Imke Byl: Rede zur Prostitutionsberatung (Antrag FDP)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

es ist wirklich bedauerlich, dass SPD und CDU diesen Antrag hier heute ohne eigenen Alternativvorschlag ablehnen wollen. Nach der Debatte zur Antragseinbringung hatten denke ich viele in und außerhalb des Plenarsaals die Hoffnung, dass wir hier ein starkes Signal gegen das Nordische Modell setzen. Ganz ähnlich wie in Nordrhein-Westfalen, wo mit den Stimmen von CDU, FDP, SPD und Grünen fraktionsübergreifend der Antrag „Nein! Zum Sexkaufverbot des Nordischen Modells – Betroffenen helfen und nicht in die Illegalität abschieben“ beschlossen wurde.

Der Titel trifft es. Auf den ersten Blick mag sich das sogenannte Nordische Modell ganz gut anhören. Der Sexkauf wird unter Strafe gestellt, der Sexverkauf jedoch nicht. Freier machen sich strafbar, Sexarbeiter*innen nicht. Doch in der Realität führt ein solches Sexkaufverbot dazu, dass Sexarbeiter*innen in den Untergrund, in wenig sichtbare und nicht mehr kontrollierbare Bereiche, eben in die Illegalität gedrängt werden. Dort sind sie deutlich stärker von Gewalt bedroht, haben einen schlechteren Zugang zur Gesundheitsversorgung und werden weiter stigmatisiert. Die Situation der Betroffenen verschlechtert sich. Das können wir nicht unterstützen, und genau dieses Signal hätte ich mir hier heute deutlich auch von SPD und CDU gewünscht!

Den Antrag will die GroKo ablehnen, weil er Ihrer Meinung nach obsolet ist. Sie finden, dass die Beratungsstellen und Hilfsstruktur bereits ausreichend ausgebaut und ausgestattet sind. Da möchte ich Sie wirklich bitten, mit den dort tätigen Menschen Kontakt aufzunehmen! Niedersachsen ist ein Flächenland. Sexarbeit findet nicht nur in der Landeshauptstadt statt. Aufsuchende Arbeit und Anlaufstellen muss es doch in allen Regionen geben.

Anrede,

die Situation hat sich für Sexarbeiter*innen mit der Corona-Pandemie deutlich verschlechtert. Sexuelle Dienstleistungen sind zumindest in Bordellen und auf dem Straßenstrich die gesamte Pandemie über verboten gewesen. Auch hier waren Sie als Landesregierung mal wieder selbst komplett untätig – erst das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat das Verbot schlussendlich aufgehoben, trotz lange vorliegender Hygiene- und Schutzkonzepte. Hier haben Gerichte wieder Ihre Arbeit gemacht!

Durch über ein Jahr Sexarbeitsverbot sind viele legale Strukturen pleitegegangen. Diejenigen, die aus unterschiedlichen Gründen weiter als Sexarbeiter*innen tätig waren, haben sich strafbar gemacht. Doch Sexarbeit hat stattgefunden. Vieles hat sich weiter ins Internet verlagert, auch Kontaktanbahnungen. Treffen fanden in nicht kontrollierbaren Bereichen statt. Die Sexarbeiter*innen waren damit Gewalt oder die Bezahlung prellende Kund*innen schutzlos ausgeliefert. Gerade jetzt gibt es daher einen großen Bedarf an aufsuchender Arbeit und Beratung, um an Betroffene heranzukommen und ihnen helfen zu können. Hier sind Sie als Landesregierung in der Pflicht, die bislang kleine Hilfsstruktur in Niedersachsen deutlich auszubauen!

Anrede,

Sexarbeit ist vielfältig. Menschenhandel und Zwangsprostitution müssen wir entgegentreten, sind aber selbstverständlich auch bereits verboten. Vielen Betroffenen würden wir mit einem einfacheren Zugang zum Arbeitsmarkt, mit Sprachkursen, mit der Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse und mit einem besseren Aufenthalts- und Asylrecht helfen. Das sind die Arbeitsaufträge, die auch SPD und CDU aus Sexarbeitsdebatten endlich mitnehmen sollten.

Danke für die Aufmerksamkeit.

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