Gesetzentwurf: Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Informationsfreiheit in Niedersachsen

Gesetzentwurf

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Hannover, den 10.08.09

Der Landtag wolle das folgende Gesetz beschließen:

Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Informationsfreiheit in Niedersachsen

Artikel 1

Niedersächsisches Informationsfreiheitsgesetz (NdsIFG)

§ 1 Gesetzeszweck

Zweck dieses Gesetzes ist es, den freien Zugang zu den bei informationspflichtigen Stellen vorhandenen Informationen sowie die Verbreitung dieser Informationen zu gewährleisten und die grundlegenden Voraussetzungen festzulegen, unter denen derartige Informationen zugänglich gemacht werden sollen.

§ 2 Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Gesetzes sind

  1. Informationen
    • alle in Schrift-, Bild-, Ton oder elektronischer Form oder auf sonstigen Informationsträgern
    • vorhandene Informationen;
  1. öffentliche Informationen
    • die bei einer öffentlichen Stelle oder juristischen Person des Privatrechts, die öffentliche Zuständigkeiten haben, vorhandenen Informationen;
  1. Informationsträger
    • alle Medien, die Informationen in Schrift-, Bild-, Ton- oder elektronisch oder
    • in sonstiger Form speichern können;
  1. informationspflichtige Stellen
    1. alle Stellen im Sinne des § 2 des Niedersächsischen

    Datenschutzgesetz, auch soweit sie privatrechtlich tätig werden,

    1. natürliche Personen oder juristische Personen des Privatrechts, die öffentliche

    Zuständigkeiten haben, öffentliche Aufgaben wahrnehmen oder öffentliche Dienstleistungen erbringen und dabei der Kontrolle von öffentlichen Stellen unterliegen;

  2. Kontrolle im Sinne der Nr. 4 wird ausgeübt, wenn
    1. die Person des privaten Rechts bei der Wahrnehmung der öffentlichen Aufgabe

    oder bei der Erbringung der öffentlichen Dienstleistung gegenüber Dritten

    besonderen Pflichten unterliegt oder über besondere Rechte verfügt,

    insbesondere ein Kontrahierungszwang oder ein Anschluss- und

    Benutzungszwang besteht, oder

    eine oder mehrere der in Abs. 1 Satz 1 genannten juristischen Personen des

    öffentlichen Rechts alleine oder zusammen, unmittelbar oder mittelbar

  1. die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Unternehmens besitzen,
  2. über die Mehrheit der mit den Anteilen des Unternehmens verbundenen Stimmrechte verfügen oder
  3. mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Unternehmens bestellen können;
  1. verfügen

    • Eine informationspflichtige Stelle verfügt über Informationen, wenn diese bei ihr

    • vorhanden sind oder für sie bereit gehalten werden. Ein Bereithalten liegt vor, wenn

    • eine natürliche oder juristische Person, die selbst nicht informationspflichtige Stelle

    • ist, Informationen für eine informationspflichtige Stelle aufbewahrt, auf die diese Stelle

    • einen Anspruch auf Kenntnis hat;

  1. zuständige Stellen
    • die öffentlichen Stellen, bei denen die begehrten Informationen vorhanden
    • sind;

§ 3 Anwendungsbereich

(1) Die Vorschriften über den Zugang zu Informationen gelten für die informationspflichtigen Stellen des Landes, der Gemeinden, Landkreise, Regionen und der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Vereinigungen und Personen des privaten Rechts bei der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben, auch, soweit diese Bundesrecht oder Recht der Europäischen Gemeinschaften ausführen.

(2) Dieses Gesetz gilt nicht für

  1. den Landtag im Rahmen seiner Gesetzgebungstätigkeit;
  2. die Gerichte, Strafverfolgungs- und Strafvollstreckungsbehörden, soweit sie als Organe der Rechtspflege tätig werden;
  3. den Landesrechnungshof, soweit er in richterlicher Unabhängigkeit tätig wird;
  4. den Norddeutschen Rundfunk im Rahmen seiner journalistischen Tätigkeit.

§ 4 Anspruch auf Informationsfreiheit

Jede natürliche und juristische Person des Privatrechts hat Anspruch auf Zugang zu Informationen, über die eine informationspflichtige Stelle verfügt.

§ 5 Ausgestaltung des Informationszugangsanspruchs

(1) Die informationspflichtigen Stellen haben nach Wahl der antragstellenden Person Auskunft zu erteilen oder die Informationsträger zugänglich zu machen, die die begehrten Informationen enthalten. Die informationspflichtige Stelle kann auf eine Veröffentlichung insbesondere im Internet verweisen, wenn sie der antragstellenden Person die Fundstelle angibt.

(2) Handelt es sich um vorübergehend beigezogene Akten anderer informationspflichtiger Stellen, die nicht Bestandteil der eigenen Aufzeichnungen werden sollen, so weist die Stelle auf diese Tatsache hin und nennt die für die Entscheidung über die Akteneinsicht zuständige Stelle.

 (3) Die informationspflichtigen Stellen stellen ausreichende zeitliche, sachliche und räumliche Möglichkeiten für den Informationszugang zur Verfügung. Die Anfertigung von Notizen ist gestattet. Kann die Stelle die Anforderungen von Satz 1 nicht erfüllen, stellt sie Kopien zur Verfügung.

(4) Die informationspflichtige Stelle stellt auf Antrag Kopien der Informationsträger, die die begehrten Informationen enthalten, auch durch Versendung zur Verfügung. Hat die antragstellende Person keine Auswahl zum Übermittlungsweg getroffen, ist regelmäßig die kostengünstigste Form der Übermittlung zu wählen.

(5) Soweit Informationsträger nur mit Hilfe von Maschinen lesbar sind, stellt die informationspflichtige Stelle auf Verlangen der antragstellenden Person maschinenlesbare Informationsträger einschließlich der erforderlichen Leseanweisungen oder lesbare Ausdrucke zur Verfügung.

§ 6 Antragstellung

(1) Der Zugang zu Informationen wird auf Antrag gewährt.  Der Antrag soll schriftlich gestellt werden; eine elektronische oder mündliche Antragstellung ist zulässig. Der Antrag muss nicht begründet werden.

(2) Der Antrag muss erkennen lassen, zu welchen Informationen der Zugang gewünscht wird. Ist der Antrag zu unbestimmt, so ist der antragstellenden Person dies unverzüglich, spätestens aber innerhalb von 2 Wochen mitzuteilen und Gelegenheit zur Präzisierung des Antrags zu geben. Kommt die antragstellende Person der Aufforderung zur Präzisierung nach, beginnt der Lauf der Frist zur Beantwortung von Anträgen erneut. Die Informationssuchenden sind bei der Stellung und Präzisierung von Anträgen zu unterstützen. Sofern der antragstellenden Person Angaben zur Umschreibung der begehrten Informationen fehlen, hat die angerufene informationspflichtige Stelle sie oder ihn zu beraten.

(3) Der Antrag soll bei der informationspflichtigen Stelle gestellt werden. Zuständige Stelle ist       die Stelle, die über die begehrten Informationen verfügt. § 5 Absatz 2 bleibt unberührt. Ist die angerufene Stelle nicht die informationspflichtige Stelle, so hat die angerufene Stelle die nach Satz 2 zuständige Stelle zu ermitteln und der antragstellenden Person zu benennen.

§ 7 Bescheidung des Antrages

(1) Die informationspflichtigen Stellen müssen die Informationen der antragstellenden Person unter Berücksichtigung etwaiger von ihr angegebener Zeitpunkte, spätestens aber 2 Wochen nach Eingang des Antrags, zugänglich machen.

(2) Die Ablehnung eines Antrags oder die Beschränkung des begehrten Zugangs zu Informationen ist innerhalb der in Absatz 1 genannten Frist schriftlich bekannt zu geben und zu begründen. Wurde der Antrag mündlich gestellt, gilt das Schriftformerfordernis nur auf ausdrückliches Verlangen der antragstellenden Person.

(3) Soweit Umfang und Komplexität der begehrten Informationen dies rechtfertigen, kann die Frist des Absatzes 1 auf 4 Wochen verlängert werden. Die Antragstellerin oder der Antragsteller ist über die Fristverlängerung und deren Gründe schriftlich zu informieren. Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Besteht ein Anspruch auf Informationszugang zum Teil, ist dem Antrag in dem Umfang stattzugeben, in dem der Informationszugang ohne Preisgabe der geheimhaltungsbedürftigen Informationen oder ohne unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand möglich ist. Entsprechendes gilt, wenn sich der Antragsteller in den Fällen, in denen Belange Dritter berührt sind, mit einer Unkenntlichmachung der diesbezüglichen Informationen einverstanden erklärt.

(5) Gegen die ablehnende Entscheidung sind Widerspruch und Verpflichtungsklage zulässig.

(6) Wird der Antrag nicht innerhalb der in Absatz 1 oder Absatz 3 genannten Frist beschieden, gilt dies als Ablehnung.

§ 8 Unterstützung des Zugangs zu Informationen

(1) Die informationspflichtigen Stellen ergreifen Maßnahmen, um den Zugang zu den bei ihnen verfügbaren Informationen zu erleichtern. Zu diesem Zweck wirken sie darauf hin, dass Informationen, über die sie verfügen, zunehmend in elektronischen Datenbanken oder in sonstigen Formaten gespeichert werden, die über Mittel der elektronischen Kommunikation abrufbar sind.

(2) Die informationspflichtigen Stellen treffen praktische Vorkehrungen zur Erleichterung des Informationszugangs, beispielsweise durch

  1. die Benennung von Auskunftspersonen oder Informationsstellen,
  2. die Veröffentlichung von Verzeichnissen über verfügbare Informationen,
  3. die Einrichtung öffentlich zugänglicher Informationsnetze und Datenbanken oder
  4. die Veröffentlichung von Informationen über behördliche Zuständigkeiten.

(3) Soweit möglich, gewährleisten die informationspflichtigen Stellen, dass alle Informationen, die von ihnen oder für sie zusammengestellt werden, auf dem gegenwärtigen Stand, exakt und vergleichbar sind.

§ 9 Schutz öffentlicher Belange und der Rechtsdurchsetzung

Der Antrag auf Zugang zu Informationen ist abzulehnen, soweit und solange

  1. das Bekanntwerden der Informationen die internationalen Beziehungen, die Beziehungen zum Bund oder zu einem Land, die Landesverteidigung oder die innere Sicherheit nicht unerheblich gefährden würde;
  2. durch die Bekanntgabe der Informationen der Verfahrensablauf eines anhängigen Gerichtsverfahrens, eines Ordnungswidrigkeitenverfahren oder eines Disziplinarverfahrens erheblich beeinträchtigt würde;
  3. die Bekanntgabe der Informationen den Erfolg eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gefährden würde;

es sei denn, dass das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt.

§ 10 Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen

(1) Der Antrag auf Zugang zu Informationen ist abzulehnen, soweit durch die Übermittlung der Informationen ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis zugänglich gemacht würde oder die Informationen dem Steuergeheimnis oder dem Statistikgeheimnis unterliegen, es sei denn, die Betroffenen haben zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt.

(2) Soll Zugang zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen gewährt werden, so hat die informationspflichtige Stelle der oder dem Betroffenen vorher Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die informationspflichtige Stelle hat in der Regel von einer Betroffenheit im Sinne des Abs. 1 auszugehen, soweit übermittelte Informationen als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gekennzeichnet sind. Soweit die informationspflichtige Stelle dies verlangt, haben mögliche Betroffene im Einzelnen darzulegen, dass ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis vorliegt.

§ 11 Schutz personenbezogener Daten

(1) Zugang zu personenbezogenen Daten darf nur gewährt werden, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt oder der Dritte eingewilligt hat. Besondere Arten personenbezogener Daten wie Angaben über die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit oder Sexualleben dürfen nur übermittelt werden, wenn der Dritte ausdrücklich eingewilligt hat.

(2) Das Informationsinteresse des Antragstellers überwiegt nicht bei Informationen aus Unterlagen, soweit sie mit dem Dienst- oder Amtsverhältnis des Dritten in Zusammenhang stehen und bei Informationen, die einem Berufs- oder Amtsgeheimnis unterliegen.

(3) Das Informationsinteresse des Antragstellers überwiegt das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs in der Regel dann, wenn sich die Angabe auf Name, Titel, akademischen Grad, Berufs- und Funktionsbezeichnung, Büroanschrift und -telekommunikationsnummer beschränkt und der Dritte als Gutachter, Sachverständiger oder in vergleichbarer Weise eine Stellungnahme in einem Verfahren abgegeben hat.

(4) Name, Titel, akademischer Grad, Berufs- und Funktionsbezeichnung, Büroanschrift und -telekommunikationsnummer von Bearbeitern sind vom Informationszugang nicht ausgeschlossen, soweit sie Ausdruck und Folge der amtlichen Tätigkeit sind und kein Ausnahmetatbestand erfüllt ist.

§ 12 Beschränkter Informationszugang

(1) Soweit und solange Informationen aufgrund der §§ 8 bis 10 nicht zugänglich gemacht werden dürfen, besteht Anspruch auf Zugang zu den übrigen begehrten Informationen. Soweit und solange eine Abtrennung nicht möglich ist, besteht Anspruch auf Auskunftserteilung.

(2) Die in §§ 8, 9, 11 genannten Ablehnungsgründe sind eng auszulegen, wobei im Einzelfall das öffentliche Interesse der Bekanntgabe zu berücksichtigen und gegen das Interesse an der Verweigerung der Bekanntgabe abzuwägen ist.

(3) Der Zugang zu Informationen über Emissionen in die Umwelt kann nicht unterBerufung auf §§ 9, 10 abgelehnt werden.

§ 13 Trennungsprinzip

Die Behörden sollen geeignete organisatorische Vorkehrungen treffen, damit Informationen, die dem Anwendungsbereich der §§ 9 bis 12 unterfallen, ohne unverhältnismäßigen Aufwand abgetrennt werden können.

§ 14 Kosten

(1) Für Amtshandlungen nach diesem Gesetz sind Gebühren zu erheben. Dies gilt nicht für die Erteilung mündlicher und einfacher schriftlicher Auskünfte und die Einsichtnahme in amtliche Informationen vor Ort, sowie für die Verwendung zur schulischen und universitären Bildung. Eine Gebührenpflicht entfällt auch,

Zurück zum Pressearchiv