Gesetzentwurf: Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Niedersächsische Landesbeauftragte oder den Niedersächsischen Landesbeauftragten für Opferschutz
Fraktion der SPD
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Der Landtag wolle das folgende Gesetz beschließen:
Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Niedersächsische Landesbeauftragte oder den Niedersächsischen Landesbeauftragten für Opferschutz
Inhaltsübersicht
Artikel 1 Änderung des Gesetzes über die Niedersächsische Landesbeauftragte oder den Niedersächsischen Landesbeauftragten für Opferschutz
Artikel 2 Inkrafttreten
Artikel 1
Änderung des Gesetzes über die Niedersächsische Landesbeauftragte oder den Niedersächsischen Landesbeauftragten für Opferschutz
Das Gesetz über die Niedersächsische Landesbeauftragte oder den Niedersächsischen Landesbeauftragten für Opferschutz in der Fassung vom 22. September 2022 (Nds. GVBl. S. 576) wird wie folgt geändert:
- § 1 Abs. 1 wird als Satz 2 angefügt:
„2Die Ernennung erfolgt für die Dauer der Legislaturperiode.“
- § 1 Abs. 2 Satz 3 erhält folgende Fassung:
„3Zu ihren oder seinen Aufgaben gehören insbesondere
- die Vermittlung von Informationen über Opferunterstützung sowie von Kontakten zu geeigneten Unterstützungssystemen auf Anfrage von Betroffenen jedweder Straftaten,
2. die zentrale Koordinierung des Opferschutzes in Niedersachsen nach einem straftatbezogenen Großschadensereignis gemäß §§ 2 und 3 sowie
3. die Unterstützung von Opferbelangen auf allen gesellschaftlichen Ebenen, insbesondere durch die landes- und bundesweite Vernetzung und Zusammenarbeit mit Opferschutzeinrichtungen und -organisationen, Behörden und Akteuren der Prävention.“
- § 1 Abs. 3 erhält folgende Fassung:
„1Die oder der Opferschutzbeauftragte ist dem Justizministerium zugeordnet. 2Ihr oder ihm ist die für die Erfüllung der Aufgaben notwendige Ausstattung zur Verfügung zu stellen; sie oder er erhält eine Aufwandsentschädigung. 3Die oder der Opferschutzbeauftragte führt ihre bzw. seine Aufgaben fachlich unabhängig aus.“
- § 2 erhält folgende Überschrift:
„Zuständigkeit nach straftatbezogenen Großschadensereignissen“
- § 2 Abs. 1 erhält folgende Fassung:
„Die oder der Opferschutzbeauftragte übernimmt die zentrale Koordinierung des Opferschutzes nach einem straftatbezogenen Großschadensereignis bei erkennbarem Koordinierungsbedarf.“
- § 2 Abs. 2 wird wie folgt geändert:
- In Satz 1 werden nach dem Wort „ist“ die Wörter „ein Ereignis“ gestrichen und durch „eine Gewalttat“ ersetzt.
- Die Wörter in Satz 1 „bei dem eine Straftat als Ursache nicht von vornherein auszuschließen ist und“ werden gestrichen.
- Das Wort „welches“ in Satz 1 wird durch das Wort „welche“, das Wort „dem“ nach dem Wort „bei“ durch das Wort „der“ ersetzt.
- Die Wörter „eingetreten ist“ in Satz 1 werden durch die Wörter „verübt wurde“ ersetzt.
- In Satz 2 wird das Wort „Einzelereignissen“ durch das Wort „Gewalttaten“ ersetzt.
- § 2 werden folgende Absätze 3 und 4 angefügt:
„(3) 1Die oder der Opferschutzbeauftragte kann die zentrale Koordinierung des Opferschutzes im Einzelfall auch bei sonstigen Ereignissen mit einer hohen gesellschaftlichen Bedeutung übernehmen, wenn eine Straftat als Ursache nicht von vornherein auszuschließen ist und das Ereignis entweder auf dem Gebiet des Landes Niedersachsen eingetreten ist oder bei dem eine erhebliche Anzahl der Toten oder Verletzten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Niedersachsen hat oder bis zu ihrem Tod hatte. 2Eine hohe gesellschaftliche Bedeutung liegt insbesondere bei einer Vielzahl von Toten oder Verletzten vor.
(4) Die oder der Opferschutzbeauftragte unterstützt die Beauftragte oder den Beauftragten der Bundesregierung für die Anliegen von Betroffenen von terroristischen und extremistischen Anschlägen im Inland (Bundesopferbeauftragte oder Bundesopferbeauftragter) mit opferunterstützenden Maßnahmen im Sinne von § 3, wenn die oder der Bundesopferbeauftragte ihre oder seine Zuständigkeit erklärt oder dies prüft.“
- § 3 erhält folgende Überschrift:
„Zentrale Koordinierung des Opferschutzes nach straftatbezogenen Großschadensereignissen“
- § 3 erhält folgende Fassung:
„1Die zentrale Koordinierung des Opferschutzes nach § 2 Abs. 1 beinhaltet insbesondere:
- die Sicherstellung des erforderlichen Informationsaustausches zwischen den Behörden und sonstigen Stellen,
- die Sicherstellung des Informationsflusses zu den von dem straftatbezogenen Großschadensereignis Betroffenen,
- die Initiierung und Koordinierung opferschutzbezogener Maßnahmen zur möglichst frühzeitigen, wohnortnahen und bedarfsgerechten Beratung sowie Unterstützung der Betroffenen,
- die Kontaktaufnahme zu den Betroffenen zur Unterbreitung eines Unterstützungsangebotes sowie zur Unterrichtung über weitere Hilfsmöglichkeiten,
- die Vermittlung bedarfsgerechter Opferunterstützungsangebote und Hilfsmöglichkeiten an die Betroffenen und
- das Durchführen von Fallkonferenzen zur Koordinierung individueller opferschutzbezogener Maßnahmen.
2Der Informationsaustausch und der Informationsfluss umfassen nur Informationen, die keiner Geheimhaltung unterliegen.“
- § 4 erhält folgende Überschrift:
„Auskunft und Übermittlungspflicht nach straftatbezogenen Großschadensereignissen“
- § 4 erhält folgende Fassung:
„(1) Kommt ein straftatbezogenes Großschadensereignis im Sinne des § 2 Abs. 2 oder ein sonstiges Ereignis im Sinne von § 2 Absatz 3 in Betracht oder liegt ein solches vor, so kann die oder der Opferschutzbeauftragte von den zuständigen Polizeibehörden des Landes Auskunft zur Lage und insbesondere auch zur Anzahl der Toten, Verletzten oder sonstigen Betroffenen verlangen, soweit dies zur Wahrnehmung ihrer oder seiner Aufgaben nach § 3 im Einzelfall erforderlich ist.
(2) 1Im Fall eines straftatbezogenen Großschadensereignisses oder eines sonstigen Ereignisses im Sinne von § 2 Abs. 3 kann die oder der Opferschutzbeauftragte die zuständigen Polizeibehörden des Landes um die Übermittlung der dort bekannten personenbezogenen Daten der Betroffenen ersuchen, soweit dies zur Kontaktaufnahme nach § 3 Abs. 1 Nummer 4 erforderlich ist. 2Die personenbezogenen Daten nach Satz 1 umfassen insbesondere
- die Identität der Betroffenen,
- die Kontaktdaten der Betroffenen,
- Angaben zu Art und Umfang der durch das straftatbezogene Großschadensereignis verursachten Verletzungen und Schädigungen der Gesundheit der einzelnen Betroffenen,
- vorhandene Sprachkenntnisse der einzelnen Betroffenen, wenn die Kommunikation in deutscher Sprache nicht möglich ist, und
- den aktuellen Aufenthaltsort der einzelnen Betroffenen, insbesondere im Fall eines straftatbezogenen Großschadensereignisses außerhalb des Gebiets des Landes Niedersachsen.
(3) 1Die zuständigen Polizeibehörden des Landes übermitteln die jeweiligen personenbezogenen Daten unverzüglich an die Opferschutzbeauftragte oder den Opferschutzbeauftragten auf ihr oder sein Ersuchen nach Absatz 2.“
- Es wird ein neuer § 5 eingefügt. Er erhält die Überschrift:
„Verarbeitung personenbezogener Daten nach straftatbezogenen Großschadensereignissen“
- § 5 lautet:
„(1) 1Die oder der Opferschutzbeauftragte darf, soweit dies zur Wahrnehmung der Aufgaben nach § 3 Satz 1 erforderlich ist, personenbezogene Daten verarbeiten, insbesondere Nachnamen, Vornamen, Geburtsdatum, Anschrift, Telefonnummer, E-Mail-Adresse, Sprachkenntnisse und Aufenthalt von Betroffenen. 2Die oder der Opferschutzbeauftragte darf, soweit dies zur Wahrnehmung der Aufgaben nach § 3 Abs. 1 Nummern 3, 4, 5 und 6 unbedingt erforderlich ist, personenbezogene Daten nach Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 von Betroffenen verarbeiten, insbesondere zur Verletzung, dem Gesundheitszustand und der Unterbringung in einem Krankenhaus, einer Rehabilitationseinrichtung oder der Inanspruchnahme ambulanter Versorgungs-, Behandlungs- und Beratungseinrichtungen. 3Für die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Abs. 1 der Datenschutz-Grundverordnung gelten die Anforderungen des § 17 Abs. 2 bis 4 des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes. 4Satz 1 gilt auch für die Verarbeitung der Kennzeichen von Kraftfahrzeugen, die mutmaßlich als Tatwerkzeuge eingesetzt wurden.
(2) 1Die oder der Opferschutzbeauftragte nimmt seine Aufgaben nach § 3 Abs. 1 Nummern 5 und 6 nur mit Zustimmung der Betroffenen wahr. 2Die Übermittlung der personenbezogenen Daten im Sinne von § 4 Absatz 2 Satz 2 an die zentralen Opferschutzstrukturen des Bundes und der Länder bedarf nicht der Zustimmung, soweit die Übermittlung der Vermittlung von Opferunterstützung durch die jeweilige Stelle dient.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend im Fall von § 2 Absatz 4.“
- Es wird ein neuer § 6 eingefügt. Er erhält die Überschrift:
„Übermittlung von personenbezogenen Daten in sonstigen Fällen“
- § 6 lautet:
„Die oder der Opferschutzbeauftragte übermittelt personenbezogene Daten von Betroffenen in sonstigen Fällen nur mit deren Zustimmung an öffentliche oder nichtöffentliche Stellen zwecks Opferunterstützung.“
- § 3 Abs. 5 wird zum neuen § 7. Er erhält die Überschrift:
„Datenschutzrechtliche Verantwortung“
- § 4 wird zum neuen § 8.
Artikel 2
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.
Begründung
A) Allgemeiner Teil
I. Anlass, Zielsetzungen und Schwerpunkte des Gesetzes
Anlass zur Änderung des Gesetzes über die oder den Niedersächsischen Landesbeauftragten für Opferschutz (NLfOG) geben die eingeschränkten Handlungsmöglichkeiten der oder des Opferschutzbeauftragten bei der Verarbeitung personenbezogener Daten nach einem straftatbezogenen Großschadensereignis. Das bestehende Einwilligungserfordernis zur Nutzung der Betroffenendaten nach einem solchen Ereignis steht dem Auftrag der oder des Opferschutzbeauftragten, Betroffenen von Großschadensereignissen proaktiv und unbürokratisch Hilfe und Unterstützung anzubieten, entgegen. Die Notwendigkeit eines niedrigschwelligen Angebotes war die wesentliche Schlussfolgerung im Abschlussbericht des Bundesbeauftragten für die Opfer und Hinterbliebenen des Terroranschlags auf dem Breitscheidplatz (Berlin 2017). Neben der Empfehlung, zentrale Opferschutzstrukturen auf Bundesebene und Ebene der Länder dauerhaft zu installieren, war der Hinweis auf die Notwendigkeit einer aktiven Kontaktaufnahme zu Betroffenen nach Großschadenslagen entscheidend für die Installierung des Amtes eines bzw. einer Opferschutzbeauftragten in Niedersachsen. Ein Einwilligungserfordernis vor der Kontaktaufnahme zu den Betroffenen, mit der ein Unterstützungsangebot unterbreitet und über die Hilfsmöglichkeiten aufgeklärt werde soll, stellt eine solche praktische Hürde dar, dass das Ziel des proaktiven und niedrigschwelligen Opferschutzes nicht mehr erreichbar ist. Die frühzeitige und direkte Kontaktierung der Betroffenen liegt dabei nicht nur in deren individuellem Interesse. Es besteht sogar ein gesamtgesellschaftliches Interesse daran, dass Opfer nach einem Großschadensereignis staatlicherseits Unterstützung angeboten wird. Dies lässt sich aus dem Sozialstaatsprinzip ableiten und dient schließlich der Sicherung des sozialen Friedens und dem Vertrauen in den Staat.
Neben den Fragen des Datenschutzes haben sich zudem in der praktischen Anwendung Nachbesserungsbedarfe in der Definition von straftatbezogenen Großschadensereignissen offenbart. Zur Ausräumung von Abgrenzungsproblemen soll der Fokus auf Gewalttaten und solchen Ereignissen mit hoher gesellschaftlicher Bedeutung gelegt werden. Für das Tätigwerden der oder des Opferschutzbeauftragten in den Sonderstrukturen zur Bewältigung einer Großschadenslage soll nunmehr zudem das Kriterium eines zentralen Koordinierungsbedarfes von Opferunterstützungsmaßnahmen hinzutreten.
Des Weiteren hat sich ein gesetzlicher Änderungsbedarf aus der Gewährung einer Aufwandsentschädigung für die Tätigkeit als Opferschutzbeauftragte oder Opferschutzbeauftragter ergeben.
Schließlich bietet die Gesetzesänderung Gelegenheit zu redaktionellen Anpassungen.
II. Wesentliches Ergebnis der Gesetzesfolgenabschätzung
Mit dem Entwurf soll das NLfOG vor allem hinsichtlich der datenschutzrechtlichen Befugnisse nach einem straftatbezogenen Großschadensereignis angepasst werden. Die oder der Opferschutzbeauftragte soll damit in die Lage versetzt werden, schnell und möglichst unbürokratisch Betroffenen ihre oder seine Unterstützung direkt anzubieten.
III. Auswirkungen auf die Umwelt, den ländlichen Raum und die Landesentwicklung
Keine
IV. Auswirkungen auf die Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Männern
Keine
V. Auswirkungen auf Familien
Keine
VI. Auswirkungen auf Menschen mit Behinderungen
Keine
VII. Voraussichtliche Kosten und haushaltsmäßige Auswirkungen
Die Änderung des NLfOG sieht eine Regelung zur Gewährung einer Aufwandsentschädigung vor. Der oder dem Opferschutzbeauftragten wird auf Beschluss des Kabinetts vom 29.08.2023 ab Januar 2024 eine monatliche Aufwandsentschädigung in Höhe von 1.300 EUR gewährt. Rechtsgrundlage ist eine vertragliche Vereinbarung zwischen dem Land Niedersachsen, vertreten durch den oder die jeweilige Justizministerin bzw. Justizminister, und der bzw. dem jeweiligen Opferschutzbeauftragten. Das NLfOG zieht insofern keine weiteren Kosten nach sich.
Im Übrigen sind die weiteren Änderungen des NLfOG kostenneutral, da keine neuen Aufgaben begründet werden.
B) Besonderer Teil
Zu Artikel 1 (Änderung des Gesetzes über die Niedersächsische Landesbeauftragte oder den Niedersächsischen Landesbeauftragten für Opferschutz)
Zu Nummer 1 (§ 1 Abs. 1 Satz 2)
Mit dem neuen Satz 2 wird die Amtszeit der oder des Opferschutzbeauftragten an die Dauer der Legislaturperiode gebunden. Die Ernennung endet mit Ablauf der Legislaturperiode.
Zu Nummer 2 (§ 1 Abs. 2 Satz 3)
Die Aufzählung der Aufgaben der oder des Opferschutzbeauftragten hat eine neue Struktur erhalten. Hierdurch werden die drei Hauptsäulen der Tätigkeitsfelder klarer benannt. Eine inhaltliche Änderung der Zuständigkeit erfolgt hierdurch nicht.
Zu Nummer 3 (§ 1 Abs. 3)
Absatz 3 erhält den Zusatz, dass die oder der Opferschutzbeauftragte eine Aufwandsentschädigung erhält. Die Festlegung der ehrenamtlichen Tätigkeit entfällt hingegen.
Hintergrund ist der Kabinettsbeschluss vom 29.08.2023, mit dem entschieden wurde, dass der Landesbeauftragte für Opferschutz ab 01.01.2024 eine Aufwandsentschädigung i.H.v. monatlich 1.300 EUR erhält. Dies übersteigt die Ehrenamtspauschale von jährlich 840 EUR. Als Folge dessen ist die Ausübung im Ehrenamt in § 1 Abs. 3 Satz 2 NLfOG zu streichen.
Zu Nummer 4 (§ 2)
Der Regelungsgehalt von § 2 umfasst nunmehr nicht mehr die konkreten Aufgaben der oder des Opferschutzbeauftragten nach einem straftatbezogenen Großschadensereignis, sondern zunächst die Zuständigkeit. Dies wird durch die geänderte Überschrift verdeutlicht.
Zu Nummer 5 (§ 2 Abs. 1)
Satz 1 regelt die Zuständigkeit der oder des Opferschutzbeauftragten für die zentrale Koordinierung des Opferschutzes nach einem straftatbezogenen Großschadensereignis neu. Neben dem Vorliegen eines solchen Ereignisses bedarf es nach der neuen Regelung zudem eines erkennbaren Bedarfes zur Übernahme der zentralen Koordinierung. Hierdurch soll verdeutlicht werden, dass die Übernahme der Koordinierung auf zentraler Ebene keinen Automatismus darstellt. Sie soll ausschließlich dann ergänzend und unterstützend zum Einsatz kommen, wenn die regulären Opferunterstützungsstrukturen vor Ort nicht auskömmlich sind.
Zu Nummer 6 (§ 2 Abs. 2)
Zu a) und b):
Mit den Änderungen wird die Zuständigkeit der oder des Opferschutzbeauftragten bei Großschadensereignissen auf das Vorliegen einer Gewalttat fokussiert. Der Begriff der Gewalttat ist strafrechtlich nicht definiert. Nach der Polizeilichen Kriminalstatistik umfasst die Gewaltkriminalität folgende Delikte: Mord, Totschlag und Tötung auf Verlangen, Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und sexueller Übergriff im besonders schweren Fall einschl. mit Todesfolge, Raub, räuberische Erpressung und räuberischer Angriff auf Kraftfahrer, Körperverletzung mit Todesfolge, gefährliche und schwere Körperverletzung, Verstümmelung weiblicher Genitalien, erpresserischer Menschenraub, Geiselnahme sowie Angriff auf den Luft- und Seeverkehr. Dies gibt eine gute Orientierung für Taten, die bei einer entsprechend hohen Anzahl von verletzten oder getöteten Menschen eindeutig die Zuständigkeit der oder des Opferschutzbeauftragten eröffnen.
Das soziale Entschädigungsrecht bietet zudem in § 13 Abs. 1 SGB XIV eine Definition von Gewalttaten, die explizit die Opferbedürfnisse in den Blick nimmt. Es werden sowohl als körperliche Gewalttat definierte vorsätzliche, rechtswidrige, unmittelbar gegen eine Person gerichtete tätliche Angriffe als auch ein sonstiges vorsätzliches, rechtswidriges, unmittelbar gegen die freie Willensentscheidung einer Person gerichtetes schwerwiegendes Verhalten als Form der psychischen Gewalttat erfasst. Die Definition nach dem sozialen Entschädigungsrecht wird dem wissenschaftlichen Kenntnisstand gerecht, dass auch Taten ohne körperliche Schädigungen für die Betroffenen langfristig Belastungen nach sich ziehen können. Im Kontext der mit § 2 intendierten Opferunterstützung wird diese Definition den Anforderungen potentieller Betroffener besser gerecht und soll deshalb für die Zuständigkeitsregelung maßgeblich sein.
Die strafrechtliche Relevanz ist einer Gewalttat immanent, weshalb die Einschränkung in der Definition auf eine nicht auszuschließende Straftat als Ursache nunmehr obsolet und deshalb zu streichen ist.
Zu c), d) und e):
Es handelt sich um redaktionelle Folgeänderungen.
Zu Nummer 7 (§ 2 Abs. 3 und 4)
Mit dem neuen Absatz 3 wird eine Kann-Zuständigkeit der oder des Opferschutzbeauftragten eröffnet. Die Übernahme der zentralen Koordinierung des Opferschutzes soll auch möglich sein, wenn es sich nicht um eine Gewalttat handelt, sondern um ein anderes Ereignis mit hoher gesellschaftlicher Bedeutung aufgrund eines potentiell strafrechtlich relevanten Verhaltens. Hierdurch soll der oder dem Opferschutzbeauftragten auch die Bearbeitung von Unglücksfällen im Rahmen von Sonderstrukturen ermöglicht werden, wenn der strafrechtliche Hintergrund nicht ad hoc feststeht. Satz 2 konkretisiert das Kriterium der hohen gesellschaftlichen Bedeutung. Demnach ist diese anzunehmen, wenn das Ereignis zu einer Vielzahl von Verletzten und Toten geführt hat. Dieses quantitative Merkmal ist jedoch nicht zwingend im Rahmen der Kann-Zuständigkeit. So können auch politisch oder religiös motivierte Taten, bei denen lediglich einzelne Menschen verletzt oder getötet wurden, das Kriterium der hohen gesellschaftlichen Bedeutung erfüllen.
Absatz 4 normiert die kooperative Zusammenarbeit der oder des Opferschutzbeauftragten mit der oder dem Beauftragten der Bundesregierung für die Anliegen von Betroffenen von terroristischen und extremistischen Anschlägen im Inland (Bundesopferbeauftragte oder Bundesopferbeauftragter). Damit ist der oder dem Opferschutzbeauftragten auch in Fällen, in denen keine Zuständigkeit nach § 3 Abs. 2 oder 3 besteht, die Möglichkeit eröffnet, die Opferunterstützungsmaßnahmen zentral zu koordinieren und mit entsprechenden Sonderkompetenzen nach § 4 zu agieren.
Zu Nummer 8 (§ 3)
Die Aufgaben der zentralen Koordinierung des Opferschutzes nach straftatbezogenen Großschadensereignissen werden in § 3 geregelt. Dies wird durch die Überschrift verdeutlicht.
Zu Nummer 9 (§ 3)
Satz 1 nennt die Aufgaben im Rahmen der zentralen Koordinierung des Opferschutzes im Sinne von § 2 Absatz 1. Die Übernahme der zentralen Koordinierung kommt bei Gewalttaten nach § 2 Abs. 2 sowie bei Ereignissen im Sinne des § 2 Abs. 3 in Betracht. Die Aufzählung der Aufgaben ist nicht abschließend.
Nach Nummer 1 stellt die oder der Opferschutzbeauftragte den Informationsaustausch zwischen den Behörden und sonstigen Stellen sicher, die infolge der Gewalttat oder des vergleichbaren Ereignisses für die Opferbelange von Relevanz sind.
Zugleich ist auch die Informationsvermittlung an die Betroffenen nach Nummer 2 eine wesentliche Aufgabe, damit diese Kenntnis von Unterstützungsangeboten und Opferrechten erlangen.
Nummer 3 sieht die Initiierung und Koordinierung opferschutzbezogener Maßnahmen zur möglichst frühzeitigen, wohnortnahen und bedarfsgerechten Beratung sowie Unterstützung der Betroffenen vor. Dies umfasst beispielsweise Informations- und Beratungsveranstaltungen.
Ein wesentlicher Unterschied zwischen der regulären Tätigkeit der oder des Opferschutzbeauftragten und den Sonderstrukturen im Falle eines Großschadensereignisses ist der proaktive Ansatz. Deshalb nennt Nummer 4 explizit die Kontaktaufnahme zu den Betroffenen mit der Unterbreitung eines Unterstützungsangebotes. Diese aufsuchende Opferunterstützung resultiert aus dem Abschlussbericht des Bundesbeauftragten für die Opfer und Hinterbliebenen des Terroranschlags auf dem Breitscheidplatz (Berlin 2017), der maßgeblich war für die Installierung zentraler Opferschutzstrukturen in den Ländern zur Bewältigung von Großschadenslagen. Abgeleitet aus dem Sozialstaatsprinzip kommt der Staat mit der proaktiven Opferunterstützung seiner Verantwortung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern nach. Nachdem das Großschadensereignis an sich nicht verhindert werden konnte, werden mit der unaufgeforderten und direkten Unterbreitung von Hilfsangeboten weitere Belastungen der Betroffenen im Zuge der Bewältigung des Erlebten minimiert, womit das Vertrauen in den Staat zugleich wieder gesteigert wird.
Nummer 5 sieht die Vermittlung bedarfsgerechter Opferunterstützungsangebote sowie weiterer Hilfsmöglichkeiten an die Betroffenen vor.
Die Fallkonferenzen nach Nummer 6 sollen den Austausch der verschiedenen Institutionen der Opferunterstützung zu den Bedarfen von Einzelpersonen ermöglichen. Dies soll die reibungslose Versorgung der Betroffenen im Opferunterstützungssystem sicherstellen.
Satz 2 legt fest, dass die Informationen, die zwischen den Behörden und sonstigen Stellen ausgetauscht und an die Betroffenen übermittelt werden (Nummern 1 und 2), keiner Geheimhaltung unterliegen dürfen. Dies entspricht der Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 2 NLfOG alter Fassung.
Zu Nummer 10 (§ 4)
§ 4 erhält entsprechend des neuen Regelungsgehalts die Überschrift „Auskunft und Übermittlungspflicht nach straftatbezogenen Großschadensereignissen“ und gilt sowohl im Falle von § 2 Abs. 2 also auch von § 2 Abs. 3.
Zu Nummer 11 (§ 4)
§ 4 regelt das Auskunftsrecht und die Übermittlungspflicht nach straftatbezogenen Großschadensereignissen.
Absatz 1 entspricht dem bisherigen § 3 Abs. 1 NLfOG unter Berücksichtigung der überarbeiteten Zuständigkeit der oder des Opferschutzbeauftragten nach § 2 Abs. 1 bis 3. Das Auskunftsrecht besteht demnach sowohl bei straftatbezogenen Großschadensereignissen gem. § 2 Abs. 2 als auch bei der Übernahme der zentralen Koordinierung des Opferschutzes nach § 2 Abs. 3. Zudem wurde der Bezug auf die Aufgaben im Zusammenhang dieser Zuständigkeit nach § 3 aktualisiert.
Absatz 2 entspricht dem bisherigen § 3 Abs. 2 ebenfalls unter Berücksichtigung der Zuständigkeit für straftatbezogene Großschadensereignisse und sonstige Ereignisse nach § 2 Abs. 3. Zudem wurde der Bezug auf die Aufgabe der oder des Opferschutzbeauftragten, Kontakt zu den Betroffenen aufzunehmen, mit der Nennung von § 3 Abs. 1 Nummer 4 aktualisiert. Hierdurch wird die Datenübertragung insofern begrenzt, als sie für die Kontaktaufnahme erforderlich ist. Zugleich wird damit die Zweckänderung der Datenverarbeitung normiert. Die übertragenen Daten dürfen allein zur Kontaktaufnahme mit den Betroffenen weiterverarbeitet werden. Ein Rückgriff auf die einschlägigen allgemeinen Zweckänderungsbefugnisse nach § 6 Abs. 2 Nrn. 3 und 5 Niedersächsisches Datenschutzgesetz erübrigt sich damit.
Absatz 3 regelt die Verpflichtung der zuständigen Polizeibehörden des Landes, die in Absatz 2 genannten personenbezogenen Daten unverzüglich an die oder den Opferschutzbeauftragten zu übermitteln. Dies umfasst lediglich die vorhandenen Daten; eine Erhebungspflicht geht damit nicht einher. Die Übermittlung erfolgt zudem nunmehr auch ohne Einwilligung der Betroffenen. Der Einwilligungsvorbehalt nach § 3 Abs. 3 Satz 1 NLfOG alter Fassung entfällt. Dies dient der möglichst schnellen, unbürokratischen und für die Betroffenen dadurch belastungsarmen Information über das Unterstützungsangebot der Opferschutzbeauftragten oder des Opferschutzbeauftragten. Die oder der Opferschutzbeauftragte schreibt die Betroffenen zeitnah nach dem Ereignis einmalig an (proaktiver Ansatz als Lehre aus der suboptimalen Begleitung der Opfer vom Terroranschlag auf dem Berliner Breitscheitplatz). Ihnen soll damit von staatlicher Seite Anteilnahme zum Ausdruck gebracht werden und ggf. kondoliert werden. Zugleich wird die oder der Opferschutzbeauftragte seine Unterstützung in allen aus dem Ereignis resultierenden Belangen der Opferhilfe und des Opferschutzes anbieten und einen Überblick über bestehende Hilfsangebote inkl. zuständiger Stellen und Kontakte geben. Hierdurch soll den Betroffenen zum einen vermittelt werden, dass sie staatlicherseits nicht mit der Bewältigung des Erlebten alleingelassen werden und zum anderen konkret aufgezeigt werden, welche Unterstützungsmöglichkeiten bestehen. Die Inanspruchnahme des Unterstützungsangebotes ist freiwillig. Eine weitere Kontaktaufnahme zu den Betroffenen erfolgt nur auf deren Wunsch. Die Opferautonomie wird damit gewahrt.
Die Datenübertragung ohne Einwilligung ist für die proaktive Kontaktaufnahme zu den Betroffenen ein geeignetes Mittel, da sie erlaubt, die Betroffenen schnell und unbürokratisch über die Unterstützung durch die oder den Opferschutzbeauftragten zu informieren.
Sie ist auch das mildeste Mittel, da lediglich die polizeilicherseits bereits bekannten Daten verwendet werden. Auch bedeutet der Wegfall der Einwilligungserklärung eine Entlastung für die Betroffenen. Nach einem einschneidenden, potentiell traumatisierenden Erlebnis, bei dem sie unter Umständen selbst verletzt wurden, nahestehende Personen getötet wurden oder das Versterben anderer beobachtet wurde, ist die schriftliche Abfrage einer Einwilligung zur Datenweitergabe an die oder den Opferschutzbeauftragten nicht opfersensibel. Es stellt vielmehr ein weiteres belastendes Moment dar. Mildere Mittel wie etwa eine reine allgemeine Information über Opferschutz kommen nicht in Betracht, da sie nicht geeignet wären, die besondere Fürsorge des Staates zum Ausdruck zu bringen und zugleich keiner individuellen Begleitung der Betroffenen andienen.
Die Datenübermittlung ist auch im engeren Sinne angemessen. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung wird lediglich in engem Rahmen tangiert: Die Datenübermittlung erfolgt lediglich in dem seltenen Fall eines straftatbezogenen Großschadensereignisses nach Übernahme der zentralen Koordinierung des Opferschutzes durch die oder den Opferschutzbeauftragten. Zudem werden lediglich die durch die Polizei erhobenen Daten verarbeitet, soweit sie zur Aufgabenerfüllung durch die oder den Opferschutzbeauftragten erforderlich sind. Schließlich dient die Datenübermittlung dem Ziel, den Betroffenen Hilfe bei der Bewältigung des Erlebten anzubieten und so einer Chronifizierung von Belastungsfolgen entgegenzuwirken. Die Kontaktaufnahme auf Basis der personenbezogenen Daten erfolgt regelmäßig wenige Tage nach dem Ereignis. Das Risiko einer Reaktualisierung des Traumas durch die Kontaktaufnahme besteht nicht, da sich zu einem solchen frühen Zeitpunkt noch keine Traumfolgestörungen manifestieren.
Die Regelung nach § 3 Abs. 3 Satz 1 NLfOG alter Fassung stieß zudem auf erhebliche praktische Hürden. Die bisher vorgesehene Einholung der Einwilligung bei den Betroffenen durch die Polizei ist aus mehreren Gründen nicht umsetzbar: Zum einen besteht ein zeitliches Delta zwischen der polizeilichen Präsenz am Ereignisort und der Übernahme der Zuständigkeit durch die oder den Opferschutzbeauftragten. Bis diesbezüglich Klarheit besteht und die Polizeieinsatzkräfte vor Ort informiert wären, ist die Einsatzlage erwartungsgemäß bereits soweit beendet, dass Betroffene vielfach nicht mehr am Ereignisort anzutreffen sein werden. Die Verletzten befinden sich in Krankenhäusern, Unverletzte werden alsbald möglich das Geschehen verlassen. Zum anderen bedeutet die Einholung von Einwilligungen ggf. auch im Nachgang eine erhebliche Arbeitsbelastung für die Polizeikräfte, die vor Ort mit der taktischen Lagesicherung befasst sind und im späteren Verlauf in die Aufklärung der Tat und Ermittlung eingebunden sind. Schließlich wird die Einholung der Einwilligung, die naturgemäß einen bürokratischen Charakter haben muss, als nicht opfersensibel erachtet. Denn um ein frühzeitiges Hilfsangebot zur Opferunterstützung unterbreiten zu können, müsste die Einwilligung unmittelbar nach der Tat und damit in der Phase eines akuten Traumas eingeholt werden. Dies ist kontraproduktiv zum eigentlichen Ziel der Entlastung und Unterstützung.
Zu Nummer 12 (§ 5)
Der neu eingefügte § 5 erhält die Überschrift „Verarbeitung personenbezogener Daten nach straftatbezogenen Großschadensereignissen“.
Zu Nummer 13 (§ 5)
§ 5 regelt die Datenverarbeitungsbefugnis nach straftatbezogenen Großschadensereignissen.
Absatz 1 Satz 1 begründet die Befugnis der oder des Opferschutzbeauftragten zur Verarbeitung personenbezogener Daten, soweit dies zur Aufgabenwahrnehmung nach § 3 Satz 1 erforderlich ist. Dies umfasst vor allem die für die Kontaktaufnahme erforderlichen Daten.
Die Befugnis zur Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten im Sinne von Art. 9 DSGVO wird in Satz 2 an die Voraussetzung geknüpft, dass die Verarbeitung unbedingt erforderlich ist, um opferschutzbezogene Maßnahmen zu initiieren und koordinieren (§ 3 Satz 1 Nummer 3), Kontakt zu den Betroffenen aufzunehmen (Nummer 4), Opferunterstützungsangebote und Hilfsmöglichkeiten an die Betroffenen zu vermitteln (Nummer 5) oder Fallkonferenzen durchzuführen (Nummer 6). Hierdurch wird die besondere Schutzbedürftigkeit dieser Kategorien von Daten berücksichtigt. Die Verarbeitung ist auch aus Gründen eines erheblichen öffentlichen Interesses erforderlich im Sinne von Art. 9 Abs. 2 Buchst. g) DSGVO. Mit dem proaktiven Unterstützungsangebot kommt die oder der Opferschutzbeauftragte einer staatlichen Fürsorgepflicht für diejenigen nach, die der Staat nicht vor einer schweren Straftat zu schützen vermochte. Gerade bei Großschadensereignissen wie Terroranschlägen sind die Opfer häufig zufällig und werden als stellvertretend für die Gesellschaft verletzt oder sogar getötet. Das Risiko, Opfer eines straftatbezogenen Großschadensereignisses zu werden betrifft somit alle Mitglieder der Gesellschaft. Die bestmögliche Unterstützung bei der Verarbeitung eines solchen Ereignisses ist damit nicht nur im Interesse des Einzelnen, der zufällig zum Opfer geworden ist, sondern ein gesamtgesellschaftliches und deshalb zwingendes staatliches Anliegen. Die Kenntnis besonderer Kategorien personenbezogener Daten wie die Gesundheitsdaten und Sprachkenntnisse machen eine adressatengerechte und verständliche Kontaktaufnahme erst möglich. An der Verarbeitung der besonderen Kategorien personenbezogener Daten besteht damit ein erhebliches öffentliches Interesse.
Mit Satz 3 wird wie vormals in § 3 Abs. 4 Satz 2 NLfOG alter Fassung die Geltung von § 17 Abs. 2 bis 4 NDSG klargestellt. Im Übrigen gelten auch die sonstigen Bestimmungen des NDSD einschließlich § 28 NDSG zur Löschung personenbezogener Daten.
Satz 4 eröffnet der oder dem Opferschutzbeauftragten ferner die Datenverarbeitungsbefugnis hinsichtlich der Kfz-Kennzeichen von Fahrzeugen, die als Tatwaffe verwendet wurden. Das Kennzeichen ist entscheidend bei der Klärung des Versicherungsschutzes/Anspruchsgegners für zivilrechtliche Ansprüche der Geschädigten. In Fällen des mangelnden Versicherungsschutzes, wie etwa bei Vorsatztaten unter Verwendung eines Kfz, ist die Verkehrsopferhilfe e.V. eintrittspflichtig. Damit die oder der Opferschutzbeauftragte die Betroffenen über diese Möglichkeit der Schadensregulierung informieren kann, bedarf es der frühzeitigen Klärung, ob die Verkehrsopferhilfe e.V. eintrittspflichtig ist, was über das Kennzeichen und Rücksprache mit dem etwaigen Versicherer in Erfahrung gebracht werden kann. Aufgrund der vielfältigen Abhängigkeiten von finanziellen Unterstützungsmöglichkeiten untereinander, da häufig lediglich subsidiär zu anderen Leistungen Zahlungen erfolgen, ist eine frühere Klärung unter den Leistungsträgern immanent wichtig für eine möglichst unbürokratische und reibungslose Opferunterstützung.
Absatz 2 Satz 1 regelt ein Zustimmungserfordernis für die Vermittlung von Opferunterstützungsangeboten und das Durchführen von Fallkonferenzen. Damit wird sichergestellt, dass diese Maßnahmen nur bei einer ausdrücklichen Willensbekundung der Betroffenen für sie ergriffen werden.
Nach Satz 2 ist die Übermittlung von personenbezogenen Daten an die oder den Bundesopferbeauftragten sowie die zentralen Opferschutzstrukturen der Bundesländer von diesem Erfordernis ausgenommen. Damit sollen vor allem bundesländerübergreifende Fälle, in denen Ereignisort und Heimatort der Betroffenen auseinanderfallen, gleichwohl zügig bearbeitet werden können. Dazu sollen die Heimatbundesländer möglichst frühzeitig erfahren, wenn Betroffene ihren Wohnsitz dort haben. Die weiteren Unterstützungsmaßnahmen ergreift dann im Sinne einer wohnortnahen Versorgung regelmäßig nicht das Bundesland des Tatorts, sondern das Heimatbundesland. Die Datenübertragung darf dabei einzig dem Zweck dienen, dass den Betroffenen seitens der zuständigen zentralen Opferschutzstrukturen des Bundes und der Länder Unterstützung angeboten werden kann.
Mit Absatz 3 wird festgelegt, dass die Datenverarbeitungsbefugnisse auch bestehen, wenn die oder der Opferschutzbeauftragte lediglich unterstützend für die oder den Bundesopferbeauftragten tätig wird.
Zu Nummer 14 (§ 6)
Der neu eingefügte § 6 erhält die Überschrift „Übermittlung von personenbezogenen Daten in sonstigen Fällen“.
Zu Nummer 15 (§ 6)
§ 6 regelt das Zustimmungserfordernis für die Übermittlung von Betroffenendaten zwecks Opferunterstützung auch außerhalb von Großschadenslagen. Damit wird sichergestellt, dass eine Vermittlung an Opferunterstützungseinrichtungen oder Behörden nicht gegen den Willen der Betroffenen erfolgt.
Zu Nummer 16 (§ 7)
Inhaltlich ist § 7 gleichlautend mit § 3 Abs. 5 NLfOG alter Fassung und wird mit der Überschrift „Datenschutzrechtliche Verantwortung“ versehen.
Zu Nummer 17 (§ 8)
Als Folgeänderung aufgrund der neu eingefügten Paragraphen wird § 4 NLfOG alter Fassung nun zu § 8.
Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)
Artikel 2 regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.