Meta Janssen-Kucz: Rede zur ambulanten Versorgung in Niedersachsen

Rede TOP 29: Qualitativ hochwertige ärztliche Versorgung auch zukünftig flächendeckend sicherstellen – ambulante Versorgung in Niedersachsen stärken und weiterentwickeln (Antrag SPD/CDU)

- es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

ich möchte mich zunächst bei den Kolleginnen und Kollegen von SPD und CDU bedanken, dass sie engagiert die Ergebnisse der Enquete-Kommission Gesundheit umsetzen. Auch der vorliegende Antrag ist ja im Wesentlichen die Umsetzung der Handlungsempfehlungen zur ambulanten ärztlichen Versorgung. Bevor ich auf einzelne Punkte eingehe, will ich aber nochmal einen Blick zurückwerfen, denn wir haben ja schon 2018 einen Antrag zu genau diesem Thema (Ds. 18/1401) interfraktionell verabschiedet.

In meiner Rede habe ich seinerzeit darauf hingewiesen, dass bereits 364 Hausarztsitze nicht besetzt sind. 4 Jahre später sind es schon über 500. Auch habe ich im Jahr 2018 darauf hingewiesen, dass wir zeitnah zusätzliche Studienplätze brauchen, weil die fertig ausgebildeten Ärztinnen und Ärzte erst gut 12-15 Jahre später zur Verfügung stehen. Die zusätzlichen Studienplätze kommen aber erst in diesem Jahr und die Landarztquote kommt frühestens im nächsten Jahr.

Seit der letzten Befassung im Jahr 2018 haben wir uns mit diesem Thema zwar intensiv in der Enquete-Kommission beschäftigt, aber wir haben auch wichtige Zeit verloren. Die Zahl der freien Hausarztsitze wird jedes Jahr größer, während gleichzeitig der Zeitpunkt immer weiter nach hinten rückt, an dem zusätzliche Ärztinnen und Ärzte zur Verfügung stehen werden.

Anrede,

vieles von dem, was Sie in Ihrem Antrag fordern, haben wir bereits 2018 beschlossen: Stärkung der Lotsenfunktion, Reform der Bedarfsplanung, mehr Delegation oder bedarfsgerechte Mobilität. Wir haben also schon einen ganz gut ausgestatteten Instrumentenkasten, mit dem wir aber noch stärker in die Fläche gehen und ihn vor Ort einsetzen müssen. Denn auch wenn derzeit kein Planungsbereich formal unterversorgt ist, nehmen die Menschen nehmen die Menschen in Nordhorn, Syke, Alfeld oder Stolzenau das sicherlich anders wahr. Das sind nämlich allesamt Planungsbereiche, die einen Versorgungsgrad von unter 90 Prozent haben. Das zeigt den nach wie vor dringenden Handlungsbedarf bei der Bedarfsplanung.

Anrede,

die Zeit rennt uns davon. Ich finde es deshalb richtig, dass Sie mit ihrem Antrag heute nochmal alle Forderungen auflisten, die uns weiterhelfen können. Denn nur mit der Summe verschiedener Ansätze wird es uns gelingen, die medizinische Versorgung in der Fläche zu sichern.

Ein wichtiger Punkt fehlt aus meiner Sicht allerdings in Ihrem Antrag:  die Rolle der Pflegeberufe.

Wir haben schon bei der Einsetzung der Enquete-Kommission darauf gedrungen, die Pflegeberufe als wichtigen Baustein in der Versorgung und als größte Berufsgruppe im Gesundheitswesen mit zu betrachten. Und ich kann auch heute nur wieder feststellen, dass es ein großer Fehler war, das nicht, bzw. nur partiell zu tun.

Dass wir uns nur am Rande mit der Pflege beschäftigt haben, setzt sich in Ihren Anträgen zur Umsetzung der Enquete-Kommission fort und es wird sich somit letztlich auch in der Versorgung selbst fortsetzen.

Denn weder im Krankenhausgesetz, noch in dem Antrag der Großen Koalition zur sektorenübergreifenden Versorgung kommt der Pflege eine angemessene Rolle zu.

Ich sage aber deutlich: wir können jetzt und zukünftig die medizinische Versorgung nicht an der Pflege vorbei organisieren. Das wird nicht funktionieren.

Dabei gibt es bereits gute Konzepte, wie die Pflege auch ein wichtiger Baustein in der Versorgung werden kann.

Wir haben im letzten Jahr einen Vorschlag für ein Modellprojekt Gemeindeschwester Plus/Community Health Nurses gemacht. Dabei geht es nicht darum, ärztliche Leistungen an Pflegekräfte zu delegieren, sondern darum, Pflegekräfte zur eigenständigen Tätigkeit in der Primärversorgung zu befähigen. Aus den skandinavischen Ländern wissen wir, wie gut das funktionieren kann.

Und gerade jetzt, wo wir keine Pflegekammer in Niedersachsen mehr haben, die uns auf die Möglichkeiten und die Stärken der Berufsgruppe aufmerksam macht, müssen wir als Parlament umso mehr darauf achten.

Ich möchte deshalb an dieser Stelle noch einmal dafür werben, den Blick nicht immer auf Ärztinnen und Ärzte zu verengen, sondern ihn für die Pflegeberufe zu weiten.

Ich bin gespannt auf die Beratungen im Gesundheitsausschuss, aber vor allem auf die Umsetzung. Die Zeit drängt, bzw. läuft uns davon!

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