Helge Limburg: Rede zur Aktuellen Stunde (CDU) zu Linksextremismus

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

Gewalt darf kein Mittel politischer Auseinandersetzung sein. Brandanschläge auf Autos und Gebäude sind alles andere harmlos. Sie sind auch keine symbolhaften Statements, sondern sie sind, im wahrsten Sinne des Wortes, brandgefährlich. Wer, wie in Braunschweig, mehrere Autos anzündet kann sich in Wahrheit nicht sicher sein, ob er nicht dabei auch Menschen gefährdet. Und darum wird die Brandstiftung auch zurecht härter bestraft als eine einfache Sachbeschädigung. Die Strafverfolgung und die Suche nach den Täter*innen läuft und das ist gut so.

Aber die daraus in Teilen der Öffentlichkeit abgeleitete Debatte ist eben nicht gut. Die Forderung, nach diesem Brandanschlag - der wahrscheinlich von Täter*innen aus der linken Szene verübt wurde - irgendwelche nicht näher genannten Antifagruppen zu verbieten, ist ähnlich absurd, wie es eine Verbotsforderung des Bundes Deutscher Kriminalbeamter nach dem Bekanntwerden rechtsextremer Polizisten wäre. Beides ist absurd und hat mit der Sachlage nichts zu tun. Wenn es eine konkrete Gruppe gäbe, die organisiert und geplant solche Anschläge verüben würde, dann aber, auch nur dann, käme ein Verbot dieser Gruppe in Betracht. Aber solange das nicht der Fall ist, ist es grundfalsch, politisch falsch und rechtsstaatswidrig, diffus Verbote im linken Spektrum zu fordern.

Wer ist das eigentlich die Antifa? Die Antifa ist kein eingetragener Verein, keine bestimmte einzelne Gruppe. Antifa kann jede und jeder sein, sollten möglichst viele sein, die sich demokratisch, friedlich, engagiert gegen Faschismus, gegen Rechtsextremismus engagieren. Es gibt Gruppen die sich ausdrücklich und namentlich zur Antifa bekennen. Und die ganz große Mehrzahl dieser Gruppen sieht ihr wesentliches Tätigkeitsfeld in Aufklärung über Nazistrukturen, im Demonstrieren gegen Nazis, in der Unterstützung betroffener von Nazigewalt. Diese Menschen, dieses zivilgesellschaftliche Engagement hat natürlich unsere Unterstützung und unsere Solidarität.

Was meinen Sie mit Linksextremismus, gegen den Sie Prävention betreiben wollen? Menschen, die sich für die Enteignung von Banken einsetzen? Ist nach unserem Grundgesetz ausdrücklich erlaubt, schauen Sie sich mal die Artikel 14 und 15 an. Menschen, die sich gegen Nazis und gegen Menschenfeindlichkeit einsetzen? Ist sogar Auftrag unseres Grundgesetzes, Art. 1.

Menschen, die sich außer gegen Rassismus auch gegen Sexismus einsetzen? Ebenfalls Auftrag unseres Grundgesetzes, Art.3. Tierschützer*innen vielleicht? Auch die verfolgen einen grundgesetzlichen Auftrag, Art. 20a Grundgesetz. Gegen diese Auffassungen kann es also keine staatliche Prävention geben, weil sie vom Grundgesetz gefordert werden. Was dann? Sie können Prävention gegen die Wahl der Mittel versuchen, also verhindern, dass Menschen Steine schmeißen, prügeln oder gar Brandsätze legen und Präventionsarbeit gegen einen Hass auf Polizeibeamt*innen und gegen Hass auf diesen Staat an sich leisten. Das ist sicherlich sinnvoll und richtig.

Aber es ist eben, gerade in der Präventionsarbeit, etwas fundamental anderes, ob ich Menschen sage, die inhaltlichen Ziele, die du verfolgst sind erlaubt oder sogar grundgesetzlich geboten, aber die Mittel die du dafür wählst, die gehen nicht, Menschen zu bedrohen und anzugreifen ist inakzeptabel. Oder ob ich einem Rechtsextremen deutlich machen muss, dein ganzes Weltbild, deine Ziele, deine Menschenfeindlichkeit, deine Demokratieverachtung, deine Ablehnung eines Rechtsstaates, das ist alles inakzeptabel und das wäre selbst dann inakzeptabel, wenn du versuchen würdest, es mit gewaltfreien Mitteln zu erreichen. Das ist ein struktureller Unterschied, den Sie hiermit Ihrer Holzhammerrhetorik verwischen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren,

die Debatte um Antifaverbote ist weltweit zuerst vom US-Präsidenten Trump geführt worden. Also von jenem Mann, den der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Rolf Mützenich zu Recht einen Rassisten nannte. Im Angesicht des rechtsextremen Aufmarsches in Charlottesville, bei der eine Gegendemonstrantin ermordet wurde und im Angesicht der Black-Live-Matters Proteste, bei denen in zahlreichen Städten, auch in Deutschland, viele Menschen überwiegend friedlich für ein Ende der Diskriminierung von People of Color eintraten, wollte er die Antifa verbieten. Diesen Kontext sollte jeder kennen und jeder sich vergegenwärtigen, der eine solche Forderung herausposaunt.

Und mit dem Begriff des „Terrorismus“ sollten wir nicht leichtfertig umgehen. Uwe Schünemann warnte als Innenminister einst, wir stünden an der Schwelle zum Linksterrorismus, heute wissen wir, dass damals die rechtsextreme Terrorgruppe NSU noch unerkannt in Deutschland agierte. Uwe Schünemann stellte die Behauptung in die Welt, Polizist*innen seien bei einem Castortransport mit Golfbällen die mit Schrauben gespickt waren angegriffen worden, später stellte sich heraus, dass das die Unwahrheit war. Sie verantworteten einen Verfassungsschutzbericht, in dem Brandanschlagserien auf Autos in Hamburg und Berlin als Beispiele für linksextreme Gewalt genannt wurden, später stellte sich nach Verhaftung der Täter gerichtlich bestätigt heraus, dass jeweils keine politischen Motive vorlagen, also auch hier die Unwahrheit. Die CDU Fraktion suggerierte hier einst in einer Anfrage, es habe Brandanschläge militanter Tierschützer auf Ställe gegeben, die Justizministerin stellte klar: Mindestens in einem genannten Fall lag ein technischer Defekt vor, der zu dem Brand führte, also auch hier die Unwahrheit. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die CDU hier versucht, auch unter kreativer Auslegung der Realität eine terroristische Gefahr von links herbeizureden, die es so in dem von Ihnen behaupteten Ausmaß nicht gibt.

Ich bin froh, dass es viele andere Stimmen gibt. Charlotte Knobloch hat mal gesagt, sie habe mehrere Mitglieder der Antifa getroffen, sie habe kein Problem mit denen. Zahlreiche SPD-Politiker*innen, und im Übrigen auch meine Fraktion, die Grünen, bekennen sich natürlich zur engagierten, friedlichen, mutigen Antifa. Ihnen gilt unsere Solidarität.

Frau Präsidentin, die CDU wird wissen, warum sie heute, am Tag der Verkündung des Urteils im Strafprozess gegen den rechtsextremen Mörder des CDU-Politikers Walter Lübcke mehr Prävention gegen Linksextremismus fordert. Ich hoffe sie wissen warum sie das machen, ich jedenfalls, verstehe es nicht.

Vielen Dank.

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