvertretungen abzuwälzen. Das können und werden wir nicht weiter zulassen.

Diese rot-schwarze Landesregierung hat die Covid-19 Atempause im Sommer regelrecht verschlafen! Und jetzt steht sie blank da! Den hohen Preis zahlen die Pflegekräfte, die Beschäftigten im Gesundheitswesen und die, die auf ihre Hilfe und Unterstützung angewiesen sind.

Statt den Arbeitsschutz de facto außer Kraft zu setzen, müssen jetzt die Arbeitsbedingungen radikal verbessert werden und zusätzliches Personal akquiriert und an den Start gebracht werden. Ansonsten droht die Gefahr, die Kontrolle über die Pandemie zu verlieren. Schon jetzt funktioniert ein Teil der Gesundheitsämter nicht mehr und auch damit verlieren die Einrichtungen die Rückendeckung für ihre Maßnahmen.

Wieso wurden die Pflegekräfte bisher nicht von einem Teil der administrativen Verwaltungsaufgaben entlastet? Das muss jetzt in einem Kraftakt geschehen!

Ebenso müssen Versorgungsdienstleistungen umgehend an Hilfskräfte delegiert werden. Dafür sollte diese Landesregierung einen zusätzlichen Stellenpool fürs Gesundheitswesen aufbauen. Die Student*innen, die bisher ihr Studium über Tätigkeiten in der Gastronomie, mitfinanziert haben, würden bereit stehen, um aktiv zu unterstützen.

Anstelle Millionen für die Rettung von Flughäfen und Reiseunternehmen bereit zu stellen, muss endlich ein Landes-Hilfsprogramm mit finanzierten Stellen für das gesamte Gesundheitswesen auf den Weg gebracht werden. Und anstelle möglicherweise eine Mehrwertsteuerreduzierung zu diskutieren, muss die steuerfreie Höchstverdienstgrenze für einen begrenzten Zeitraum angehoben werden.

Anrede,

man fragt sich auch, weshalb das Freiwilligenregister der Pflegekammer und der Ärztekammer noch nicht aktiviert wurde. Wo bleiben die Qualifizierungen und Nachschulungen? Und mit ihrer Erhöhung auf 60-Wochenstunden Arbeitszeit schrecken sie die Freiwilligen noch zusätzlich ab.

Dazu kommt, dass ausländischen Fachkräfte weiterhin jahrelang auf die Anerkennung ihrer Berufsabschlüsse warten, wo wir sie schon seit langem dringend brauchen. Aber wir versuchen im Ausland Fachkräfte abzuwerben, mit zweifelhaftem Erfolg!

Ebenso haben wir viele gut integrierte engagierte Migrant*innen, die aktuell eine Pflegeausbildung absolvieren oder im Gesundheits- und Pflegebereich tätig sind. Geben sie sich einen Ruck stoppen sie deren Abschiebung und sorgen sie für das notwendige Bleiberecht.

Sie sehen: es gibt Instrumente, die man schon in der Atempause der Pandemie im Sommer hätte auf den Weg bringen können, wenn man gewollt hätte. Wir Grüne haben einen Plan, diese Landesregierung hat keinen.

Und noch eine wichtige Frage: was ist mit den Schnelltests, wieso kommen sie erst Ende November/Anfang Dezember umfassend zum Einsatz?

Auch dort muss die Handreichung des Sozialministeriums umgehend überarbeitet werden. Sie ist in der Praxis so nicht umsetzbar!

Es werden qualifizierte Kräfte für die Abnahme des Schnelltests gebraucht, aber wir können es uns nicht leisten, dafür medizinisches oder Pflegepersonal abzustellen. Es muss mit schnellen Nachqualifizierungen andere Wege geben, um die Schnelltests durchführen zu können.

Es kann nicht angehen, dass ambulante und stationäre Einrichtungen dafür 2 bis 10 neue Vollzeitstellen benötigen und mit den Schnelltests qualifiziertes Pflegefachpersonal gebunden wird. Wir benötigen die Pflegefachkräfte am Bett, am Dienst an den Menschen!

Wir bestehen nicht auf unser Grünes Copyright. Wir bestehen auf Umsetzung – jetzt – sofort - die Zeit überreif und läuft uns und den Bürger*innen davon und gefährdet Menschenleben!

Vielen Dank.

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