Gesetzentwurf zur Änderung des Niedersächsischen Nichtraucherschutzgesetzes
Der Landtag wolle das folgende Gesetz beschließen:
Gesetz
zur Änderung des Niedersächsischen Nichtraucherschutzgesetzes
Artikel 1
Das Niedersächsische Nichtraucherschutzgesetz vom 12. Juli 2007 (Nds. GVBl. 2007, S. 337) zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 26. Januar 2022 (Nds. GVBl. 2022, S. 36) wird wie folgt geändert:
- In § 1 Absatz 1 Satz 1 werden nach dem Wort „Rauchen“ die Worte „von Tabak- und Cannabisprodukten, einschließlich der Benutzung von elektronischen Zigaretten und erhitzten Tabakerzeugnissen sowie von Geräten zur Verdampfung von Tabak- und Cannabisprodukten,“ eingefügt.
- § 2 Abs. 1 wird wie folgt geändert:
- In Nr. 1 werden nach den Worten „der Polizei“ die Worte „sowie Vorführzellen der Gerichte, jedoch jeweils beschränkt auf den Konsum von Tabakerzeugnissen“ eingefügt.
- In Nr. 2 werden nach dem Komma am Ende die Worte „jedoch beschränkt auf den Konsum von Tabakerzeugnissen,“ angefügt.
Artikel 2
Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.
Begründung
- Allgemeiner Teil
- Anlass, Ziele und Schwerpunkte des Entwurfs:
Mit der Änderung des Niedersächsischen Nichtraucherschutzgesetzes werden die Nichtraucherschutzregelungen des Niedersächsischen Nichtraucherschutzgesetzes zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauches auf elektronische Zigaretten, erhitzte Tabakerzeugnisse und Geräte zur Verdampfung von Tabak- und Cannabisprodukten erweitert. - Wesentliche Ergebnisse der Gesetzesfolgenabschätzung:
Mit der Gesetzesänderung wird der Schutz der Bevölkerung vor Gesundheitsgefahren durch Cannabisprodukte, einschließlich der Benutzung von elektronischen Zigaretten und erhitzten Tabakerzeugnissen sowie von Geräten zur Verdampfung von Tabak- und Cannabisprodukten gewährleistet. Haushaltsmäßige Auswirkungen sind nicht zu erwarten. - Auswirkungen auf die Umwelt, insbesondere auf das Klima und auf die Anpassung an die Folgen des Klimawandels, den ländlichen Raum und die Landesentwicklung, auf den Mittelstand, auf Menschen mit Behinderungen, auf Familien, die Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Männern sowie auf die Digitalisierung (Digitalcheck) sind nicht zu erwarten.
- Voraussichtliche Kosten und haushaltsmäßige Auswirkungen des Entwurfs:
Kosten und Mindereinnahmen sind für das Land, für die Gemeinden, für die Landkreise und für betroffene andere Träger öffentlicher Verwaltung in absehbarer Zeit nicht zu erwarten.
- Besonderer Teil
Zu Artikel 1 (Änderung des Niedersächsischen Nichtraucherschutzgesetzes):
Zu Nummer 1
Mit der Änderung des Niedersächsischen Nichtraucherschutzgesetzes werden die Nichtraucherschutzregelungen des Niedersächsischen Nichtraucherschutzgesetzes zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauches auf elektronische Zigaretten, erhitzte Tabakerzeugnisse und Geräte zur Verdampfung von Tabak- und Cannabisprodukten erweitert.
Mit der Änderung des Niedersächsischen Nichtraucherschutzgesetzes wird der Konsum der o. g. Produkte in u. a. Krankenhäusern, Heimen, Schulen und Gaststätten verboten.
Durch die Vornahme dieser Regelung wird der Konsum der o.g. Produkte gem. § 2 Absatz 1 Niedersächsisches Nichtraucherschutzgesetz (Ausnahmen vom Rauchverbot) u. a. in Räumen von Heimen und Einrichtungen der palliativen Versorgung zur privaten Nutzung und sog. Nebenräumen im Sinne des § 2 Absatz 1 Nr. 6 (u. a. Landesbehörden, Heimen, Hochschulen, Museen, Flughäfen) sowie Absatz 2 der Vorschrift (sog. Raucherraum) und auch in sog. „Einraumkneipen“ gemäß Absatz 3 der Vorschrift weiterhin rechtlich möglich sein. Eine individuelle Regelung erfolgt dann per Hausrecht.
Die bei Inkrafttreten des Konsumcannabisgesetzes am häufigsten angewandte Form des Cannabiskonsums in Deutschland ist das Rauchen – allein oder in Kombination mit Tabak. Deutlich seltener wird Cannabis mittels spezieller Geräte (z. B. Vaporizer, Wasserpfeifen oder elektronischer Zigaretten) als Dampf inhaliert. Bei beiden Konsumformen werden entweder Rauch oder Aerosole in die Raumluft abgegeben und können dort zu nicht intendiertem Einatmen durch Dritte führen.
Die Risiken des Passivrauchens von Tabak sind wissenschaftlich umfänglich belegt. Bekannt ist, dass viele der in Tabakrauch enthaltenen toxischen und krebserregenden Substanzen auch im Cannabisrauch vorhanden sind (National Center for Complementary and Integrative Health 2019). Im Sinne eines vorbeugenden Gesundheitsschutzes ist es deshalb notwendig, das Rauchen und Verdampfen von Cannabis in die bestehenden gesetzlichen Regelungen zum Nichtraucherschutz zu inkludieren.
Das Rauch- und Verdampfverbot für Cannabis erstreckt sich auf den Konsum von Cannabis sowohl zu nicht-medizinischen als auch zu medizinischen Zwecken sowie auf sämtliche dafür in Frage kommenden Geräte.
Die zunehmende Etablierung neuartiger Produktgruppen wie elektronische Zigaretten und erhitzter Tabakerzeugnisse auf dem Markt erfordert eine Anpassung und Konkretisierung der bisherigen gesetzlichen Regelung, um dem Gesundheitsschutz ausreichend Rechnung zu tragen und Rechtssicherheit zu schaffen. Das Rauchverbot bezweckt primär den Schutz der Bevölkerung vor Gesundheitsgefahren, wobei dem Gesetzgeber bei der Verhütung von Gefahren für die Allgemeinheit ein weiterer Prognose- und Einschätzungsspielraum zukommt.
Die Erweiterung der gesetzlichen Rauchverbotsregelung auf elektronische Zigaretten, erhitzte Tabakerzeugnisse und Geräte zur Verdampfung von Tabak- und Cannabisprodukten rechtfertigt sich dadurch, dass der durch die Benutzung dieser Produkte in die Raumluft abgegebene Dampf nach derzeitiger Studienlage als potentiell gesundheitsschädlich zu bewerten ist. Die Schadstoffbelastung kann insbesondere für sensible Bevölkerungsgruppen wie Kinder, Schwangere sowie alte oder chronisch kranke Menschen eine Gesundheitsgefahr bedeuten. Der Schutz vor den Gesundheitsgefahren des Passivrauchens rechtfertigt somit den mit dem Rauchverbot verbundenen Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit gemäß Artikel 2 Absatz 1 Grundgesetz, unabhängig ob Tabak- oder Cannabiserzeugnisse geraucht oder verdampft werden.
Die Erweiterung der gesetzlichen Rauchverbotsregelung auf elektronische Zigaretten, erhitzte Tabakerzeugnisse und Geräte zur Verdampfung von Tabak- und Cannabisprodukten rechtfertigt sich zudem dadurch, dass Cannabis in ähnlicher Weise wie andere Rauchprodukte (in Form einer Zigarette, elektronischen Zigarette oder anderer Form) konsumiert werden kann und daher rein äußerlich keine eindeutige Abgrenzbarkeit zwischen den konsumierten Rauchprodukten möglich ist. Das Rauchverbot erstreckt sich auf die Benutzung von elektronischen Zigaretten und erhitzten Tabakerzeugnissen und Geräten zur Verdampfung von Tabak- und Cannabisprodukten, unabhängig von deren Modell oder Typ sowie deren Nikotin- bzw. Tabakgehalt.
Die große Produktvielfalt und schnelle Weiterentwicklung der neuartigen Produkte erschweren zudem die abschließenden Einschätzungen. Im Sinne eines vorbeugenden Gesundheitsschutzes befürworten das Bundesinstitut für Risikobewertung und das Deutsche Krebsforschungszentrum ein Konsumverbot in Innenräumen und Nichtraucherbereichen. Durch einen fortgesetzten Konsum von elektronischen Zigaretten, erhitzten Tabakerzeugnissen und Geräten zur Verdampfung von Tabak- und Cannabisprodukten in Nichtraucherbereichen wird der durch die Nichtraucherschutzgesetzgebung vollzogene Paradigmenwechsel hin zum Nichtrauchen als Normalität zunehmend in Frage gestellt.
Zu Nummer 2
Mit der Änderung des Niedersächsischen Nichtraucherschutzgesetzes wird der Konsum der o. g. Produkte gem. § 2 Absatz 1 Niedersächsisches Nichtraucherschutzgesetz (Ausnahmen vom Rauchverbot) in Haft- und Vernehmungsräumen der JVA und der Polizei sowie Vorführzellen der Gerichte und Patientenzimmern von Einrichtungen, in denen Personen aufgrund gerichtlicher Entscheidung untergebracht werden, verboten.
Die freiheitsentziehende Maßregel nach den §§ 63 und 64 StGB wird vom Strafgericht angeordnet, wenn eine Person eine erhebliche Straftat im Zustand der krankheitsbedingten Schuldunfähigkeit bzw. verminderten Schuldfähigkeit oder als Folge einer Suchtmittelabhängigkeit begangen hat und davon ausgegangen werden muss, dass weiterhin eine Gefahr für die Allgemeinheit besteht. Bei einer nach § 64 StGB untergebrachten Person ist eine Heilung von dem Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, anzustreben oder - wenn dies nicht möglich ist - vor dem Rückfall zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen. Die Abstinenz auch von legalen Suchtmitteln, die geeignet sind, die Ziele der Unterbringung zu gefährden, ist unabdingbar, um einen Behandlungserfolg und damit einhergehend die Reduzierung der Gefährlichkeit zu erreichen. Die Gestattung des Konsums von Cannabis in den Zimmern der untergebrachten Personen würde die Ziele der Unterbringung erheblich gefährden. Der Konsum ist -anders als bei reinen Tabakprodukten- geeignet, die Tagesstruktur wesentlich negativ zu beeinflussen, er kann Psychosen hervorrufen und dazu führen, dass die Steuerungsfähigkeit zum Teil erheblich eingeschränkt wird. Aufgrund der durch die Verurteilung nachgewiesenen Gefährlichkeit der in Unterbringung befindlichen Personen ist eine Ungleichbehandlung mit in Freiheit befindlichen Personen angemessen und geboten.
Die für den Maßregelvollzug in § 2 Abs. 1 Nr. 2 Nds. NiRSG vorgesehene Beschränkung der Ausnahme auf den Konsum von Tabakerzeugnissen wird auch in § 2 Abs. 1 Nr. 1 Nds. NiRSG für den Justizvollzug übernommen.
Die in den Nummern 1 und 2 (Justiz- und Maßregelvollzug) geregelten Ausnahmen gehören in einen gemeinsamen Sinn- und Sachzusammenhang. Die Ausnahmeregelung ist daher für beide Tatbestände identisch. Es wird insofern auf die Begründung des Niedersächsischen Gesetzes zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens vom 24. April 2007 hingewiesen, wonach die in den Nummern 1 und 2 (Justiz und Maßregelvollzug) geregelten Ausnahmen in einen gemeinsamen Sinn- und Sachzusammenhang gehören und die Ausnahmeregelung daher für beide Tatbestände identisch ist (LT-Drs. 15/3765, S. 12). Dieser Grundsatz ist zu wahren.
Zur Schaffung von Rechtssicherheit ist es erforderlich, die Vorführzellen in den Gerichten entsprechend der vielerorts gelebten Praxis in die Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 1 Nr. 1 Nds. NiRSG aufzunehmen und zugleich die Beschränkung der Ausnahme auf den Konsum von Tabakerzeugnissen zu übernehmen.
Zu Artikel 2 (Inkrafttreten):
Artikel 2 bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes.