Imke Byl: Rede zur Enquetekommission für ein niedersächsisches Paritätsgesetz (Antrag GRÜNE)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

während ich hier vorne stehe und in die Reihen schaue, wird das Problem doch ganz offensichtlich: In diesem Parlament herrscht ein krasser Männerüberhang.

Und es ist wirklich heftig: Noch nie in der ganzen Geschichte Niedersachsens gab es ein Parlament, das auch nur annähernd zur Hälfte mit Frauen besetzt war. Im Gegenteil, mit der letzten Wahl ist der Anteil sogar wieder gesunken.

Definitiv kein Zustand, mit dem wir uns zufriedengeben können, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Diese Männerdominanz betrifft natürlich nicht nur Niedersachsen.

In ganz Deutschland gab es noch nie ein Landes- oder Bundesparlament mit einer gleichberechtigten Beteiligung von Frauen.

Und das, obwohl seit Jahrzehnten viele Menschen, Initiativen und Organisationen auf verschiedenen Wegen dafür kämpfen, die bestehenden männerdominierten Strukturen aufzubrechen und den Frauenanteil zu erhöhen.

Ganz offensichtlich reicht Freiwilligkeit eben nicht aus, um solche Strukturen zu ändern – wir brauchen stattdessen endlich gesetzliche Vorgaben mit einem niedersächsischen Paritätsgesetz!

Wir haben bereits vor anderthalb Jahren einen Antrag auf eine Enquete-Kommission eingebracht, die fraktionsübergreifend gemeinsam mit Fachexpert*innen Vorschläge für ein niedersächsisches Paritätsgesetz erarbeiten soll. Das Urteil des Verfassungsgerichts Thüringen hat noch einmal unterstrichen, wie komplex ein verfassungskonformes Paritätsgesetz ist.

Das Gerichtsurteil bestätigt uns in unserem Weg, gemeinsam und mit allen Fraktionen an einer Wahlrechtsänderung zu arbeiten.

Denn solch eine Wahlrechtsänderung steht am allerbesten auf breiten Füßen im Parlament!

Ich freue mich, dass sich mittlerweile auch die SPD zu den Paritätsgesetz-Befürworter*innen zählt. Doch befürworten alleine bringt leider real niemanden weiter. Liebe SPD-Kolleg*innen, vergessen Sie doch bitte nicht – Sie sind Regierungspartei! Wir warten im Parlament immer noch auf den versprochenen Paritätsgesetzes-Entwurf.

Der Ministerpräsident hat das Gerichtsurteil aus Thüringen lapidar kommentiert mit „dann müssen wir eben die Verfassung ändern“. Ja dann mal los! Dafür gibt es ja auch Vorbilder: Frankreich zum Beispiel änderte in der Tat die Verfassung, um das Paritätsgesetz zu verabschieden.

Dann schieben Sie das Thema Paritätsgesetz doch aber bitte nicht weiter auf die lange Bank, sondern bekennen Sie jetzt Farbe und bringen Sie die Debatte endlich mit uns zusammen in das Parlament!

Noch kurz zur Bundesebene: Ich hoffe, dass wir nach all den Ankündigungen auch hier endlich Fortschritte machen. Noch kann ich das nicht wirklich erkennen.

Umso wichtiger, dass wir als uns als Landesparlament endlich unser niedersächsisches Wahlrecht vornehmen – und es der heutigen Zeit anpassen.

Anrede,

alle Menschen sollten die Möglichkeit haben, Politik gleichberechtigt mitzugestalten.

Bei der gerechten Beteiligung von Frauen an unserer Demokratie und in unseren Parlamenten geht es nicht um irgendetwas, sondern um ein fundamentales Grundrecht unserer Verfassung!

Ein Paritätsgesetz und damit die gleichberechtigte Vertretung von Frauen ist deshalb ein unglaublich wichtiger Schritt. Lassen Sie uns diesen Schritt nach über 70 Jahren Landtagsgeschichte endlich gehen.

Vielen Dank.

Zurück zum Pressearchiv