Meta Janssen-Kucz: Rede zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Gesundheitsfachberufegesetzes (Änderungsantrag GRÜNE)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

ursprünglich hatten SPD und CDU geplant, dass Gesundheitsfachberufegesetz still und heimlich im Haushaltsbegleitgesetz mit abzuhandeln -  ohne Anhörung, ohne Öffentlichkeit und ohne Beratungen im Fachausschuss.
Zumindest hat der Protest der Verbände hier gefruchtet und es gab eigenständige Beratungen im Fachausschuss.

Das war aus meiner Sicht auch mehr als angebracht, denn es geht hier immerhin um wichtige Weichenstellungen.

Es geht zum Beispiel um die Meldepflicht für Heilpraktikerinnen und für Hebammen in Artikel 3. Gerade bei den Hebammen ist eine umfassende Meldepflicht über den Anteil der ambulanten und stationären Tätigkeit notwendig, um den gesamten Beschäftigungsumfang zu erkennen. Derzeit wissen wir zwar, wie viele Hebammen wir in Niedersachsen haben. Was wir nicht wissen ist, wo sie arbeiten und wie viel sie arbeiten.

Dieses Wissen ist aber essentiell, damit wir künftig zielgerichtet auf Versorgungsdefizite in der Geburtshilfe reagieren können. Dieses Vorhaben ist also vollkommen richtig und wird von uns unterstützt.

In Artikel 4 geht es um den Maßregelvollzug. Hier soll das Urteil des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt werden, denn die bisherige gesetzliche Regelung zu Fesselung und Fixierung ist verfassungswidrig. Kein einfaches Unterfangen, das haben die Beratungen mehr als deutlich gemacht. Ich will ehrlich sein: ich habe meine Zweifel, ob die jetzt gefundene Regelung die nötige Rechtssicherheit bringt. Trotzdem tragen wir diese Regelung erst einmal mit.

Anrede,

das Hauptaugenmerk in diesem Gesetzesvorhaben liegt in der Schulgeldfreiheit für die therapeutischen Berufe. Das ist ein längst überfälliger Schritt, denn bis zu 400 Euro Schulgeld pro Monat sind für viele junge Menschen schon eine sehr große Hürde bei der Berufswahl. Und an Therapeuten mangelt es schon heute in einigen Bereichen Niedersachsens.

Doch bei der Umsetzung bricht die Landesregierung ihr Wort: denn vom Schulgeld befreit werden nur diejenigen, die ihre Ausbildung im letzten Jahr begonnen haben.

Auszubildende im Zweiten und dritten Lehrjahr sollen nach dem Willen der Landesregierung weiterhin Schulgeld zahlen. Eine massive Ungerechtigkeit, wenn man bedenkt, dass es gerade diese Auszubildenden waren, die die Schulgeldfreiheit im letzten Jahr erkämpft haben.

Wir werden also künftig Auszubildende an den Schulen haben, die einen fünfstelligen Betrag in ihre Ausbildung investieren müssen. Und wir werden gleichzeitig Auszubildenden habe, die die Ausbildung kostenfrei absolvieren können. Das ist den Auszubildenden nicht zu vermitteln. Auch nicht damit, dass Sozialministerin Reimann nicht mehr Geld Finanzminister Hilbers bekommen hat.

Die Auszubildenden beschweren sich deshalb völlig zu Recht über die Willkür, mit der die Landesregierung hier vorgeht. Mit unserem Änderungsantrag fordern wir deshalb die Schulgeldfreiheit für alle Auszubildenden.

Rot-grün hat es 2015 vorgemacht und das Schulgeld in der Altenpflegeausbildung für alle abgeschafft – ohne Stichtagsregelung. Und auch bei der Beitragsfreiheit für die Kitas gab es keine Stichtagsregelung. Wo ein Wille ist, ist also auch ein Weg.

Anrede,

wir gehen mit unserem Änderungsantrag noch weiter. Denn wir fordern die Schulgeldfreiheit auch für die Heilerziehungspflege. Im letzten Plenum erst haben wir das Bundesteilhabegesetz verabschiedet und damit die Grundlage dafür gelegt, dass Menschen mit Behinderungen in Niedersachsen Unterstützung sehr viel individueller in Anspruch nehmen können. Das geht aber nur, wenn es dafür auch ausreichend Personal gibt.

Deshalb beantragen wir, die Heilerziehungspflege ebenfalls vom Schulgeld zu befreien, damit wir zukünftig ausreichend Fachkräfte haben und wir nicht den nächsten Fachkräftemangel produzieren. Denn genau das ist in den Pflegeberufen passiert, wo der Bund erst viel zu spät reagiert hat. Aus diesem Fehler sollten wir lernen, statt ihn zu wiederholen.

Anrede,

abschließend möchte ich noch eine Absurdität im Gesetzentwurf hinweisen: nach dem Willen der Landesregierung sollen neu gegründete Schulen, die in den therapeutischen Berufen ausbilden, erst nach 3 Jahren Förderanspruch nach dem Gesundheitsfachberufegesetz haben. Das heißt: in den ersten drei Jahren müssten diese Schulen noch Schulgeld erheben.

Ich frage Sie, meine Damen und Herren, wer geht denn auf eine Schule, an der Schulgeld zu zahlen ist, wenn die Ausbildung an anderen Schulen kostenlos möglich ist? Und wie sollen sich so neue Schulen etablieren, die wir dringend brauchen?

Mit dieser Regelung stellt sich die Landesregierung selbst ein Bein. Denn sie steht im Widerspruch zu dem Ziel des Gesetzes: nämlich dem Fachkräftemangel in den Gesundheitsfachberufen entgegen zu wirken.

Anrede,

geben sie sich hier und heute einen Ruck, stimmen sie dem Grünen Änderungsantrag zu. Denn es sollte auch das Ziel von SPD und CDU sein, für eine gute Versorgung von alten und kranken Menschen, aber auch von Menschen mit Behinderungen in Niedersachsen zu sorgen.

Vielen Dank.

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