Meta Janssen-Kucz: Rede zum Gesetzentwurf über die Ausübung des Hebammenberufs (Landesregierung)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

im Jahr 2013 hat die EU eine Richtlinie zur Akademisierung des Hebammenberufes verabschiedet. Erst im letzten Jahr – also ganze 7 Jahre später – hat die Bundesregierung als eines der letzten europäischen Länder diese Richtlinie umgesetzt. Das zeigt deutlich, welchen Stellenwert die Themen Frauengesundheit und Geburtshilfe bei der Großen Koalition in Berlin haben.

Heute setzen wir die Vorgaben des Bundes mit dem Niedersächsischen Hebammengesetz auch in Landesrecht um. Das ist gut und wichtig und wir werden dem Gesetzentwurf der Landesregierung auch zustimmen. Die eigentlichen Herausforderungen in der Geburtshilfe lösen wir damit aber nicht.

Anrede,

die Akademisierung der Hebammenausbildung ist ein entscheidender Meilenstein bei der Aufwertung des Berufes. Sie steigert die Attraktivität, verbessert die evidenzbasierte Versorgung und ist – so hoffe ich zumindest – Grundlage für eine angemessene Bezahlung und für eine interdisziplinäre Geburtshilfe, in der alle Beteiligten auf Augenhöhe zusammenarbeiten.

In Niedersachsen entstehen dafür in den nächsten Jahren 185 Studienplätze für angehende Hebammen – inklusive der 45 Plätze, die es bereits an der Hochschule Osnabrück im ausbildungsintegrierenden Studiengang Midwifery gibt. Das sind jedoch weniger Studienplätze, als wir zuletzt Ausbildungsplätze hatten. Im Jahr 2019 waren das 260 Ausbildungsplätze plus die 45 an der Hochschule in Osnabrück.

Anrede,

das ist ein fatales Signal, wenn man sich die Personalsituation in der Geburtshilfe anschaut:

  • jede 5. Klinik kann Planstellen nicht besetzen
  • Hebammen betreuen im Schnitt zwischen 2 und 5 werdende Mütter gleichzeitig und
  • wir brauchen allerorten Hebammenzentralen, um die knappen Kapazitäten bei Vorsorge und Wochenbettbetreuung so effizient wie möglich zu nutzen.

Hinzu kommt, dass die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe kürzlich eine neue S3-Leitlinie veröffentlicht hat, die eine 1:1-Betreuung unter der Geburt empfiehlt.

Ich fasse zusammen: die Landesregierung reagiert auf den deutlich steigenden Bedarf an Hebammen mit einer Reduzierung der Ausbildungsplätze und redet gleichzeitig von mehr Qualität. Diese Gleichung kann nicht aufgehen.

Anrede,

eine neue Ausbildung allein reicht nicht für eine gute Versorgung rund um die Geburt, wenn es nicht genügend Fachkräfte gibt, die für die Frauen da sind. Das Niedersächsische Hebammengesetz führt zu einigen kleineren Veränderungen, z.B. bei den Melde- und Fortbildungspflichten oder den Vertretungsregelungen.

Die großen Herausforderungen aber wird dieses Gesetz nicht lösen. Dafür brauchen wir mehr Studienplätze, bessere Arbeitsbedingungen, eine Abschaffung der Mindestmengenregelung in Kliniken und wohnortnahe Versorgungsangebote. Wir haben das alles bereits in der Enquete-Kommission diskutiert.

Ich erwarte deshalb, dass die Landesregierung das Thema Geburtshilfe mit diesem Gesetz nicht ad acta legt, sondern es als ersten kleinen Schritt hin zu einer bedarfsgerechten Versorgung für schwangere Frauen in Niedersachsen versteht.

Vielen Dank.

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