Lena Nzume: Rede zur Besprechung der Großen Anfrage (CDU) zu Inklusion in Niedersachsen
TOP 21: „Inklusion in Niedersachsen – Haltung zeigen, Fortschritte sichern, Zukunft gestalten“ - Besprechung Große Anfrage CDU
- Es gilt das gesprochene Wort -
Vor rund zehn Jahren hat Niedersachsen mit der Einführung der Inklusiven Schule einen mutigen und wichtigen Schritt getan. Heute, ein Jahrzehnt später, zeigt der zweite Bericht nach § 178 des Niedersächsischen Schulgesetzes, wie weit wir gekommen sind – und wo wir weiter anpacken müssen.
Inzwischen werden rund 37.000 Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf an unseren allgemeinen Schulen unterrichtet. Das heißt: Zwei Drittel aller Kinder mit Förderbedarf lernen heute gemeinsam mit ihren Mitschülerinnen und Mitschülern.
Inklusion ist Teil des pädagogischen Alltags in unserem Land.
Doch das Herz der Inklusion ist nicht eine Maßnahme, sondern eine Haltung.
Inklusion ist ein Menschenrecht – keine Wahlmöglichkeit, keine Wohltätigkeit und keine Gefälligkeit. Sie ist eine Selbstverständlichkeit in einer demokratischen Gesellschaft. Und sie ist nicht einfach Sonderpädagogik, sondern ein gemeinsames Verständnis von Bildung: Es geht um das gemeinsame Lernen aller – mit unterschiedlichen Stärken, Hintergründen und Bedürfnissen.
Wir wollen keine Rolle rückwärts und die auslaufenden Förderschulen-Lernen weiterführen. Wir schaffen Verlässlichkeit – für Kinder, Eltern und Lehrkräfte – mit dem klaren Ziel: Barrierefreiheit und Teilhabe für alle!
Ich könnte hier viele Punkte nennen, die zeigen, wie konsequent wir Inklusion in Niedersachsen voranbringen:
Die Förderschulen mit dem Schwerpunkt Lernen laufen endgültig aus, die Zahl pädagogischer Mitarbeitender wurde deutlich erhöht und die sonderpädagogische Expertise ist fest im Lehramtsstudium verankert. Landesweit beraten Mobile Dienste und Regionale Beratungs- und Unterstützungszentren die Schulen – sie sorgen dafür, dass Kinder in ihrem vertrauten Umfeld lernen können und sichern die Qualität inklusiver Arbeit.
Auch die Studienplätze und Fortbildungen für Sonderpädagogik wurden ausgebaut, und mit der geplanten systemischen Ressourcenzuweisung schaffen wir künftig noch gezieltere Unterstützung.
Immer mehr Lehrkräfte arbeiten multiprofessionell zusammen, Inklusion wird Teil schulischer Qualitätsentwicklung – nicht Zusatz, sondern Kern pädagogischer Arbeit. Und mit der erfolgreichen Bundesratsinitiative zum Pooling entstehen in vielen Regionen neue, tragfähige Unterstützungsnetzwerke.
Und auch strukturell gehen wir Inklusion entschlossen an. In dieser Legislaturperiode haben wir erhebliche Mittel bereitgestellt, um multiprofessionelle Teams in den Schulen zu stärken: Zusätzliche Stellen in der Schulpsychologie, der Sozialarbeit und an berufs- wie allgemeinbildenden Schulen sichern Beratung, Unterstützung und verlässliche Begleitung. Auch Programme wie CARE und Arbeitspsychologie werden ausgebaut, um die psychische und physische Gesundheit unserer Lehrkräfte zu fördern. Und mit weiteren 100 Stellen für pädagogische Fachkräfte ab 2026 schaffen wir zusätzliche Stabilität und Zukunftssicherheit.
Diese Fortschritte zeigen: Niedersachsen bewegt sich – hin zu einem Bildungssystem, das alle Kinder ernst nimmt, ihre Potenziale erkennt und ihnen ermöglicht, miteinander und voneinander zu lernen.
Aber es ist und bleibt ein Prozess: die Generationen verändern sich, die Bedürfnisse ändern sich und auch die Welt in der wir leben, ändert sich. Wir müssen Strukturen schaffen, die dauerhaft tragen – mit ausreichend Personal, mit Fortbildung, mit barrierefreien Schulen und mit einer Haltung, die klar sagt: Jedes Kind gehört dazu.
Wir sind auf einem guten Weg, auch wenn es viele Herausforderungen gibt. Und ja – es ist das gute Recht der Opposition, darauf hinzuweisen. Damit werden wir besser. Aber wir brauchen konkrete Verbesserungsvorschläge – und die sehe ich bisher nicht. Bislang wurde von der CDU kein tragfähiges Konzept vorgelegt, außer der oben genannten Rolle rückwärts.
Das Thema Inklusion ist zu wichtig, um es parteipolitisch zu instrumentalisieren oder Kindern und Familien falsche Versprechungen zu machen. Inklusion ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die uns alle betrifft.
Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass jedes Kind – unabhängig von Herkunft, Behinderung oder sozialem Status – in Niedersachsen die besten Chancen auf Bildung, Teilhabe und ein selbstbestimmtes Leben hat.