Julia Hamburg: Rede zur frühkindlichen Bildung (Antrag SPD/CDU)

(Korrektur: siehe zweiter Absatz - Milliarde statt Million)

- es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

da ist sie also, die Qualitätsoffensive a la Groko. Sie nährt genau die Sorgen, die wir uns während der vorangegangenen Gesetzesberatungen bereits gemacht haben:

Sie wollen bis zu eine halbe Milliarde Euro jährlich in die Beitragsfreiheit investieren und am Ende bleibt kein Geld mehr übrig für die dringend benötigten Qualitätsverbesserungen an unseren Kitas.

Nun kann ich vorweg die positiven Punkte stellen, die Ihr Entschließungsantrag beinhaltet. Wir freuen uns beispielsweise, dass Sie dem Druck nachgeben und die Qualitätsdebatte weiter mit uns führen und sie nicht weggestimmt haben. Diesen parlamentarischen Umgang mit unserer Initiative wissen wir sehr zu schätzen.

Ich vernehme Ihrem Antrag, dass die duale Ausbildung für Erzieherinnen und Erzieher vom Tisch ist und Sie somit unsere Sorgen der letzten Monate gehört und ernst genommen haben. Auch begrüße ich außerordentlich, dass Sie die Ausbildungsplatzkapazitäten ausbauen wollen und die Anerkennung von im Ausland erworbenen Abschlüssen vereinfachen wollen. Gerade dieser Punkt ist ein zentraler, denn wir haben so viele gut ausgebildete Menschen, die aus anderen Ländern zu uns gekommen sind, die derzeit nicht in ihrem Beruf arbeiten können und stattdessen als Hilfskräfte oder Taxifahrer arbeiten. Das ist so etwas von sinnfrei, dass das kein Mensch verstehen kann. Gut, dass Sie das ändern wollen.

Danach kommen aber schon wieder Fragezeichen auf: Sie wollen „die hohe Qualität an Niedersachsens Kitas sichern und voranbringen und dabei einen breiten Beteiligungsprozess machen“ – sagen Sie: Wie lange wollen Sie denn bitteschön noch mit den Menschen reden, bevor Sie endlich Geld in die Hand nehmen und handeln. Es wurde in den letzten 15 Jahren genug geredet und die Probleme liegen alle auf dem Tisch – sie müssen endlich gelöst werden! Wenn ich so etwas lese, dann platzt mir die Hutschnur. Seit Jahren wird geredet und geredet. Handeln ist angesagt und das erwarten auch die Verbände zu Recht von uns.

Gleiches gilt für einen Stufenplan zur Einführung einer dritten Kraft in den Kindergärten. Sie können noch tausend Mal hin und her rechnen und rauf und runter: Am Ende werden Sie Geld in die Hand nehmen müssen, um einen Stufenplan zu finanzieren. Da bringt Ihnen jahrelanges Rechnen auch kein anderes Ergebnis. Die Stufenpläne liegen auf dem Tisch – oder in den Schubladen. Sie müssen rausgeholt und umgesetzt werden. Fangen wir endlich an – die Kitas, Erzieherinnen und Erzieher und Familien warten darauf.

Und natürlich gibt es einige Dinge, über die wir in diesem Zusammenhang dann noch reden müssen. Wie ist der Zeitplan für dieses Vorhaben? Bis wann soll dieses Gesetz vorgelegt werden? Mit welcher Zielrichtung soll dieses Gesetz vorgelegt werden und wieviel Geld sind Sie als Haushaltsgesetzgeber bereit dafür aufzuwenden?

Und was ist mit der Tagespflege. Meinen Sie nicht auch, dass es an der Zeit wäre, diese endlich gesetzlich mit zu regeln? Mit einer Elternvertretung auch für den Bereich der Kindertagesstätten? Sollte nicht einmal diskutiert werden, wie man das komplizierte Finanzierungsgeflecht im Bereich der Kindertagesstätten endlich vereinfachen kann? Was ist mit dem großen Komplex der Inklusion in den Kitas?

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Kindertagesstättengesetz wurde in seiner Grundrichtung seit dem Jahr 1992 nicht mehr überarbeitet. Seitdem haben sich aber die Aufgaben der Kindertagesstätten massiv gewandelt. Es sind Ganztagseinrichtungen und Bildungseinrichtungen geworden und der Besuch einer solchen Kita ist nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel. Der Erziehungsauftrag an Kitas ist umfänglicher geworden und gesellschaftliche Erwartungen wirken in die Kindertagesstätten hinein. Hier sind viele Fragen zu diskutieren und viele Herausforderungen zu lösen. Packen wir es gemeinsam an. Ich freue mich auf die Ausschussberatungen.

 

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