Gesetzentwurf: Entwurf eines Gesetzes über das Sondervermögen zur Bewältigung der Auswirkungen des Angriffskrieges gegen die Ukraine auf die Finanzlage, Sicherheit, Wirtschaft, Gesellschaft sowie Energiesicherheit des Landes Niedersachsen

Der Landtag wolle das folgende Gesetz beschließen:

Gesetz

über das Sondervermögen zur Bewältigung der Auswirkungen des Angriffskriegs gegen die Ukraine auf die Finanzlage, Sicherheit, Wirtschaft, Gesellschaft sowie Energiesicherheit des Landes Niedersachsen

 

Artikel 1

Gesetz über das Sondervermögen zur Bewältigung der Auswirkungen des Angriffskriegs gegen die Ukraine auf die Finanzlage, Sicherheit, Wirtschaft, Gesellschaft sowie Energiesicherheit des Landes Niedersachsen

§ 1
Errichtung

1Das Land Niedersachsen errichtet ein zweckgebundenes, nicht rechtsfähiges „Gesetz über das Sondervermögen zur Bewältigung der Auswirkungen des Angriffskriegs gegen die Ukraine auf die Finanzlage, Sicherheit, Wirtschaft, Gesellschaft sowie Energiesicherheit des Landes Niedersachsen“. 2Das Sondervermögen ist von dem übrigen Vermögen des Landes getrennt zu halten.

§ 2
Zweck des Sondervermögens

(1) Das Sondervermögen dient der Finanzierung der Bewältigung der Auswirkungen des Angriffskriegs gegen die Ukraine in Niedersachsen, insbesondere durch

1.      Maßnahmen zur Stärkung des Zivil- und Katastrophenschutzes,

2.      Maßnahmen zur Aufnahme, Unterstützung und Teilhabe von Geflüchteten,

3.      Maßnahmen zur Beschleunigung der Energie- und Wärmewende, die eine weitgehende Autarkie von Importen fossiler Energieträger ermöglichen und dadurch die Energieversorgung des Landes sichern,

4.      Maßnahmen zur sozialen Abfederung besonderer Härten durch gestiegene Energiepreise,

5.      Maßnahmen zur Stabilisierung und zur Aufrechterhaltung der Investitions- und Innovationskraft der Wirtschaft,

6.      Maßnahmen zur Milderung der finanziellen Auswirkungen auf die Kommunen und kommunale Unternehmen,

7.      Kofinanzierung von Maßnahmen des Bundes und der Europäischen Union,

8.      den Ausgleich von Steuermindereinnahmen des Landes aufgrund steuerrechtlicher Entlastungsmaßnahmen und

9.      den Ausgleich von Steuermindereinnahmen aufgrund des Einbruchs der wirtschaftlichen Entwicklung, soweit diese nicht im Rahmen der Konjunkturbereinigung nach Artikel 71 Abs. 3 der Niedersächsischen Verfassung in Verbindung mit § 18 b der Niedersächsischen Landeshaushaltsordnung aufgefangen werden.

(2) Darüber hinaus kann aus dem Sondervermögen die Tilgung der Kredite finanziert werden, die aufgrund der durch die Auswirkungen des Angriffskriegs gegen die Ukraine entstandenen Notsituation auf Grundlage des Artikels 71 Abs. 4 der Niedersächsischen Verfassung aufgenommen wurden.

§ 3
Zweckbindung, Verwendung der Mittel des Sondervermögens

(1) 1Die Mittel des Sondervermögens dürfen nur für die in § 2 bestimmten Zwecke verwendet werden. 2Ein Rechtsanspruch auf eine Finanzierung aus dem Sondervermögen besteht nicht.

(2) 1Ausgaben für die in § 2 Abs. 1 Nrn. 1 bis 7 genannten Zwecke dürfen aus dem Sondervermögen nur bis zum 31. Dezember 2027 geleistet werden. 2Zu einem späteren Zeitpunkt dürfen Ausgaben nur insoweit aus dem Sondervermögen geleistet werden, als bis zum 31. Dezember 2027 eine entsprechende rechtliche Verpflichtung begründet wurde. 3Ein Ausgleich nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 darf nur vorgenommen werden, soweit Mindereinnahmen auf steuerliche Entlastungsmaßnahmen im Zeitraum bis zum 31. Dezember 2027 zurückzuführen sind. 4Der Ausgleich nach § 2 Abs. 1 Nr. 9 darf nur für die Haushaltsjahre 2022 bis 2025 erfolgen.

§ 4
Finanzierung

1Dem Sondervermögen werden nach Beschluss des Landtags Mittel aus dem Haushalt zugeführt. 2Hierzu können auch Zuweisungen des Bundes zur Finanzierung von im Finanzierungsplan gemäß § 5 enthaltenen Maßnahmen im Sondervermögen vereinnahmt werden.

§ 5
Bewirtschaftung der Mittel, Beteiligung des Landtages

(1) 1Ausgaben dürfen nur geleistet und Verpflichtungen nur eingegangen werden, soweit sie in einen Finanzierungsplan aufgenommen worden sind, der von der Landesregierung beschlossen und dem für Haushaltsangelegenheiten zuständigen Ausschuss des Landtages vorab zur Kenntnisnahme vorgelegt worden ist. 2In ihm ist darzustellen, dass die Ausgaben und Verpflichtungen des jeweiligen Haushaltsjahres die im Sondervermögen verfügbaren Mittel nicht überschreiten. 3Der Finanzierungsplan ist vom Finanzministerium aufzustellen und jährlich sowie bei Bedarf fortzuschreiben. 4Im Fall eines unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedarfs ist das Finanzministerium ermächtigt, im Rahmen des verfügbaren Bestandes des Sondervermögens abweichend vom Finanzierungsplan Ausgaben zu leisten und Verpflichtungen einzugehen. Sondervermögen.

(2) 1Der Finanzierungsplan für das Haushaltsjahr 2022 ist dem Landtag spätestens zwei Monate nach Beschluss über das Haushaltsgesetz, mit dem das Sondervermögen erstmalig gefüllt wird, vorzulegen. 2Zwischen dem Beschluss über das Haushaltsgesetz und der Vorlage des Finanzierungsplans dürfen bis zur Höhe der Zuführungen dem Zweck des Sondervermögens (§ 2 Abs. 1) entsprechende Ausgaben geleistet und entsprechende Verpflichtungen eingegangen werden, auch wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 nicht vorliegen. 3Solange nach dem in Satz 1 genannten Zeitpunkt dem für Haushaltsangelegenheiten zuständigen Ausschuss des Landtages kein Finanzierungsplan vorgelegt wurde, ist das Finanzministerium nur ermächtigt, Ausgaben zu leisten oder Verpflichtungen einzugehen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 4 vorliegen.

(3) Das Finanzministerium unterrichtet den für Haushaltsangelegenheiten zuständigen Ausschuss des Landtages fortlaufend in angemessenen Abständen oder auf dessen Ersuchen über die Verwendung der Mittel des Sondervermögens.

§ 6
Verwaltung des Sondervermögens

1Das Finanzministerium verwaltet das Sondervermögen. 2Es kann die Verwaltung des Sondervermögens teilweise auf andere oberste Landesbehörden übertragen.

§ 7
Nachweis des Sondervermögens

(1) 1Über die Einnahmen und Ausgaben des Sondervermögens ist für jedes Haushaltsjahr eine Übersicht zu erstellen. 2Die Übersicht ist Bestandteil des Haushaltsplans des Landes und wird als Kapitel 5136 im Anschluss an den Einzelplan 13 ausgewiesen.

(2) Nach Schluss eines jeden Haushaltsjahres ist der Haushaltsrechnung des Landes ein Nachweis über die Einnahmen und Ausgaben sowie den Bestand des Sondervermögens beizufügen.

§ 8
Auflösung des Sondervermögens

Das Sondervermögen gilt als aufgelöst, wenn sein Bestand vollständig verausgabt wurde.

Artikel 2

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.

Begründung

Die Folgen des gegenwärtigen Angriffskriegs gegen die Ukraine stellen den Haushalt des Landes Niedersachsen vor enorme Herausforderungen und machen umfangreiche Maßnahmen zur Bewältigung der Auswirkungen dieses Krieges auf Sicherheit, Wirtschaft, Gesellschaft sowie Energiesicherheit des Landes Niedersachsen erforderlich.

Mit diesem Gesetz soll ein neues „Sondervermögen zur Bewältigung der Auswirkungen des Angriffskriegs gegen die Ukraine auf die Finanzlage, Sicherheit, Wirtschaft, Gesellschaft sowie Energiesicherheit des Landes Niedersachsen“ errichtet werden, um künftig Mittel zur Bewältigung der Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine auf das Land Niedersachsen bereitzustellen. Zudem soll die Finanzierung in einem Sondervermögen in transparenter Weise dargestellt und überjährig gesichert, sowie die Tilgung von künftig aufzunehmenden Krediten aus dem Sondervermögen in späteren Haushaltsjahren ermöglicht werden.

Als Zwecke des Sondervermögens werden in §2 die Auswirkungen auf Niedersachsen beispielhaft benannt, die zum gegenwärtigen Stand bereits erkennbar sind. Immer mehr Menschen fliehen aus dem Kriegsgebiet und in der weiteren Folge auch nach Niedersachsen. Gemeinsam mit dem Bund ist das Land gefordert, humanitäre Hilfe, Schutz, Versorgung und Teilhabe von Flüchtenden schnell und unbürokratisch zu organisieren. Einen größeren Teil der Last tragen dabei die Kommunen, die organisatorische und finanzielle Unterstützung benötigen.

Die Energiesicherheit Deutschlands und Niedersachsens ist durch den Krieg massiv gefährdet. Die Gas- und Erdöllieferungen aus der Russischen Föderation Russland werden als Erpressungsinstrument eingesetzt. Die Zahlungen für die verbleibenden Lieferungen finanzieren zudem den Angriffskrieg und verschärfen die Lage weiter. Die Beschleunigung von Energie- und Wärmewende ist auch im Verantwortungsbereich des Landes Niedersachsen dringend notwendig, um die Energieversorgung des Landes und seiner Bevölkerung dauerhaft aus eigener Kraft zu sichern.

Die aufgrund dieser Lage stark steigenden Energiekosten führen zu erheblichen sozialen Härten, die das Land gemeinsam mit dem Bund abfedern muss. Die hohen Energiekosten bringen zudem kommunale Unternehmen, wie Stadtwerke und ÖPNV-Unternehmen, in große wirtschaftliche Schwierigkeiten, die die Kommunen nicht allein auffangen können.

Aufgrund der bis an die Grenze zur EU heranreichenden Kriegshandlungen müssen die Bedarfe für den Zivil- und Katastrophenschutz auch bei uns im Land aktualisiert und Maßnahmen für einen verbesserten Schutz der Bevölkerung eingeleitet werden.

Ein Großteil der Handelsbeziehungen zur Russischen Föderation Russland wurde gekappt und auch mit der Ukraine wird es immer schwerer, noch Handel zu treiben. Von dieser Entwicklung sind Teile der niedersächsischen Wirtschaft betroffen und somit auch Arbeitsplätze in Gefahr. In der Folge werden auch die Steuereinnahmen des Landes zurückgehen und auch auf diese Weise die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen.

Soweit im weiteren Verlauf des Krieges weitere haushaltswirtschaftliche Herausforderungen als Auswirkung auf Niedersachsen festzustellen sind, unterfällt auch deren Bewältigung dem Zweck des Sondervermögens. Die Tilgung von zur Bewältigung der Folgen des Angriffskriegs gegen die Ukraine gestützt auf Artikel 71 Abs. 4 der Niedersächsischen Verfassung aufgenommener Kredite ist als Abwicklung der Finanzierung ebenfalls vom Zweck des Sondervermögens umfasst. Die Mittel des Sondervermögens unterliegen einer eigenen Wirtschafts- und Rechnungsführung, werden vom übrigen Vermögen des Landes getrennt gehalten und über ein gesondertes Konto verwaltet. Sie sind ausschließlich für die gesetzlichen Zwecke des Sondervermögens zu verwenden.

Die mit diesem Gesetz erfolgende Einrichtung eines „Sondervermögen zur Bewältigung der Auswirkungen des Angriffskriegs gegen die Ukraine auf die Finanzlage, Sicherheit, Wirtschaft, Gesellschaft sowie Energiesicherheit des Landes Niedersachsen“ führt nicht zu einer Haushaltsbelastung. Finanzielle Folgen einer Befüllung des Sondervermögens durch ein nachfolgendes Haushaltgesetz des Landtags sind dort darzustellen.

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