Imke Byl: Rede zu Frauenwahlrecht und Parität (Aktuelle Stunde SPD)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

Ministerpräsident Weil und die SPD sprechen sich für ein Parité-Gesetz aus – besser spät als nie. Auch bei der SPD hat sich mit dem neuen Jahr die Erkenntnis durchgesetzt, dass gegen all die Männerseilschaften nicht mit Freiwilligkeit anzukommen ist. Die erschreckende Unterrepräsentanz von Frauen ist ein demokratischer Missstand, der nicht weiter ignoriert werden darf! 

Schade, dass es für diese Erkenntnis der SPD offensichtlich erst des 100jährigen Frauenwahlrechts-Jubiläums bedurfte. Denn dass der Anteil an Frauen an diesem männlich geprägten politischen System viel zu gering ist, das dürfte Ihnen auch schon vorher aufgefallen sein. Die Mini-Verbesserungen des Frauenanteils der letzten Jahrzehnte im Schneckentempo, und jetzt bei der letzten Bundestags- und Landtagswahl sogar der deutliche Rückschritt. Bei dieser Erkenntnis hätte man Ende 2017 nach der Wahl doch direkt die Segel auf Verhandlungen für ein Paritätsgesetz setzen sollen!

Und das, sehr geehrte Damen und Herren, wäre ein wirklicher Fortschritt gewesen: Denn für eine Wahlrechtsänderung braucht es eine Zweidrittel-Mehrheit, und die hätte die Große Koalition, wie der Name schon andeutet.

Doch so rudert die SPD in ihrer eigenen Parité-Ankündigung direkt wieder zurück: Ein Parité-Gesetz stünde nicht im Koalitionsvertrag und sei zu den nächsten Wahlen nicht realistisch. Tatsächlich etwas schade, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Ankündigungen müssen Taten folgen, und das erwarte ich auch hier, sehr geehrte SPD-Kolleginnen und Kollegen. Dass das leider offensichtlich nicht selbstverständlich ist, haben wir bereits bei der Kabinettsbildung live erlebt: Vor der Wahl große Töne für 50 Prozent Frauen im Kabinett, und zwar sowohl von SPD als auch von CDU. Am Ende koalieren beide Parteien miteinander und was kommt dabei heraus? Versprechen gebrochen.

Doch frauenpolitische Ziele dürfen nicht nur einfach Wahlkampfmittel sein, derer man sich schnellstmöglich wieder entledigt – wir alle haben die Verantwortung, die Gleichstellung von Mann und Frau zu verwirklichen und demokratische Teilhabe für alle zu gewährleisten. Daher hoffe ich sehr, dass dieses Mal auf Worte endlich auch Taten folgen.

Die Erhöhung des Frauenanteils in den Parlamenten ist kein Selbstzweck. Mehr Frauen in den Parlamenten sind nötig, damit sie die spezifischen Bedürfnisse, Perspektiven und Erfahrungen von Frauen in Niedersachsen hier repräsentieren und einbringen können. Wir haben in dieser Wahlperiode schon verschiedene Themen beraten, die so gut wie ausschließlich Frauen betreffen. Zum Beispiel Frauenhäuser. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Situation der Frauenhäuser nicht seit Jahren und Jahrzehnten so desolat wäre, wenn wir mehr Frauen in diesem Parlament hätten. Auch der §219a könnte längst Geschichte sein. Und ehrlich gesagt ist es für viele Frauen ziemlich bitter, dass solche Entscheidungen mehrheitlich von Männern getroffen werden.

Damit es mit dem Thema Parité hier in Niedersachsen vorangeht, werden wir parlamentarische Unterstützung liefern und eine entsprechende Initiative ins Februar-Plenum einbringen. Denn eine Wahlrechtsreform und eine gleichberechtigte Teilhabe am demokratischen Prozess sind längst überfällig. Ich freue mich auf die weitere Debatte und bin gespannt auf das, was die Landesregierung hier vorlegen wird.

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