Imke Byl: Rede zu Umwelt- und Klimaschäden durch den Moorbrand Tinner Dose

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

Moorschutz – das ist ein verdammt wichtiges Thema! Und die Bundeswehr? Die fackelt nach einem Hitzesommer einfach mal per Raketenabschuss ein Moor ab! Unglaublich. Egal, was man von der Bundeswehr hält, das geht zu weit. Das Ganze hört sich eher nach einem schlechten Comic an, als nach Realität.

Realität ist aber auch, dass der durch die Bundeswehr verursachte Brand eine der größten Umweltkatastrophen ist, die Niedersachsen seit Beginn des Jahrtausends erlebt hat.

Fünf Wochen hat der Brand gewütet und letzten Schätzungen zufolge wurden ca. 1.200 ha Moor zerstört. Das sind über Jahrhunderte langsam gewachsene Flächen!

Aber who cares?

Wir alle sollten das. Denn durch den Brand können um die 1,2 Millionen Tonnen CO2 freigewordenen sein. Das ist eine riesige Klimakatastrophe! 1,2 Millionen Tonnen CO2, das entspricht ungefähr dem jährlichen Ausstoß einer Stadt wie Oldenburg. Jährlicher Ausstoß, freigewordenen durch einen Raketentest, durch einen Brand.

Moore sind extreme Kohlenstoffspeicher. Zur Verdeutlichung: Sie bedecken weltweit nur 3% der terrestrischen Erdoberfläche, speichern aber 30% des terrestrischen Kohlenstoffs! Das ist doppelt so viel, wie alle Wälder dieser Welt zusammen an Kohlenstoff speichern!

Das ist also ein immenser Klimaschaden, der uns in Niedersachsen in unseren Klimaschutzbemühungen massiv zurückwirft. Nach den Zahlen des Umweltbundesamts beträgt der gesamtgesellschaftliche Schaden durch solch eine riesige Menge freigewordenen CO2 knapp 100 Millionen Euro! Und dieser Klimaschaden, der muss kompensiert werden!

Wir fordern:

Die Bundeswehr muss nach solch einem unglaublich fahrlässigen Verhalten den entstandenen Klimaschaden mit konkreten Klimaschutzmaßnahmen kompensieren. Welche das sind, das sollte nicht die Bundeswehr entscheiden, sondern selbstverständlich das Land.

Wer so ein Verhalten an den Tag legt, der muss normalerweise für den Schaden auch haften. Bezüglich solcher Klimaschäden gibt es aber noch keine rechtsverbindliche Grundlage. Daher fordern wir auch, dass solch eine Kompensationspflicht ähnlich wie dem Umweltschadensrecht verbindlich geschaffen wird.

Wer meint, ein entwässertes Moor mit Raketen in Brand setzen zu müssen, der muss dann eben auch für den Schaden aufkommen. Das sollte selbstverständlich sein.

Mich macht das Ganze auch persönlich sehr betroffen. So viele Menschen in Niedersachsen und über Niedersachsen hinaus engagieren sich für den Moorschutz und die Moorrenaturierung. Diese Arbeit ist langwierig, durch Flächenbesitzverhältnisse, aber auch durch das extrem langsame Wachstum der Moore. Ich durfte gerade erst ein Torfmoosprojekt in meinem Landkreis Gifhorn auszeichnen, bei dem sich der NABU wirklich in so toller Art für unsere Moore starkmacht, trotz vieler Rückschläge. Und dann müssen diese Menschen in der Zeitung lesen, dass eine riesige Moorfläche brennt, weil die Bundeswehr ihre Waffentests nicht pausieren lassen wollte. Das ist ein unfassbar schlimmes Gefühl.

Moore sind für den Klimaschutz unverzichtbar.

Moore sind aber auch wertvoller Lebensraum für sehr seltene Arten. Moorfrosch, Kreuzkröte, Große Moosjungfer, aber auch all die Torfmoose oder der Sonnentau.

Und genau diese Pflanzen und Tiere sind entweder selbst beim Brand umgekommen, oder haben ihren Lebensraum vor Ort verloren. Dazu kommt das nährstoffhaltige Löschwasser aus umgebenden Gewässern, das das eigentlich nährstoffarme Moor weiter nachhaltig schädigt. Die Schäden an der Artenvielfalt sind kaum zu beziffern und müssen selbstverständlich durch die Bundeswehr kompensiert werden!

Niedersachsen trägt hier eine besondere Verantwortung, denn wir sind mit Abstand moorreichstes Bundesland. Bei uns liegen die meisten der Moorflächen, die für den Klima- und Artenschutz so unabdingbar sind.

Und das muss doch aus diesem Brand folgen: Wir müssen mehr für den Moorschutz und mehr für die Wiedervernässung tun!

Heile, natürliche Moore könnten uns auch bei Hochwasser und Trockenheit helfen, denn sie funktionieren wie ein Schwamm. Sie haben auch eine wichtige Filterfunktion für ihre Umgebung. Und nicht zuletzt: Ein wiedervernässtes Moor kann auch die Bundeswehr nicht so einfach in Brand stecken!

Ich fasse zusammen:

Wir fordern eine unabhängige Erfassung und Bewertung der erfolgten Umwelt- und Klimaschäden.

Diese Schäden müssen durch die Bundeswehr ohne Wenn und Aber kompensiert werden.

Außerdem müssen wir endlich eine Rechtsgrundlage schaffen, damit nicht nur die Umweltschäden kompensiert werden müssen, sondern auch die Klimaschäden.

Wir müssen schleunigst mehr Moore wiedervernässen und sie besser schützen.

Und es muss geprüft werden, ob Waffentests in dem sensiblen Moorgebiet überhaupt noch verantwortet werden können.

Die Landesregierung ist hier in der Pflicht, nachdem die meisten Versäumnisse von Seiten der Bundeswehr, aber auch von der Landesregierung erst auf langen und massiven Druck von uns Grünen eingeräumt wurden.

Wir können es uns doch nicht bieten lassen, mit welcher Arroganz und Ignoranz die Bundeswehr auftritt! Ich erinnere nur an diese grandiose Aussage des Bundeswehr-Sprechers, dass das Moor sowieso gebrannt hätte – das sage ihm die Wikipedia. Solche Aussagen schlagen dem Fass doch den Boden aus! Der Brand ist durch grobes Fehlverhalten der Bundeswehr verursacht worden. Und genau in diese Verantwortung müssen wir sie jetzt nehmen.

Anrede,

lassen Sie uns gemeinsam Druck machen, damit wir, Umwelt und Klima nicht auf dem immensen Schaden sitzenbleiben, den die Bundeswehr uns hier ins Haus geholt hat – das wäre fatal.

Moore sind wirklich unterschätzte Ökosysteme – und wir alle sind dazu aufgerufen, sie als Teil unserer Lebensgrundlage zu schützen.

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