Gesetzentwurf: Gesetz zur Nutzung erneuerbarer Wärmeenergie in Niedersachsen

Hinweis: Wir empfehlen die PDF-Version zur besseren Lesbarkeit. Mitte Oktober erscheint voraussichtlich die offizielle Landtagsdrucksache.

Der Landtag wolle das folgende Gesetz beschließen:

 Gesetz zur Nutzung erneuerbarer Wärmeenergie in Niedersachsen

(Erneuerbare-Wärme-Gesetz Niedersachsen– NEWärmeG)      

 

Teil 1

Allgemeine Vorschriften

§ 1

Zweck des Gesetzes

Zweck dieses Gesetzes ist es, im Interesse des Klima- und Umweltschutzes den Einsatz von erneuerbaren Energien zu Zwecken der Wärmeversorgung bei Gebäuden und die effiziente Nutzung der Energie in Niedersachsen zu steigern, die hierfür notwendigen Technologien weiter auszubauen und dadurch die Nachhaltigkeit der Energieversorgung im Wärmebereich zu verbessern. Das Gesetz soll dazu beitragen, die Gesamtsumme der Treibhausgasemissionen in Niedersachsen im Vergleich zu den Gesamtemissionen des Jahres 1990 bis zum Jahr 2030 um mindestens 70 Prozent und bis zum Jahr 2040 um 100 Prozent zu verringern.

§ 2

Geltungsbereich

(1) Dieses Gesetz gilt für alle am 1. Januar 2009 bereits errichteten Gebäude, soweit sie unter Einsatz von Energie beheizt werden.

(2) Dieses Gesetz gilt nicht für

1.      Wohngebäude mit einer Wohnfläche von weniger als 50 Quadratmetern,

2.      Nichtwohngebäude mit weniger als 50 Quadratmetern Nettogrundfläche,

3.      Betriebsgebäude, soweit sie nach ihrem Verwendungszweck großflächig und langanhaltend offengehalten werden müssen,

4.      unterirdische Bauten,

5.      Unterglasanlagen und Kulturräume für Aufzucht, Vermehrung und Verkauf von Pflanzen,

6.      Traglufthallen und Zelte,

7.      Gebäude, die dazu bestimmt sind, wiederholt aufgestellt und zerlegt zu werden, und provisorische Gebäude mit einer geplanten Nutzungsdauer von bis zu zwei Jahren,

8.      Gebäude, die dem Gottesdienst oder anderen religiösen Zwecken gewidmet sind,

9.      Wohngebäude, die

a)      für eine Nutzungsdauer von weniger als vier Monaten jährlich bestimmt sind, oder

b)      für eine begrenzte jährliche Nutzungsdauer bestimmt sind, wenn der zu erwartende Energiever­brauch der Wohngebäude weniger als 25 Prozent des zu erwartenden Energieverbrauchs bei ganzjähriger Nutzung beträgt,

10.   sonstige Betriebsgebäude, die nach ihrer Zweckbestimmung auf eine Innentemperatur von weniger als 12 Grad Celsius oder jährlich weniger als vier Monate beheizt werden,

11.   Gebäude, die Teil oder Nebeneinrichtung einer Anlage sind, die vom Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes vom 21. Juli 2011 (BGBl. I S. 1475) in der jeweils geltenden Fassung erfasst ist,

12.   gewerbliche und industrielle Hallen, bei denen der überwiegende Teil der Nettogrundfläche der Fertigung, Produktion, Montage und Lagerung dient, und

13.   von § 2 Absatz 2 Nummer 5 des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes vom 7. August 2008 (BGBl. I S. 1658), zuletzt geändert durch Artikel 14 des Gesetzes vom 21. Juli 2014 (BGBl. I S. 1066), in der jeweils geltenden Fassung erfasste öffentliche Gebäude des Bundes.

§ 3

Begriffsbestimmungen

Für dieses Gesetz gelten folgende Begriffsbestimmungen:

1.      Heizanlage ist eine Anlage zur zentralen Erzeugung überwiegend von Raumwärme oder Raumwärme und Warmwasser. Als Heizanlagen gelten nicht

a)      Anlagen, die Wärme für ein Wärmenetz im Sinne von Nummer 5 erzeugen, oder

b)      Anlagen mit einer Wärmeleistung über 1500 kW zur leitungsgebundenen Versorgung mit Wärme mehrerer Gebäude, deren Eigentümer und Betrei­ber identisch ist mit dem Eigentümer der damit versorgten Gebäude.

2.      Der Austausch einer Heizanlage liegt vor, wenn der Kessel oder ein anderer zentraler Wärmeerzeuger ausgetauscht wird. Als Austausch gilt auch, wenn die Heizanlage durch den Anschluss an ein Wärmenetz im Sinne von Nummer 5 ersetzt wird. Bei Heizanlagen mit mehreren Wärmeerzeugern liegt ein Austausch vor, sobald der erste Kessel oder Wärmeerzeuger getauscht wird.

3.      Ein nachträglicher Einbau einer Heizanlage liegt vor, wenn in ein bisher nicht zentral beheiztes Gebäude eine Heizungsanlage eingebaut wird.

4.      Wärmeenergiebedarf ist die Summe der zur Deckung des Wärmebedarfs für Heizung und Warmwasserbereitung jährlich benötigten Wärmemenge einschließlich des thermischen Aufwands für Übergabe, Verteilung und Speicherung. Die Bestimmung des Wärmeenergiebedarfs erfolgt entweder durch

a)      die Berechnung nach den technischen Regeln, die in den Anlagen 1 und 2 der Energieeinsparverordnung vom 24. Juli 2007 (BGBl. I S. 1519), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 18. November 2013 (BGBl. I S. 3951) in der jeweils geltenden Fassung zugrunde gelegt werden; sofern diese Anlagen keine technischen Regeln für die Berechnung bestimmter Anteile des Wärmeenergiebedarfs enthalten, wird der Wärmeenergiebedarf nach den anerkannten Regeln der Technik berechnet, oder

b)      die nach anerkannten Regeln der Technik vorgenommene Messung der von der bisherigen Wärmeerzeugungsanlage abgegebene Wärmemenge, wobei sicherzustellen ist, dass die abgegebene Wärmemenge vollständig und direkt an der Wärmeerzeugungsanlage erfasst wird, oder

c)      die Multiplikation des Endenergieverbrauchs der bisherigen Wärmeerzeugungsanlage mit einem Referenznutzungsgrad von 0,85 bei Ölkesseln und 0,9 bei Gaskesseln, sofern die Anlage den gesamten Wärmeenergiebedarf deckt. Liegt ein gültiger Energieverbrauchsausweis vor, kann auf die darin enthaltenen Daten zurückgegriffen werden.

In den Fällen der Buchstaben b und c sind die Regelungen des § 19 Absatz 3 der Energieeinsparverordnung in der jeweils geltenden Fassung sinngemäß anzuwenden.

5.      Wärmenetze sind Einrichtungen zur leitungsgebundenen Versorgung mit Wärme, die eine horizontale Ausdehnung über die Grundstücksgrenze des Standorts der einspeisenden Anlage hinaus haben und an die als öffentliches Netz eine unbestimmte Anzahl von Abnehmenden angeschlossen werden kann. An das Wärmenetz muss mindestens ein Abnehmender angeschlossen sein, der nicht gleichzeitig Eigentümer oder Betreiber der in das Wärmenetz einspeisenden Anlage ist.

6.      Wohngebäude sind Gebäude, die nach ihrer Zweckbestimmung mindestens zur Hälfte dem Wohnen dienen, einschließlich Wohn-, Alten- und Pflegeheimen sowie ähnlichen Einrichtungen, die zum dauerhaften Wohnen bestimmt sind.

7.      Nichtwohngebäude sind Gebäude, die nicht unter Nummer 6 fallen.

8.      Wohnfläche ist die nach der Wohnflächenverordnung oder auf der Grundlage anderer Rechtsvorschriften oder anerkannten Regeln der Technik zur Berechnung von Wohnflächen ermittelte Fläche. Eine Beschränkung auf die beheizbare Fläche ist zulässig.

9.      Nettogrundfläche ist die Nettogrundfläche nach anerkannten Regeln der Technik, die beheizt wird.

10.   Biomasse im Sinne dieses Gesetzes ist

a)      Biomasse im Sinne der Biomasseverordnung vom 21. Juni 2001 (BGBl. I S. 1234), zuletzt geändert durch Artikel 12 des Gesetzes vom 21. Juli 2014 (BGBl. I S. 1066, 1126) in der jeweils geltenden Fassung,

b)      biologisch abbaubare Anteile von Abfällen aus Haushalten und Industrie,

c)      Deponiegas,

d)      Klärgas,

e)      Klärschlamm im Sinne der Klärschlammverordnung vom 15. April 1992 (BGBl. I S. 912), zuletzt geändert durch Artikel 5 Absatz 12 des Gesetzes vom 24. Februar 2012 (BGBl. I S. 212, 249) in der jeweils geltenden Fassung und

f)       Pflanzenölmethylester.

11.   Sachkundige sind

a)      die nach Bundes- oder Landesrecht zur Ausstellung von Energieausweisen Berechtigten,

b)      Personen, die für ein zulassungspflichtiges Bau-, Ausbau- oder anlagentechnisches Gewerbe oder für das Schornsteinfegerwesen die Voraussetzungen zur Eintragung in die Handwerksrolle erfüllen, sowie Handwerksmeister der zulassungsfreien Handwerke dieser Bereiche und Personen, die aufgrund ihrer Ausbildung oder ihres beruflichen Werdegangs berechtigt sind, ein solches Handwerk ohne Meistertitel selbstständig auszuüben.

12.   Ein Gebäudekomplex besteht aus mehreren Einzelgebäuden, die in räumlichem Zusammenhang stehen und eine gemeinsame Eigentümerin oder einen gemeinsamen Eigentümer haben.

13.   Verpflichtete sind alle Personen, die zu Maßnahmen nach § 4 Absatz 1 und 3 verpflichtet sind.

§ 4

Ausstieg aus fossilen Heizanlagen

(1) Eine Heizanlage, die ausschließlich fossile Brennstoffe nutzt, ist spätestens nach einer Nutzungsdauer von 15 Jahren auszutauschen.

(2) Der Einbau und Betrieb von neuen Ölheizungen ist ab dem 1.1.2020 nicht mehr zulässig.

 

(3) Der Einbau und Betrieb von neuen Heizungen auf Basis fossiler Energien ist ab dem 1.1.2030 nicht mehr zulässig.

§ 5

Nutzungspflicht Erneuerbarer Wärme

(1) Beim Austausch oder dem nachträglichen Einbau einer Heizanlage sind die Eigentümerinnen und Eigentümer der versorgten Gebäude verpflichtet, mindestens 25 Prozent des jährlichen Wärmeenergiebedarfs durch erneuerbare Energien zu decken oder den Wärmeenergiebedarf um mindestens 25 Prozent zu reduzieren. Ab 2025 müssen mindestens 50 Prozent des jährlichen Wärmeenergiebedarfs durch erneuerbare Energien gedeckt oder den Wärmeenergiebedarf um mindestens 50 Prozent reduziert werden. Ab 2030 ist der Einbau und Betrieb von neuen Heizungen nur noch auf Basis zu 100 Prozent erneuerbarer Energien zulässig.

(2) Die Verpflichtung ist spätestens innerhalb von 18 Monaten nach Inbetriebnahme der neuen Heizanlage zu erfüllen und der zuständigen Behörde nachzuweisen.

(3) Geht das Eigentum an dem Gebäude auf neue Eigentümerinnen oder Eigentümer über, bevor die Nutzungspflicht nach den Absätzen 1-4 erfüllt ist, geht auch diese über.

§ 6

Zur Erfüllung der Nutzungspflicht anerkannte erneuerbare Energien

(1) Als erneuerbare Energien werden anerkannt solare Strahlungsenergie, Geothermie, Umweltwärme, feste, flüssige und gasförmige Biomasse, welche ohne vorangegangene Umwandlung in elektrische Energie für Zwecke der Wärmenutzung verwendet werden.

(2) Die Nutzung von Umweltwärme einschließlich Abwärme durch Wärmepumpen wird als Nutzung erneuerbarer Energien anerkannt, wenn

1.      bei elektrisch angetriebenen Wärmepumpen eine Jahresarbeitszahl von mindestens 3,50,

2.      bei mit Brennstoffen betriebenen Wärmepumpen eine Jahresheizzahl von mindestens 1,20

erreicht wird, wobei in die Wärmepumpe integrierte Ergänzungsheizungen mit in die Jahresarbeits- oder Jahresheizzahl einzuberechnen sind. Die Deckung des gesamten Wärmeenergiebedarfs mit einer Wärmepumpe nach Satz 1 gilt als vollständige Erfüllung der Nutzungspflicht nach § 4 Absatz 1. Die Ermittlung der Jahresarbeitszahl und Jahresheizzahl richtet sich nach den Vorschriften der VDI 4650** oder gleichwertigen anerkannten Regeln der Technik.

(3) Der Einsatz von gasförmiger Biomasse, die auf Erdgasqualität aufbereitet und eingespeist worden ist (Biomethan) wird als Erfüllung der Nutzungspflicht zu maximal zwei Dritteln anerkannt, wenn in Gebäuden mit einer Heizanlage, deren thermische Leistung bis zu 50 kW beträgt, Erdgas mit einem anrechenbaren Biomethananteil von bis zu 10 Prozent zur vollständigen Deckung des Wärmeenergiebedarfs verwendet wird und die Nutzung in einem Heizkessel erfolgt, der der besten verfügbaren Technik entspricht. Aus einem Gasnetz entnommenes Gas gilt als Biomethan, soweit die Menge des entnommenen Biomethans im Wärmeäquivalent der Menge von Gas aus Biomasse über einen Bilanzzeitraum von einem Jahr entspricht, das an anderer Stelle in das Gasnetz eingespeist worden ist und wenn für den gesamten Transport und Vertrieb des Biomethans von seiner Herstellung, seiner Einspeisung in das Erdgasnetz und seinem Transport im Erdgasnetz bis zu seiner Entnahme aus dem Erdgasnetz Massenbilanzsysteme verwendet worden sind. Bei der Aufbereitung und Einspeisung des Biomethans müssen die Voraussetzungen nach Nummer 1 Buchstabe a bis c der Anlage 1 zum Erneuerbare-Energien-Gesetz vom 25. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2074) in der am 31. Juli 2014 geltenden Fassung eingehalten werden.

(4) Die Nutzung von Einzelraumfeuerungsanlagen wird in Wohngebäuden nur dann als Nutzung erneuerbarer Energien anerkannt, wenn

1.       ein Kamineinsatz oder ein Heizeinsatz für Kachel-oder Putzöfen mit einem Mindestwirkungsgrad von 80 Prozent, in dem ausschließlich naturbelassenes stückiges Holz eingesetzt wird, oder

2.       ein Grundofen, in dem ausschließlich naturbelassenes stückiges Holz eingesetzt wird, oder

3.       ein Ofen entsprechend DIN EN 14785: 2006-09**, einschließlich Berichtigung 1: 2007-10, zur Verfeuerung von Holzpellets mit einem Mindestwirkungsgrad von 90 Prozent

zum Einsatz kommt. Die Einzelraumfeuerungsanlage muss mindestens 30 Prozent der Wohnfläche überwiegend beheizen oder mit einem Wasserwärmeübertrager ausgestattet sein. Eine Einzelraumfeuerungsanlage nach Nummer 1 bis 3, die bis zum 30. Juni 2015 in Betrieb genommen wurde und mindestens 25 Prozent der Wohnfläche überwiegend beheizt, gilt in Wohngebäuden als Erfüllung der Nutzungspflicht zu zwei Dritteln.

Teil 2

Wohngebäude

§ 7

Anerkennung und Berechnung bei Wohngebäuden

(1) Die anteilige Nutzung erneuerbarer Energien nach § 5 kann bei Wohngebäuden im Einzelfall berechnet oder bei Solarthermie auch nach § 7 pauschaliert werden. Die Erfüllung durch Energieeinsparmaßnahmen durch baulichen Wärmeschutz ist nur nach Maßgabe des § 8 möglich. Die Erfüllung durch die Ersatzmaßnahmen Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), Anschluss an ein Wärmenetz oder Photovoltaik ist gemäß § 10 möglich.

(2) Die Nutzungspflicht nach § 4 Absatz 1 kann auch durch das Erstellen eines gebäudeindividuellen energetischen Sanierungsfahrplans gemäß § 9 anteilig erfüllt werden.

(3) Die Kombination verschiedener Erfüllungsoptionen untereinander und mit Energieeinsparmaßnahmen durch baulichen Wärmeschutz ist nur gemäß § 11 möglich.

§ 8

Pauschalierte Erfüllung bei Solarthermie

Wenn keine Berechnung im Einzelfall erfolgt, gilt die Pflicht nach § 4 Absatz 1 bei der Nutzung von solarer Strahlungsenergie durch verglaste Flachkollektoren oder Röhrenkollektoren als erfüllt, wenn

1.      bei Wohngebäuden mit höchstens zwei Wohneinheiten solarthermische Anlagen mit einer Fläche von mindestens 0,07 Quadratmetern Aperturfläche je Quadratmeter Wohnfläche und

2.      bei Wohngebäuden mit mehr als zwei Wohneinheiten solarthermische Anlagen mit einer Fläche von mindestens 0,06 Quadratmetern Aperturfläche je Quadratmeter Wohnfläche

genutzt werden. Beim Einsatz von Vakuumröhrenkollektoren verringert sich die Mindestfläche um 20 Prozent.

§ 9

Energieeinsparmaßnahmen durch baulichen Wärmeschutz

(1) Die Nutzungspflicht nach § 4 Absatz 1 kann durch folgende Maßnahmen erfüllt werden:

1.      Dachflächen sowie Decken und Wände gegen unbeheizte Dachräume von Gebäuden mit maximal vier Vollgeschossen werden so gedämmt, dass die Anforderungen an den in Anlage 3 Tabelle 1 der Energieeinsparverordnung in der am 1. Mai 2014 geltenden Fassung, festgelegten Wärmedurchgangskoeffizienten im Durchschnitt um mindestens 20 Prozent unterschritten werden. Bei Gebäuden von fünf bis acht Vollgeschossen kann diese Maßnahme zu zwei Dritteln, bei Gebäuden mit mehr als acht Vollgeschossen zu einem Drittel angerechnet werden.

2.      Die Außenwände werden so gedämmt, dass die Anforderungen an den in Anlage 3 Tabelle 1 der Energieeinsparverordnung in der in Nummer 1 genannten Fassung festgelegten Wärmedurchgangskoeffizienten um mindestens 20 Prozent unterschritten werden.

3.      Der Transmissionswärmeverlust des Wohngebäudes wird durch eine geeignete Kombination von Maßnahmen so reduziert, dass die Anforderungen an den Transmissionswärmeverlust H'T in Anlage 1 Tabelle 2 der Energieeinsparverordnung in der in Nummer 1 genannten Fassung

a)      bei Gebäuden, für die der Bauantrag vor dem 1. November 1977 gestellt worden ist, um nicht mehr als 40 Prozent überschritten werden,

b)      bei Gebäuden, für die der Bauantrag zwischen dem 1. November 1977 und dem 31. Dezember 1994 gestellt worden ist, um nicht mehr als 10 Prozent überschritten werden,

c)      bei Gebäuden, für die zwischen dem 1. Januar 1995 und dem 31. Januar 2002 der Bauantrag gestellt oder die Bauanzeige erstattet worden ist, um mindestens 20 Prozent unterschritten werden,

d)      bei Gebäuden, für die zwischen dem 1. Februar 2002 und dem 31. Dezember 2008 der Bauantrag gestellt oder die Bauanzeige erstattet worden ist, um mindestens 30 Prozent unterschritten werden.

(2) Die Nutzungspflicht nach § 4 Absatz 1 kann bei Gebäuden mit maximal zwei Vollgeschossen zu zwei Dritteln erfüllt werden, wenn die Bauteile, die die beheizten Räume nach unten gegen unbeheizte Räume, Außenluft oder Erdreich begrenzen, so gedämmt werden, dass die Anforderungen an den in Anlage 3 Tabelle 1 festgehaltenen Wärmedurchgangskoeffizienten der Energieeinsparverordnung in der in Absatz 1 Nummer 1 genannten Fassung um mindestens 20 Prozent unterschritten werden. Bei Gebäuden mit bis zu vier Vollgeschossen kann die Nutzungspflicht dadurch zu einem Drittel erfüllt werden

§ 10

Gebäudeindividueller energetischer Sanierungsfahrplan

(1) Die Nutzungspflicht nach § 4 Absatz 1 kann in Kombination nach § 11 mit anderen Maßnahmen zu einem Drittel auch dadurch erfüllt werden, dass die Verpflichteten einen gebäudeindividuellen energetischen Sanierungsfahrplan (Sanierungsfahrplan) vorlegen.

(2) Ein Sanierungsfahrplan enthält ausgehend vom Ist- Zustand des Gebäudes Empfehlungen für Maßnahmen am Gebäude, die sich am langfristigen Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestands im Jahr 2040 orientieren und schrittweise oder in einem Zug durchgeführt werden können. Die Maßnahmenempfehlungen berücksichtigen die gebäudeindividuellen Gegebenheiten, insbesondere die geschätzten zu erwartenden Kosten der Maßnahmen und Energiekosteneinsparungen, die öffentlichen Fördermöglichkeiten, bautechnische, bauphysikalische und anlagentechnische Aspekte sowie baukulturelle und städtebauliche Vorgaben.

(3) Ein bereits vor Entstehen der Nutzungspflicht nach § 4 Absatz 1 erstellter Sanierungsfahrplan wird entsprechend Absatz 1 anerkannt, wenn zwischen dem Erstellungsdatum und dem Zeitpunkt des Austauschs der Heizanlage nicht mehr als 5 Jahre liegen.

(4) Die Landesregierung kann durch Rechtsverordnung Inhalte und Voraussetzungen für die Erstellung und Anerkennung von Sanierungsfahrplänen vorgeben. Die Vorgaben können sich insbesondere beziehen auf

1.      die allgemeinen Anforderungen und langfristige Zielrichtung,

2.      Berücksichtigung von Besonderheiten bei Gebäudekomplexen,

3.      die Berechtigung zur Ausstellung von Sanierungsfahrplänen einschließlich der Anforderungen an die Qualifikation der Aussteller,

4.      Anforderungen an die Dokumentation und Darstellung der Ergebnisse,

5.      Vorgaben hinsichtlich der für die Berechnungen zugrunde zu legenden Normen,

6.      die Anerkennung von vergleichbaren Sanierungskonzepten, einschließlich solcher die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes erstellt wurden

§ 11

Ersatzmaßnahmen

(1) Die Nutzungspflicht nach § 4 Absatz 1 kann auch da­durch erfüllt werden, dass

1.      der Wärmeenergiebedarf ganz oder teilweise in Kraft-Wärme-Kopplung mit einer elektrischen Leistung bis zu 20 kW gedeckt wird und das KWK-Gerät hocheffizient im Sinne der Richtlinie 2012/27/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 zur Energieeffizienz, zur Änderung der Richtlinien 2009/125/EG und 2010/30/EU und zur Aufhebung der Richtlinien 2004/8/EG und 2006/32/EG (ABl. L 315 vom 14. 11. 2012, S. 1) ist, einen Gesamtwirkungsgrad von mindestens 80 Prozent aufweist sowie mindestens 15 kWh elektrische Nettoarbeit pro Quadratmeter Wohnfläche pro Jahr erzeugt, oder

2.      der Wärmeenergiebedarf überwiegend in Kraft-Wärme-Kopplung mit einer elektrischen Leistung über 20 kW gedeckt wird und das KWK-Gerät hocheffizient im Sinne der unter Nummer 1 genannten Richtlinie ist sowie einen Gesamtwirkungsgrad von mindestens 80 Prozent aufweist.

(2) Die Nutzungspflicht nach § 4 Absatz 1 kann auch dadurch erfüllt werden, dass der Wärmeenergiebedarf des Gebäudes durch Anschluss an ein Wärmenetz oder eine andere Einrichtung zur leitungsgebundenen Wärmeversorgung von mehreren Gebäuden gedeckt wird, deren verteilte Wärme

1.      zu mindestens 50 Prozent aus KWK-Geräten, die hocheffizient im Sinne der unter Absatz 1 Nummer 1 genannten Richtlinie sind, oder

2.      zu mindestens 50 Prozent aus Anlagen zur Nutzung von Abwärme oder

3.      zu einem Anteil von mindestens 25 Prozent aus erneuerbaren Energien oder

4.      aus einer Kombination der Anforderungen nach Nummer 1 bis 3 stammt.

(3) Die Nutzungspflicht nach § 4 Absatz 1 kann auch dadurch erfüllt werden, dass eine Anlage zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang zu dem Gebäude mit einer Nennleistung von mindestens 0,02 kWp je Quadratmeter Wohnfläche betrieben wird.

§ 12

Kombinationsmöglichkeiten

(1) Erneuerbare Energien, Energieeinsparmaßnahmen und Ersatzmaßnahmen können zur Erfüllung der Nutzungspflicht nach § 4 Absatz 1 untereinander und miteinander kombiniert werden.

(2) Erneuerbare Energien und Ersatzmaßnahmen werden entsprechend ihrem Anteil am Wärmeenergiebedarf angerechnet. Beim pauschalierten Nachweis für Solarthermie kann auch auf das Verhältnis der tatsächlichen Fläche zu der geforderten zurückgegriffen werden, bei Photovoltaik auf das Verhältnis der geforderten Leistung zu der installierten. Bei KWK-Geräten mit einer elektrischen Leistung bis zu 20 kW ist das Verhältnis der tatsächlich erzeugten jährlichen elektrischen Nettoarbeit zu der geforderten maßgeblich.

(3) Soweit nicht der gesamte Wärmeenergiebedarf eines Gebäudes durch eine Wärmepumpe nach § 5 Absatz 2 gedeckt wird, kann ein Teil der von der Wärmepumpe gelieferten Wärmemenge als erneuerbare Energie angerechnet werden. Bei einer Wärmepumpe nach § 5 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 ist dies der Teil der gelieferten Wärmemenge, der dem Verhältnis ihrer Jahresarbeitszahl abzüglich des Ausgangswerts 3,0 zu dieser Jahresarbeitszahl entspricht. Bei Wärmepumpen nach § 5 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 beträgt der Ausgangswert 1,0.

(4) Soweit bei einer zentralen Mehrkesselanlage nicht der gesamte Wärmeenergiebedarf eines Gebäudes durch feste Biomasse gedeckt wird, kann für die Erfüllung der Nutzungspflicht das prozentuale Verhältnis von Nennwärmeleistung des zur Deckung der Grundlast vorgesehenen Heizkessels für feste Biomasse und gesamter installierter Heizleistung herangezogen werden.

(5) Energieeinsparmaßnahmen durch baulichen Wärmeschutz nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 und 2 werden entsprechend dem Verhältnis der anforderungsgemäß gedämmten Fläche zur Gesamtfläche der jeweiligen Bauteile angerechnet. Kombinierte Maßnahmen zur Verbesserung des baulichen Wärmeschutzes nach § 8 Absatz 1 Nummer 3, die insgesamt den entsprechend den in § 8 Absatz 1 Nummer 3 Buchstaben a bis d festgelegten spezifischen Transmissionswärmeverlust überschreiten, können dabei proportional dazu angerechnet werden, wie weit sie den jeweiligen Zielwert ihrer Altersklasse erreichen. Als Ausgangswert dient dabei der Zielwert der jeweils vorhergehenden Altersklasse. Für Gebäude nach § 8 Absatz 1 Nummer 3 Buchstabe a ist der Ausgangs­wert die Überschreitung der Anforderungen an den Transmissionswärmeverlust H‘T in Anlage 1 Tabelle 2 der Energieeinsparverordnung der in § 8 Absatz 1 Nummer 1 genannten Fassung um nicht mehr als 70 Prozent.

(5) Einzelraumfeuerungen können mit anderen Erfüllungsoptionen nur in den Fällen des § 5 Absatz 5 Satz 3 zur vollständigen Erfüllung der Nutzungspflicht nach § 4 Absatz 1 kombiniert werden. Im Übrigen ist eine Kombination mit Einzelraumfeuerungen ausgeschlossen.

§ 13

Gebäudekomplexe

(1) Innerhalb eines Gebäudekomplexes können die Verpflichteten ihre Pflicht aus § 4 Absatz 1 auch dadurch erfüllen, dass sie Maßnahmen nach den §§ 7 bis 11 an einem anderen Gebäude vornehmen, dessen Wärmeenergiebedarf vergleichbar ist mit dem Wärmeenergiebedarf des Gebäudes, dessen Heizanlage ausgetauscht wird.

(2) Wird auch die Heizanlage des anderen Gebäudes ausgetauscht, können Maßnahmen nach Absatz 1 nicht gleichzeitig der Erfüllung der Nutzungspflicht für dieses Gebäude dienen. Maßnahmen können innerhalb eines Gebäudekomplexes nicht mehrfach in Anrechnung gebracht werden.

Teil 3

Nichtwohngebäude

§ 14

Anerkennung und Berechnung bei Nichtwohngebäuden

(1) Die anteilige Nutzung erneuerbarer Energien nach § 5 kann bei Nichtwohngebäuden im Einzelfall berechnet oder nach Maßgabe des § 14 pauschaliert werden. Die Erfüllung durch Energieeinsparmaßnahmen durch baulichen Wärmeschutz ist nach Maßgabe des § 15 möglich. Der Einsatz von Einzelraumfeuerungen wird nicht anerkannt. Die Erfüllung durch die Ersatzmaßnahmen Kraft-Wärme-Kopplung, Anschluss an ein Wärmenetz, Photovoltaik, Wärmerückgewinnung in Lüftungsanlagen und Abwärmenutzung ist gemäß § 17 möglich.

(2) Die Anerkennung des Sanierungsfahrplans richtet sich bei Nichtwohngebäuden nach § 16.

(3) Die Kombination verschiedener Erfüllungsoptionen untereinander und mit Energieeinsparmaßnahmen durch baulichen Wärmeschutz ist nur gemäß § 18 möglich.

§ 15

Pauschalierte Erfüllung mit Solarthermie bei Nichtwohngebäuden

Wenn keine Berechnung im Einzelfall erfolgt, gilt die Pflicht nach § 4 Absatz 1 bei der Nutzung von solarer Strahlungsenergie durch verglaste Flachkollektoren oder Röhrenkollektoren als erfüllt, wenn solarthermische Anlagen mit einer Fläche von mindestens 0,06 Quadratmetern Aperturfläche je Quadratmeter Nettogrundfläche betrieben werden. Beim Einsatz von Vakuumröhrenkollektoren verringert sich die Mindestfläche um 20 Pro­zent.

§ 16

Energieeinsparmaßnahmen durch baulichen Wärmeschutz bei Nichtwohngebäuden

(1) Die Nutzungspflicht nach § 4 Absatz 1 kann nach Maßgabe des § 8 Absatz 1 Nummer 1 und 2 und Absatz 2 erfüllt werden.

(2) Bei Nichtwohngebäuden kann die Pflicht nach § 4 Absatz 1 darüber hinaus dadurch erfüllt werden, dass der Wärmeenergiebedarf um 15 Prozent im Vergleich zu dem Bedarf bei Entstehung der Pflicht gesenkt wird.

§ 17

Gebäudeindividueller energetischer Sanierungsfahrplan bei Nichtwohngebäuden

(1) Die Nutzungspflicht nach § 4 Absatz 1 kann auch dadurch erfüllt werden, dass die Verpflichteten einen Sanierungsfahrplan vorlegen.

(2) Über die Vorgaben des § 9 Absatz 2 hinaus hat der Sanierungsfahrplan bei Nichtwohngebäuden auch Lüftung, Kühlung, Klimatisierung und Beleuchtung zu umfassen.

(3) § 9 Absatz 3 und 4 gilt entsprechend.

§ 18

Ersatzmaßnahmen bei Nichtwohngebäuden

(1) Für Ersatzmaßnahmen gilt § 10 entsprechend. Bei § 10 Absatz 1 und 3 ist die Nettogrundfläche des Gebäudes maßgeblich.

(2) Die Nutzungspflicht nach § 4 Absatz 1 kann auch durch den Einsatz einer Wärmerückgewinnungsanlage in Lüftungsanlagen erfüllt werden, soweit die rückgewonnene Wärmemenge abzüglich des dreifachen Stromaufwands zum Betrieb der Wärmerückgewinnungsanlage (anrechenbare rückgewonnene Wärmemenge) mindestens 15 Prozent des jährlichen Wärmeenergiebedarfs deckt und

1.      der Wärmerückgewinnungsgrad der Anlage mindestens 70 Prozent beträgt sowie

2.      die Leistungszahl, die aus dem Verhältnis von der aus der Wärmerückgewinnung stammenden und genutzten Wärme zum Stromeinsatz für den Betrieb der Wärmerückgewinnungsanlage ermittelt wird, mindestens 10 beträgt.

Die anrechenbare rückgewonnene jährliche Wärmemenge ist

a)      nach anerkannten Regeln der Technik zu berechnen, wobei die angesetzten Betriebszeiten von Lüftungsanlagen die Betriebszeiten nicht überschreiten dürfen, die in den DIN V 18599-10** als Nutzungsprofile an­gegeben sind, oder kann

b)      durch Multiplikation des mittleren Betriebsvolumenstroms der Lüftungsanlage (Außenluftstrom der Zuluft) während der Heizzeit von Anfang Oktober bis Ende April mit dem Faktor 13 Kilowattstunden pro Jahr und Kubikmetern pro Stunde ermittelt werden, wenn

aa) die von der Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung belüftete Nettogrundfläche maximal 1000 Quadratmeter beträgt,

bb) der Lüftungs-Nennvolumenstrom mit höchstens neun Kubikmetern pro Stunde und Quadratmeter belüfteter Nettogrundfläche angesetzt wird, und

cc) der mittlere Betriebsvolumenstrom der Lüftungsanlage während der Heizzeit von Anfang Oktober bis Ende April höchstens bis zu folgenden Anteilen des nach Buchstabe b ansetzbaren Lüftungs- Nennvolumenstroms angesetzt wird:

–        für Wohnbereiche (Anteil in einem Nichtwohn­gebäude): 1,0,

–        für Bürobereiche: 0,37,

–        für Klassenzimmer in Schulen; Gruppenräume in Kindergärten: 0,2.

Im Übrigen sind maximal die in DIN V 18599-10 für die jeweilige Nutzung angegebenen Betriebszeiten der Lüftungsanlage anzusetzen.

(3) Die Nutzungspflicht nach § 4 Absatz 1 kann auch durch die Nutzung von bisher nicht genutzter Abwärme aus anderen Prozessen als dem Heizprozess selbst erfüllt werden, soweit die für die Deckung des Wärmeenergiebedarfs genutzte Abwärmemenge abzüglich des dreifachen Stromaufwands zum Betrieb der Abwärmenutzungsanlage (anrechenbare genutzte Abwärmemenge) mindestens 15 Prozent des jährlichen Wärmeenergiebedarfs deckt. Die anrechenbare genutzte Abwärmemenge ist nach anerkannten Regeln der Technik zu berechnen.

§ 19

Kombinationsmöglichkeiten bei Nichtwohngebäuden

(1) Für Kombinationen verschiedener Erfüllungsoptionen gilt § 11 Absatz 1 bis 5 Satz 1 entsprechend. Maß­nahmen nach § 15 Absatz 2 können ebenfalls anteilig angerechnet werden.

(2) Deckt die entsprechend § 17 Absatz 2 ermittelte anrechenbare rückgewonnene Wärmemenge weniger als 15 Prozent des Wärmeenergiebedarfs kann der errechnete Wert proportional zum geforderten Deckungsanteil am Wärmeenergiebedarf angerechnet werden. Dies gilt entsprechend für § 17 Absatz 3. Erfolgt die Wärmerückgewinnung in einer Lüftungsanlage mit Hilfe einer Wärmepumpe und soll diese zur Erfüllung der Nutzungspflicht nach § 4 Absatz 1 herangezogen werden, gelten § 5 Absatz 2 und § 11 Absatz 3 entsprechend.

Teil 4

Ausnahmen und Befreiungen

§ 20

Ausnahmen und Befreiungen

(1) Die Nutzungspflicht nach § 4 Absatz 1 entfällt, soweit alle zur Erfüllung anerkannten Maßnahmen technisch oder baulich unmöglich sind oder sie denkmalschutz-rechtlichen oder anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften widersprechen.

(2) Von der Nutzungspflicht ist auf Antrag ganz, teilweise oder zeitweise zu befreien, soweit oder solange diese im Einzelfall wegen besonderer Umstände zu einer unzumutbaren Belastung führen würde. Eine unzumutbare Belastung kann insbesondere dann vorliegen, wenn

1.      die Verpflichteten auf Grund ihrer persönlichen oder betrieblichen Situation nicht in der Lage sind, die günstigste Maßnahme oder Kombination von Maßnahmen zu finanzieren, oder

2.      die dauerhafte Leistungsfähigkeit einer Gemeinde oder eines Gemeindeverbands als Verpflichtete zum Zeitpunkt des Austauschs oder durch die Erfüllung der Nutzungspflicht nach § 4 Absatz 1 nachhaltig beeinträchtigt oder eine öffentlich-rechtliche Religions-oder Weltanschauungsgemeinschaft überschuldet würde.

Teil 5

Vollzug und Zuständigkeit

§ 21

Nachweispflicht

(1) Die Verpflichteten müssen der zuständigen Behörde nachweisen, welche Maßnahmen oder Maßnahmenkombinationen sie zur Erfüllung der Nutzungspflicht nach § 4 Absatz 1 ergriffen haben. Bei Maßnahmenkombinationen sind die dafür erforderlichen Nachweise zeitgleich vorzulegen und der jeweilige Anteil an der Erfüllung anzugeben.

(2) Der Nachweis erfolgt bei der Nutzung erneuerbarer Energien, Energieeinsparmaßnahmen durch baulichen Wärmeschutz sowie Ersatzmaßnahmen durch die Bestäti­gung eines Sachkundigen. Das Vorliegen der Voraussetzungen für das Entfallen der Nutzungspflicht aufgrund von technischer oder baulicher Unmöglichkeit ist ebenfalls durch einen Sachkundigen bestätigen zu lassen. Beim Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genügt es, das Vorliegen der Voraussetzungen anzuzeigen.

(3) Wird die Pflicht durch den Bezug von gasförmiger und flüssiger Biomasse erfüllt, sind durch eine Bestätigung der Brennstofflieferantin oder des Brennstofflieferanten die fossilen und regenerativen Anteile der jeweils gelieferten Brennstoffe sowie beim Bezug gasförmiger Biomasse die Erfüllung der in § 5 Absatz 3 Satz 2 und 3 und beim Bezug flüssiger Biomasse der in § 5 Absatz 4 Satz 3 und 4 genannten Anforderungen nachzuweisen. Die der erstmaligen Abrechnung der Brennstofflieferung folgenden Bestätigungen sind auf Anforderung vorzulegen. Die Bestätigungen sind fünf Jahre aufzubewahren.

(4) Bei Erfüllung der Pflicht durch das Erstellen eines Sanierungsfahrplans erfolgt der Nachweis durch dessen Vorlage.

(5) Wird die Pflicht durch Anschluss an ein Wärmenetz nach § 10 Absatz 2 erfüllt, genügt eine Bestätigung der Wärmenetzbetreiberin oder des Wärmenetzbetreibers, dass die betreffenden Voraussetzungen vorliegen.

(6) Für die Einzelfallberechnung ist die durch erneuerbare Energien gewonnene Wärme dem gesamten Wärmeenergiebedarf des Gebäudes gegenüber zu stellen. Die durch erneuerbare Energien gewonnene Wärme ist nach den anerkannten Regeln der Technik unter Beachtung der Vorgaben des § 5 zu berechnen.

§ 22

Hinweispflicht

(1) Die Sachkundigen haben die Verpflichteten auf ihre Pflichten nach § 4 Absatz 1 sowie auf die verschiedenen Möglichkeiten der Erfüllung hinzuweisen, wenn sie für die Verpflichteten Aufgaben im Zusammenhang mit der

Bereitstellung oder dem Austausch einer Heizanlage wahrnehmen oder mit der Erfüllung der Nutzungspflicht beauftragt werden. Zur Erfüllung der Hinweispflicht genügt es, wenn die Sachkundigen den Verpflichteten ein entsprechendes Merkblatt übergeben.

(2) Das Umweltministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Finanz-und Wirtschaftsministerium zur Vereinfachung und Vereinheitlichung des Nachweisverfahrens festzulegen, welche Angaben die erforderlichen Nachweise nach § 20 sowie das Merkblatt nach Absatz 1 enthalten müssen. Als Angaben für die Nachweise können die zur Überprüfung der Pflichterfüllung oder der Voraussetzungen für das Entfallen der Nutzungspflicht erforderlichen Informatio­nen, wie zum Beispiel Wärmeenergiebedarf, Art der Pflichterfüllung und Leistung der Anlage, vorgesehen werden.

§ 23

Zuständige Behörde, Aufgaben, Befugnisse

(1) Sachlich zuständig sind die unteren Baurechtsbehörden. Sie überwachen die Einhaltung der Nutzungs- und Nachweispflichten sowie der Hinweispflichten nach diesem Gesetz. Sie unterliegen für den Vollzug dieses Gesetzes der Fachaufsicht der Regierungspräsidien.

(2) Die bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegerinnen und Bezirksschornsteinfeger haben Namen und Adressen der Eigentümerinnen und Eigentümer, deren Heizanlagen ausgetauscht wurden, den verwendeten Brennstoff sowie das Datum der Abnahmebescheinigung innerhalb von drei Monaten nach Abnahme an die zuständige Behörde zu übermitteln. In Fällen, in denen keine Abnahme erforderlich ist, haben die bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegerinnen und Bezirksschornsteinfeger Namen und Adressen der Eigentümer, deren ursprüngliche, nach der Kehr- und Überprüfungsordnung überwachungspflichtige Heizanlage stillgelegt und durch eine nicht der Abnahmepflicht unterliegende Anlage ersetzt wird, innerhalb von 3 Monaten ab Kenntnis an die zuständige Behörde zu übermitteln.

(3) Kommen Verpflichtete ihrer Nachweispflicht nach § 20 nicht nach, kann die zuständige Behörde die Vorlage des Nachweises anordnen. Kommen Verpflichtete ihrer Nutzungspflicht nach § 4 Absatz 1 nicht nach, kann die zuständige Behörde die Erfüllung der Nutzungspflicht anordnen.

(4) Sofern untere Baurechtsbehörde eine Gemeinde oder Verwaltungsgemeinschaft nach § 46 Absatz 2 der Landesbauordnung in der jeweils geltenden Fassung ist, sind die mit diesem Gesetz übertragenen Aufgaben Pflichtaufgaben nach Weisung.

(5) Die für die Fachaufsicht zuständigen Behörden können den nachgeordneten Behörden unbeschränkt Weisung erteilen.

(6) Die unteren Baurechtsbehörden sind verpflichtet, in anonymisierter Form aus den nach § 22 Absatz 2 übermittelten Angaben und den nach § 20 vorgelegten Nachweisen die Art und Anzahl der gemeldeten Heizungsaustauschfälle, der Nachweise zur Erfüllung der Nutzungspflicht nach § 4 Absatz 1, der Ausnahmen und Befreiungen sowie der Bußgeldverfahren den für die Fachaufsicht zuständigen Behörden oder der vom Umweltministerium bestimmten Stelle zu übermitteln. Das Umweltministerium wird zum Zwecke der Evaluation ermächtigt, in einer Rechtsverordnung Verfahren zur Erhebung, Übermittlung und Speicherung von Daten aus Angaben nach § 22 Absatz 2 und Nachweisen nach § 20 festzulegen.

Teil 6

Ergänzende Bestimmungen

§ 24

Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.      seinen Verpflichtungen nach § 4 Absatz 1 nicht oder nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nachkommt,

2.      seinen Nachweispflichten nach § 20 Absatz 1 nicht oder nicht rechtzeitig nachkommt oder

3.      auf den nach § 20 vorzulegenden Nachweisen falsche Angaben macht.

(2) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.      als Sachkundiger im Sinne von § 3 Nummer 11 oder Brennstofflieferantin oder Brennstofflieferant oder Wärmenetzbetreiberin oder Wärmenetzbetreiber auf den Bestätigungen nach § 20 oder als Ausstellerin oder Aussteller des Sanierungsfahrplans falsche Angaben macht,

2.      als Sachkundiger im Sinne von § 3 Nummer 11 einer Hinweispflicht nach § 21 Absatz 1 nicht nachkommt.

(3) Ordnungswidrigkeiten nach Absatz 1 Nummer 1 und 3 und Absatz 2 Nummer 1 können mit einer Geldbuße bis zu 100 000 Euro, Ordnungswidrigkeiten nach Absatz 1 Nummer 2 und Absatz 2 Nummer 2 mit einer Geldbuße bis zu 50 000 Euro geahndet werden.

(4) Verwaltungsbehörde im Sinne von § 36 Absatz 1 Nummer 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten in der jeweils geltenden Fassung ist die untere Baurechtsbehörde.

§ 25

Verhältnis zum Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz bei öffentlichen Gebäuden

Die Pflichten aus diesem Gesetz sind für öffentliche Gebäude neben denen des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes zu erfüllen.

§ 26

Ermächtigung für innovative Technologien und Evaluation

(1) Das für Klimaschutz zuständige Ministerium wird ermächtigt durch Rechtsverordnung weitere Technologien, deren Einsatz in der Regel eine den in diesem Gesetz anerkannten Technologien vergleichbare Klimaschutzwirkung hat und deren Einsatz insgesamt dem Umweltschutz dient, als Erfüllungsoptionen anzuerkennen und deren Bedingungen festzulegen.

(2) Das Umweltministerium berichtet dem Landtag ab dem 1.1.2021 jährlich über den Stand der Umsetzung des Gesetzes, die technische und wirtschaftliche Entwicklung beim Einsatz erneuerbarer Energien zu Zwecken der Wärmeversorgung sowie über die ersten Erfahrungen mit dem Sanierungsfahrplan und der Einbeziehung von Nichtwohngebäuden. Es wird insbesondere zu prüfen sein, ob und inwieweit die in diesem Gesetz getroffenen Regelungen ohne weitere Anpassungen geeignet sind, die Klimaschutzziele zu erreichen.

§ 27

Übergangsvorschriften

Auf Gebäude, deren Heizanlage vor Inkrafttreten dieses Gesetzes ausgetauscht wurde, ist das Erneuerbare- Wärme-Gesetz in der bis zum 30. Juni 2015 geltenden Fassung anzuwenden. Die danach Verpflichteten können alternativ die Anforderungen dieses Gesetzes erfüllen.

§ 28

Inkrafttreten und Außerkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.

Begründung

Die Wärmewende im Gebäudebereich kann einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz in Niedersachsen leisten. Das Erneuerbare-Wärme-Gesetz soll den Anteil an erneuerbaren Energien im Wärmebereich zu erhöhen und somit einen wesentlichen Beitrag zur Einsparung von Treibhausgasemissionen leisten.

Auch angesichts knapper fossiler Ressourcen und dem weltweit kontinuierlich steigenden Energiebedarf ist der Fokus verstärkt auf Alternativen zu den fossilen Energieträgern, die Schonung vorhandener Ressourcen sowie auf eine deutliche Steigerung der Energieeffizienz zu legen. Ziel ist eine langfristige Kosten- und Versorgungssicherheit im Wärmebereich. Je weiter die Energieversorgung auf erneuerbare Energien umgestellt wird, desto weniger anfällig ist sie gegen Kosten-sprünge und Lieferbeschränkungen beim Import fossiler Energieträger.

Darüber hinaus generieren Ausbau und Nutzung erneuerbarer Energieerzeugungs-anlagen ein hohes Maß an Wertschöpfung auf regionaler und kommunaler Ebene sowie in der Privatwirtschaft. Er schafft neue und sichert vorhandene Arbeitsplätze im Handwerk sowie in der Agrar-, Forst- und Bauwirtschaft.

Raumheizung und Warmwasser machen rund zwei Drittel des Energieverbrauchs von Privathaushalten aus. Rund 40 Prozent des Gesamtenergiebedarfs in Niedersachsen werden für die sogenannte Raumwärme aufgewandt. Durch den Einsatz von Erneuerbaren Energien kann der Raumwärmebedarf um 65 Prozent reduziert werden. Um dies bis zum Jahr 2040 zu erreichen, ist eine jährliche Sanierungsquote von 4 Prozent nötig. Derzeit liegt die Sanierungsquote bei 1 Prozent.

Das

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Erneuerbare-Energie-Wärmegesetz des Bundes (EEWärmeG) ist nicht ausreichend, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Mit § 3 Absatz 4 EEWärmeG hat der Bundesgesetzgeber jedoch klargestellt, dass die Länder für bereits errichtete öffentliche Gebäude, mit Ausnahme der öffentlichen Gebäude des Bundes (Nummer 1) sowie für bereits (vor dem 1. Januar 2009) errichtete Gebäude, die keine öffentlichen Gebäude sind (Nummer 2), Regelungen treffen dürfen.

Wesentliche Inhalte des Gesetzes

Das Gesetz gilt für alle am 1. Januar 2009 bereits errichteten Gebäude. Der sachliche Anwendungsbereich für Nichtwohngebäude orientiert sich an den Regelungen des Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetzes. Es wird definiert, was als erneuerbare Energien anerkannt wird und unter welchen Voraussetzungen einzelne Technologien im Erneuerbare-Wärme-Gesetz zur Erfüllung der Nutzungspflicht herangezogen werden können.

Das Gesetz bietet für bestimmte Maßnahmen zur Verwirklichung des Pflichtanteils Pauschalierungen an, bei deren Einhaltung die gesetzliche Pflicht als erfüllt gilt. Diese Pauschalvorgaben dienen in erster Linie dazu, den Verpflichteten die Umsetzung zu erleichtern und aufwändige Berechnungen zu vermeiden.

Um den Einsatz fossiler Energien in der Wärmeversorgung und den dadurch verursachten Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren, lässt das Gesetz auch andere klimaschonende Maßnahmen zu. Neben dem Einsatz erneuerbarer Energien kann die gesetzliche Pflicht auch weiterhin über Maßnahmen des baulichen Wärmeschutzes (Dämmung) sowie durch verschiedene Ersatzmaßnahmen erfüllt werden. Die Palette der Erfüllungsoptionen wird ausgeweitet und die Kombination verschiedener Möglichkeiten zum Einsatz erneuerbarer Energien und ersatzweisen Erfüllungsoptionen zugelassen.

Es gilt ein Pflichtanteil für Erneuerbare Energien von 25 Prozent, der ab 2025 auf 50 Prozent und ab 2030 auf 100 Prozent steigt. Das Gesetz ist technologie-neutral und grundsätzlich offen für die Nutzung aller erneuerbaren Energien ausgestaltet. Es lässt den Verpflichteten damit einen großen Entscheidungsspielraum und sorgt für einen effektiven Ausbau der erneuerbaren Energien.

Um eine wirtschaftliche Überforderung einzelner Verpflichteter zu vermeiden, können für eine anteilige Erfüllung auch kostengünstige Erfüllungsoptionen gewählt werden. Darüber hinaus sieht die Härtefallklausel in § 19 Abs. 2 die Befreiung von der Nutzungspflicht für den Fall einer unzumutbaren Belastung und insbesondere für den Fall vor, dass die Verpflichteten auf Grund ihrer persönlichen oder betrieblichen Situation nicht in der Lage sind, die günstigste Maßnahme zu finanzieren.

Mit dem Element des gebäudeindividuellen energetischen Sanierungsfahrplans wird eine Verbindung zwischen dem gebäudebezogenen Wärmebedarf (anknüpfend an den Tausch einer Heizungsanlage) und einer energetischen Gesamtbetrachtung des Gebäudes unter Berücksichtigung der Möglichkeiten zur Nutzung erneuerbarer Energien zu Wärmebereitstellung herzustellen. Ziel ist die Vermittlung einer auf das Gebäude und die Nutzer angepassten langfristig ausgelegten Sanierungsstrategie für ein einzelnes Gebäude, die so angelegt ist, dass auch bei schrittweiser Sanierung am Ende ein Gebäudezustand erreicht wird, der als dauerhaft energetisch saniert angesehen werden kann. Dem Sanierungsfahrplan kommt eine wichtige Informations-, Motivations- und Beratungsfunktion zu. Der Sanierungsfahrplan soll die Gebäudeeigentümerinnen und Gebäudeeigentümer in die Lage versetzen, eine informierte Entscheidung über geeignete Sanierungsmaßnahmen zu treffen. Der Sanierungsfahrplan dient damit auch dazu, dem Modernisierungsstau im Gebäudebestand entgegenzuwirken und über die Verpflichtung aus dem Erneuerbare-Wärme-Gesetz hinaus einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.

Unter bestimmten Voraussetzungen entfällt die Nutzungspflicht. Dies ist der Fall, wenn alle zur Erfüllung zugelassenen Maßnahmen technisch oder baulich unmöglich sind oder sie denkmalschutzrechtlichen oder anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften widersprechen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, einen Antrag auf Befreiung zu stellen, wenn die Nutzungspflicht im Einzelfall wegen besonderer Umstände zu einer unzumutbaren Belastung führen würde.

Die Vollzugszuständigkeit liegt bei den unteren Baurechtsbehörden. Zur Überwachung der Erfüllung der gesetzlichen Pflicht wird die bisherige Systematik beibehalten. Es werden Nachweispflichten für den Gebäudeeigentümer statuiert, die teilweise mit Hilfe eines Sachkundigen zu erfüllen sind.

Vorsätzliche oder fahrlässige Verstöße gegen die Nutzungs-, Nachweis- und Hinweispflichten führen zu Ordnungswidrigkeiten, die mit einer Geldbuße bis zu einhunderttausend bzw. fünfzigtausend Euro geahndet werden können.

Gesetzesfolgen

Das Gesetz trägt deutlich zur Reduktion der CO2-Emissionen bei und steht im Einklang mit den Zielvorgaben der Europäischen Union und des Bundes. Der Anteil an erneuerbaren Energien wird gesteigert, der Wärmeenergiebedarf gesenkt, die Energie effizienter eingesetzt und die energetische Sanierung von Bestandsgebäuden vorangebracht.

Durch das Gesetz können kurzfristig circa 25 Prozent der CO2-Emissionen bei Gebäuden eingespart werden. Ab 2040 kann weitgehende Klimaneutralität erreicht werden, da ab 2030 nur noch neue Heizungen auf Basis Erneuerbarer Energien zulässig sind. Auch wenn alternativ ein Sanierungsfahrplan ganz oder teilweise angerechnet werden kann, ist zu erwarten, dass durch die Sanierungsfahrpläne weitere Maßnahmen angestoßen werden, die zu einer Minderung der CO2-Emissionen beitragen.

Das Erneuerbare-Wärme-Gesetz findet Anwendung auf alle Bestandsgebäude in Niedersachsen – mit Ausnahme von öffentlichen Bundesgebäuden -, in denen eine zentrale Heizungsanlage erneuert wird.

In Niedersachsen gibt es rund 2.175.000 Wohngebäude mit insgesamt knapp 3.800.000 Wohnungen. 80,2 Prozent des Gebäudebestands wurden nach 1949 gebaut, ca. 88 Prozent sind Gebäude mit ein oder zwei Wohnungen. 89 Prozent der Wohngebäude sind im Eigentum von Privatpersonen und 7 Prozent von Wohnungseigentümergemeinschaften. 50 Prozent der Wohnungen werden vom Eigentümer genutzt (Statistisches Landesamt 2013[1]).

84 Prozent der Gebäude verfügen über eine Zentralheizung (Statistisches Landesamt 2013). Nach einer Studie des BDEW werden 55 % der Wohngebäude mit einer Erdgas-Zentralheizung und 20,8 % der Gebäude mit einer Öl-Zentralheizung beheizt. Das Durchschnittsalter der Heizungssysteme in Wohngebäuden liegt bei rund 15 Jahren, was unter dem Bundesdurchschnitt von 16,6 Jahren (BDEW 2015).

Es gibt in Niedersachsen demnach rund 1,2 Millionen Gas-Zentralheizungen und ca. 452.000 Öl-Zentral-Heizungen in den Wohngebäuden. Wenn man von der bundesweiten Austauschquote für Heizungsanlagen von 2 bis 3 Prozent ausgeht, bedeutet das für Niedersachsen rund 33.100 bis 49.700 Austauschfälle pro Jahr.

Für die Bereiche Energie und Klima sowie Natur und Umwelt hat das Gesetz positive Auswirkungen. Das Gesetz bezweckt primär den Klimaschutz, in dem es dazu beiträgt, die CO2-Emissionen zu verringern. Es dient damit sowohl dem Schutz vor den negativen Folgen des Klimawandels als auch dem Aufbau einer nachhaltigen klima-freundlichen und sicheren Energieversorgung. Das Gesetz leistet somit einen wichtigen Beitrag zur Energiewende und zum Umwelt- und Ressourcenschutz.

Der Umstieg auf erneuerbare Energien und die Verbesserung der Energieeffizienz trägt mit dazu bei, die volkswirtschaftliche Abhängigkeit von Energieimporten zu senken. Im Hinblick auf langfristige Kosten- und Versorgungssicherheit im Wärmebereich sinkt durch einen geringeren Verbrauch an fossilen Energien die Anfälligkeit gegen Kostensprünge und Lieferbeschränkungen beim Import fossiler Energieträger.

Sowohl durch den Ausbau der erneuerbaren Energie als auch durch die Verbesserung der Energieeffizienz wird die regionale Wertschöpfung erhöht. Auf die Bereiche Wirtschaft und Konsum sowie Arbeit und Beschäftigung können sich daher positive Auswirkungen ergeben.

Für den Bereich der öffentlichen Haushalte können sich durch die Nutzungspflicht – je nach gewählter Erfüllungsoption - Investitionskosten ergeben, denen entsprechende Einsparungen gegenüberstehen. Für den Bereich der für den Vollzug zuständigen Verwaltung bringt das Gesetz durch die Einbeziehung der Nichtwohngebäude eine Erhöhung der Fallzahlen und damit einen höheren Vollzugsaufwand.

Die Belastung des Eigentümers mit der Verpflichtung zum Einsatz regenerativer Energien ergibt sich aus seiner Verantwortlichkeit als Verursacher von Treibhausgasemissionen und seiner Möglichkeit, diese durch entsprechende Maßnahmen zu reduzieren. Gebäudeeigentümer können die für ihr Gebäude sinnvollste und günstigste Variante der Pflichterfüllung wählen. Je nachdem, wie sich die Kosten für erneuerbare Energien und die Preise für Öl und Gas entwickeln, stellt sich die Wirtschaftlichkeit bei den verschiedenen Erfüllungsoptionen unterschiedlich dar.

Das Gesetz lässt zahlreiche Möglichkeiten zu, sodass davon auszugehen ist, dass zumindest eine oder die Kombination mehrerer Erfüllungsoptionen für den Verpflichteten in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle wirtschaftlich vertretbar ist. Es besteht die Möglichkeit zur Befreiung im Einzelfall wegen besonderer Umstände, unverhältnismäßigen Aufwands oder sonstiger unbilliger Härte. Auch die (teilweise) Einbeziehung erbrachter Vorleistungen ist vorgesehen. Durch diese Regelungen des Gesetzes ist sichergestellt, dass die Erfüllung der Nutzungspflicht im Einzelfall wirtschaftlich zumutbar und sozialverträglich ist.

Für Nichtwohngebäude ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Erstellung eines Sanierungsfahrplans wirtschaftlich zumutbar ist. In vielen Fällen wird ein Sanierungsfahrplan Sanierungspotentiale aufdecken, die sich zu vertretbaren Kosten erschließen lassen.

 

 

Anja Piel

(Fraktionsvorsitzende)


[1]https://www.statistik.niedersachsen.de/download/78280

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