Gesetzentwurf zur Anerkennung weiterer Opfergruppen der Nationalsozialistischen Gewaltherrschaft sowie zur Streichung des Begriffes "Rasse"

Der Landtag wolle das folgende Gesetz beschließen:

Gesetz

Zur Anerkennung weiterer Opfergruppen der Nationalsozialistischen Gewaltherrschaft sowie zur Streichung des Begriffes „Rasse“

Artikel 1

Änderung des Gesetzes über Gewährung von Sonderhilfe für Verfolgte der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft (Personenschaden) vom 22. September 1948 in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Mai 1952 (Nds. GVBl. S. 30)

  § 1 Abs. 1 erhält folgende Fassung:

 (1) Nach den Vorschriften dieses Gesetzes erhält Sonderhilfe, wer unter nationalsozialistischer Herrschaft seit dem 30. Januar 1933 wegen seiner politischen Überzeugung oder aus Gründen des Glaubens, der Weltanschauung, der sexuellen Identität oder aus rassistischen Gründen oder  als so genannter „Asozialer“ oder so genannter „Berufsverbrecher“ verfolgt oder unterdrückt wurde und hierdurch Schaden an Leib und Leben (Personenschaden) erlitten hat.

(2) Sonderhilfe kann nicht beanspruchen, wer wegen nationalsozialistischer Betätigung einer Sonderhilfe unwürdig erscheint.

 Artikel 2

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.

 Begründung

In der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland waren lange Zeit solche Personen von jeglicher Entschädigung für erlittenes Nationalsozialistisches Unrecht ausgeschlossen, die vom NS-Regime als „Asoziale“ oder „Berufsverbrecher“ bezeichnet worden wird. Diese Opfergruppe erhielt trotz erlittener Gefangenschaft in Konzentrationslagern keinerlei finanzielle Entschädigung oder Unterstützung. Nunmehr hat der Deutsche Bundestag am 13.02.2020 (Beschlussempfehlung, Deutscher Bundestag Drs. 19/1682619. 28.01.2020) klar erklärt, dass niemand zurecht in einem Konzentrationslager gefangen gehalten wurde. Auch vom NS-Regime so bezeichnete „Asoziale“ und „Berufsverbrecher“ gehören zu den Opfern dieses Regimes. Auch der Niedersächsische Gesetzgeber sollte diesen Schritt vollziehen und den Ausschluss dieser Gruppe von Entschädigungs- und Unterstützungsleistungen beenden. Deshalb sollen nach diesem Gesetz lediglich solche Personen von Entschädigungsleistungen ausgeschlossen bleiben, die sich selbst nationalsozialistisch betätigt haben.

Auch Homosexuelle und Transsexuelle Männer und Frauen wurden vom NS-Regime verfolgt. Diese fanden bislang im Gesetzestext keine Erwähnung. Mit diesem Gesetzesentwurf sollen sie nunmehr auch ausdrücklich erwähnt werden und Zugang zu materiellen Entschädigungsleistungen erhalten.

Es gibt keine verschiedenen menschlichen „Rassen“. Die Rassetheorien der vergangenen Jahrhunderte dienten letztlich dem NS-Regime als Grundlage und Rechtfertigung für die versuchte Vernichtung der europäischen Jüdinnen und Juden, der Sinti und Roma und der Unterdrückung und Entrechtung von Menschen mit schwarzer Hautfarbe. Der Begriff der „Rasse“ sollte deshalb in Gesetzestexten keine Erwähnung mehr finden. Stattdessen ist der Begriff „rassistisch“ zu verwenden, weil dieser die Ideologie und Geisteshaltung des NS-Regimes beschreibt, mit der dieses seine verbrecherischen und abscheulichen Taten begründete.  

Zu Artikel 2 (Inkrafttreten):

Der Artikel regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.

I. Auswirkungen auf die Umwelt, den ländlichen Raum und die Landesentwicklung

Der Gesetzentwurf hat keine Auswirkungen auf die Umwelt, den ländlichen Raum und die Landes-entwicklung.

II. Auswirkungen auf Menschen mit Behinderungen, die Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Männern und auf Familien

Die Neuregelung hat keine spezifischen Auswirkungen auf Menschen mit Behinderungen, auf die Gleichstellung von Frauen und Männern und auf Familien.

V. Voraussichtliche Kosten und haushaltsmäßige Auswirkungen

Kosten und haushaltsmäßige Auswirkungen sind nicht zu erwarten. Zwar erweitert das Gesetz de jure den Kreis von Anspruchsberechtigten für Entschädigungszahlungen. De facto dürften diese jedoch alle bereits verstorben sein. Außerdem wird das Gesetz soweit ersichtlich nicht mehr angewandt, weil es durch Entschädigungszahlungen aus anderen Quellen überlagert wird.

 

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