Hans-Joachim Janßen: Rede zu Ukraine-Geflüchtete (Antrag GRÜNE)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

Die dramatische Fluchtbewegung aus der Ukraine ist gerade ja schon angesprochen worden. Gleichzeitig erleben wir eine enorme Hilfsbereitschaft der Zivilgesellschaft. Bei allen, die sich unermüdlich für die Geflüchteten aus der Ukraine einsetzen, bedanke auch ich mich sehr herzlich. Auch Bund und Land bemühen sich, Hilfen zu organisieren. Und dennoch werden hier aktuell auch Schwächen sichtbar, die wir schnell beheben müssen.

Anrede,

schon vor Putins völkerrechtswidrigem Angriff auf die Ukraine war die globale flüchtlingspolitische Lage angespannt. Unter anderem der Krieg in Syrien mit der katastrophalen Unterbringungslage in Griechenland und die Eskalation in Afghanistan haben die Schwächen der europäischen Flüchtlingspolitik und die mangelnde Einigkeit in der EU überdeutlich gemacht.

Die EU hat jetzt augenscheinlich ihre Uneinigkeit überwunden, und ich hoffe, dass diese neu gewonnene Einigkeit auch in Zukunft zum Maßstab der Flüchtlingspolitik von EU, Bund und Land wird.

Anrede,

wir brauchen jetzt und in Zukunft in Niedersachsen dauerhaft tragfähige Strukturen für die Flüchtlingsaufnahme, nicht nur im Katastrophenschutz, sondern auch bei der Migrationsberatung vor Ort und z.B. beim Netzwerk für Traumatisierte Flüchtlinge in Niedersachsen für die psychosoziale Betreuung. Bei den Geflüchteten aus der Ukraine wird es zwar gerade besonders deutlich, aber auch generell gilt: Circa 50 Prozent der Geflüchteten kommen traumatisiert zu uns und brauchen bei ihrer Ankunft schnellstmöglich eine Diagnose und Behandlung. Deshalb ist es notwendig, die Strukturen dafür auf Dauer anzulegen und vor allem in die Fläche auszuweiten. Sonst werden sich Geflüchtete auch zukünftig vor allem in den großen Städten mit ihrer guten Beratungs- und Behandlungsinfrastruktur sammeln und diese an die Belastungsgrenzen bringen.

Anrede,

wir sehen jetzt deutlich, § 24 Aufenthaltsgesetz erleichtert das Ankommen der Geflüchteten hier sehr. Daran sollten wir uns für die Zukunft ein Beispiel nehmen.

Um alle Ebenen für die Bewältigung der aktuellen Situation zusammen zu bringen, fordern wir kurzfristig einen Flüchtlingsgipfel zwischen Bund, Land und Kommunen gemeinsam mit den Verbänden und Hilfsorganisationen. Die Kommunen tragen die Hauptlast und müssen dringend finanziell unterstützt werden. Hier sind Land und Bund in der Pflicht und müssen schnell handeln!

Anrede,

Probleme scheint es unter anderem auch bei der Registrierung zu geben. Im Innenausschuss z.B. berichtete die Landesregierung, dass es letzte Woche im Laatzener Verteilzentrum noch keinerlei Registrierung des Landes gab. Die Kommunen brauchen auch hier Unterstützung bei der Registrierung. So könnte das Land z.B. zentral Software bereitstellen, um örtliche Meldeportale für die Anmeldung zur Registrierung aufzubauen.

Die vielen ehrenamtlich in der Betreuung und Beratung Engagierten brauchen jetzt auch finanzielle Unterstützung. Dass die Mittel 2020 von SPD und CDU auf null gesetzt wurden, war ein Fehler, den es jetzt schleunigst zu beheben gilt. Unabhängig von schwankenden Geflüchtetenzahlen muss dieses Engagement dauerhaft unterstützt werden, um Strukturen für Betreuung und Integration dauerhaft zu sichern.

Das Asylbewerberleistungssystem ist in seinem Umfang schon grundsätzlich völlig unzureichend. Die jetzt aus der Ukraine Geflüchteten werden allerdings für die Gesamtzeit ihres Aufenthalts in diesem System verbleiben, möglicherweise bis zu 3 Jahre. Deshalb ist es umso dringlicher, Geflüchteten aus der Ukraine Zugang zu den Leistungen des Sozialgesetzbuches zu verschaffen.

Kindertagesstätten, Schulen und auch die offene Jugendarbeit müssen auf die Aufnahme und Betreuung geflüchteter Kinder und Jugendlicher vorbereitet werden, Lehrkräfte brauchen Entlastung, z.B. durch den flexiblen Einsatz muttersprachlicher Quereinsteiger*innen. Hier teilen wir die Zielrichtung des FDP-Antrages unter TOP 4. Die GEW hat mit ihrer Pressemitteilung vom 18.3. im übrigen vollkommen Recht: „Die Sparpolitik der Vergangenheit rächt sich jetzt erneut! Die Bildungs-Etats müssen dauerhaft aufgestockt werden, um die Defizite der Vergangenheit abzubauen und krisenfest zu machen.“ Seit Jahren sind die Defizite in der Schulpolitik eklatant. Und jetzt bleibt unklar, wer die zusätzlichen Stunden, den Sprachunterricht oder die psychologische Betreuung übernehmen kann. Hier besteht erheblicher und schneller Handlungsbedarf.

Zurück zum Pressearchiv