Meta Janssen-Kucz: Rede zu guten Arbeitsbedingungen in der ambulanten Pflege (Aktuelle Stunde SPD)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

eigentlich hätte man die Aktuelle Stunde, angesichts der aktuellen Situation, anders überschreiben müssen:
Kommt morgen der ambulante Pflegedienst noch?
Oder: Kein Tariflohn? - Keine ambulante Pflege!

Die Aufgabe der Landesregierung ist es, Versorgungssicherheit zu gewährleisten und nicht weiterhin wie das Kaninchen auf die Schlange, auf das Schiedsgericht, zu starren!

Wir haben einen lang andauernden Konflikt zwischen Krankenkassen und Wohlfahrtsverbänden über die Finanzierung ambulanter Pflegedienstleistungen. Und dieser Konflikt scheint jetzt endgültig zu eskalieren, auch der erste Schiedsgerichtstermin hat nach meiner Kenntnis den Konflikt eher weiter verschärft, die Fronten weiter verhärtet. Menschlichkeit und Fürsorge scheinen eine Nebenrolle zu spielen.

Die Kassen drücken weiter die Preise - immer mit Hinweis auf die privaten Anbieter, die es ja auch irgendwie hinkriegen. Über deren ausbeuterische Konditionen wird nicht gesprochen.

Fakt ist und bleibt, dass Tariflöhne, die die Wohlfahrtsverbände zahlen, ebenso wie die weiten Anfahrtswege im ländlichen Raum nicht ausreichend refinanziert werden.
Sollten die Wohlfahrtsverbände aus der ambulanten Pflege aussteigen, weil man sie im Rahmen der Verhandlungen mit den Krankenkassen an die Wand nagelt, hätte das zur Folge, dass etwa 16.000 Pflegebedürftige ihren Pflegedienst verlieren. 
Das ist unverantwortlich gegenüber den Menschen, die der Pflege bedürfen und vor allem gegenüber den engagierten Pflegekräften.

Und es ist unverantwortlich gegenüber den Wohlfahrtsverbänden! Sie werden mit roten Zahlen in den Ruin getrieben - und damit nicht nur die ambulante Pflege, sondern auch andere soziale Projekte.

Anrede,

die Lage ist mehr als bedrohlich. Mit dem Fortschreiten des demografischen Wandels steigt die Zahl der Menschen mit Pflege- und Betreuungsbedarf kontinuierlich weiter an.

Von diesen Veränderungen sind in einem besonderen Maße unsere ländlichen Gebiete betroffen. Den größten Zuwachs an Pflegebedürftigen haben dabei die ambulanten Pflegedienste. Hier ist der Bedarf am größten, hier warten die zu Pflegenden und ihre Angehörigen auf Hilfe und Unterstützung.

Um die häusliche Versorgung sicherzustellen, müssen die Rahmenbedingungen der ambulanten Pflege und die Arbeitsbedingungen in den Diensten verbessert werden.
Nur so kann es gelingen, ausreichend qualifiziertes Personal zu gewinnen und zu binden sowie Organisationsabläufe in den Betrieben zu optimieren.

Anrede,

der andauernde Konflikt macht deutlich, dass die Selbstverwaltung hier nicht funktioniert. Hier ist das Land als Aufsichtsbehörde gefordert. Nur seitens der Sozialministerin Verhandlungsdisziplin von den Beteiligten einzufordern, ist einfach zu wenig. Das ist eher ein Armutszeugnis für die SPD/CDU Landesregierung.

Anrede,

Fakt ist, dass das Pflegepersonalstärkungsgesetz des Bundes eine vollständige Refinanzierung von Tariflöhnen vorsieht.
Das heißt im Klartext, dass Niedersachsen, dass die Groko, nur geltendes Recht einfordern und umsetzen muss. Schöne Worte reichen nicht!
Bisher haben wir nur heiße Luft! Der ruinöse Wettbewerb darf nicht über die Personalkosten geführt werden.

Wir erwarten, dass sich die Sozialministerin Frau Dr. Reimann aktiv an der Konfliktlösung beteiligt und, wenn nötig, die möglichen aufsichtsrechtlichen Möglichkeiten gegenüber den Kassen ausschöpft.

Der immer wieder ins Feld geführte Tarifvertrag Soziales ist und bleibt weiterhin in weiter Ferne, solange die Kontrahenten sich feindselig, ohne den Blick auf die Betroffenen, gegenüberstehen.
Die Erfahrung haben auch wir schon unter Rot-Grün machen dürfen.

Die Rot-Grüne Landesregierung hat 2015 eine "Gemeinsame Erklärung zum Einkommen der Pflegekräfte" mit der AOK und dem VdEK unterzeichnet. Damals haben sich die Krankenkassen verpflichtet, Tariflöhne bei den Pflegesatzverhandlungen für die ambulante und stationäre Pflege vollumfänglich zu berücksichtigen. 2016 haben sich die kommunalen Spitzenverbände angeschlossen. Das war eine gute Grundlage für einen Tarifvertrag Soziales. Als der Vertrag 2016 für allgemeinverbindlich erklärt werden sollte, scheiterte er im Tarifausschuss (paritätisch mit AG und AN besetzt). Und damit war der TV Soziales vom Tisch.

Die Sicherstellung der Pflege ist dramatisch gefährdet. Setzen Sie sich nicht nur in Sonntags- und Plenarreden für den Tarifvertrag Soziales ein, kämpfen Sie. Kämpfen Sie für die Beschäftigten in der Pflege und damit auch für die zu Pflegenden.

Und wo bleiben die vielfach angekündigten Reformvorschläge? Bisher ist die Sozialministerin und damit die Groko nicht über Ankündigungen hinausgekommen.
Wo bleibt das Niedersächsische Pflegegesetz? Wo bleibt ein zukünftsfähiges Konzept, dass die pflegerische Versorgung kurz-, mittel- und langfristig im Flächenland sicherstellt. Bisher alles Fehlanzeige!

Wenn Sie es mit Ihrem Haus nicht können, holen Sie sich Hilfe. In der Pflegekammer sitzen die Expert*innen, sie unterstützen die Landesregierung sicher gerne bei der Erarbeitung von Lösungsvorschlägen.

Vielen Dank.

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