Gerald Heere: Rede zur allgemeinen Haushaltsdebatte 2022/2023

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

liebe Abgeordnete der GroKo, Sie lassen diese Woche eine große Chance liegen.

Dieser Doppelhaushalt hätte die Spielräume geboten, einen milliardenschweren Niedersachsen-Fonds einzurichten.

Einen Fonds, der endlich die Möglichkeit bietet, große Zukunftsaufgaben wie den drängenden Klimawandel anzugehen;

Ein Fonds, der genutzt werden kann für Zukunftsfähige Krankenhäuser und Hochschulen; sanierte Landesgebäude; Nachhaltige Schulinfrastruktur in den Kommunen; mehr neuen und sanierten Wohnraum; Klimaschonende Mobilität und Landwirtschaft sowie Maßnahmen zur Klimaanpassung.

Da Sie das nicht anpacken, beantragen wir mit unserem Grünen Änderungsantrag, 1 Mrd. Startkapital für einen NFonds bereitzustellen, um mit Hilfe des Kapitalmarktes und von Landesgesellschaften 10 Mrd. Investitionsvolumen zu hebeln.

Dafür haben wir eine einmalige Chance, weil das Corona-Sondervermögen die Entnahme von Corona-bedingten Steuerausfällen möglich macht.

Schauen Sie in das Sondervermögensgesetz, das Sie beschlossen haben:

§2 (1) Nr. 8: „Das Sondervermögen dient der Finanzierung … von Steuermindereinnahmen des Landes aufgrund steuerrechtlicher Entlastungsmaßnahmen“

Herr Minister, Sie haben selber am 22.09. im Ausschuss für Haushalt und Finanzen ausgeführt: es geht hier um drei Corona-Steuerhilfegesetze und um, so Ihr Zitat „Hilfsmaßnahmen, die steuerlicher Art sind und zu Steuereinnahmeausfällen führen, wie die Verlängerung der Umsatzsteuerabsenkung beispielsweise für den Bereich der Gastronomie, Verlustvorträge und Ähnliches. Diese Einnahmeausfälle werden aus dem Sondervermögen beglichen, soweit hier ein klarer Corona-Bezug gegeben ist.“ ZITAT-ENDE

Dazu hatte die Landesregierung für 2022 selber 368 Mio. Euro und für 2023 134 Mio. Euro Entnahme aus dem Sondervermögen eingeplant.

Diese rechtlich einwandfreien Entnahmen, die Sie im September noch befürwortet haben, streichen Sie jetzt im Dezember ohne Not mit der Technischen Liste. Weil Sie es nach Ihrer Spar-Doktrin für „Geboten“ halten. Und plündern dafür nun die Allgemeine Rücklage. Und dass, obwohl die von Ihnen genannten Mindereinnahmen aus Steuerrechtsänderungen sicher eintreten werden.

Wir Grüne fordern, diese halbe Milliarde regelkonform weiter aus dem Sondervermögen zu entnehmen.

Das andere Beispiel:

„Steuermindereinnahmen aufgrund des Einbruchs der wirtschaftlichen Entwicklung, soweit diese nicht im Rahmen der Konjunkturbereinigung […] aufgefangen werden.“, so §2 (1) Nr. 9 Covid-19-SVG.

Hier sind für 2020 440 Mio. Euro bewusst nicht vereinnahmt worden.

Herr Minister, Ihre Worte am 22.9.: Nicht durch das Sondervermögen kompensiert wird Zitat „der allgemeine konjunkturell bedingte Einbruch der Steuereinnahmen. Dieser wird nicht hierdurch ausgeglichen. Andere Länder verfahren hier durchaus so. Wir tun das nicht.“

Sie tun dies nicht, obwohl Sie eine gesetzliche Ermächtigung haben und obwohl mehrere andere Länder genau dies machen. Mit beiden Posten aus dem Sondervermögen lässt Niedersachsen die Chance liegen, insgesamt eine Mrd. Euro Kompensationsmittel für einen Zukunftsfonds zu aktivieren.

Das ist eine einmalige Chance, weil diese Kompensationen nur für Ausfälle genutzt werden dürfen, die bis zum Jahr 2022 eintreten. Deshalb muss der Zukunftsfonds jetzt gefüllt werden - in diesem Doppelhaushalt. Genau das beantragen wir Grüne.

Der Fetisch „Sparen“ ist Herrn Hilbers und der CDU wichtiger, als an die Zukunft zu denken.

Und Sie, lieber Herr Ministerpräsident Weil, Sie lassen sich hier ohne Not auf der Nase herumturnen.

Das Corona-Sondervermögen hat ja nicht nur den Sinn der Krisenbekämpfung, sondern auch zu vermeiden, dass im Haushalt aufgrund der Krise wichtige Zukunftsaufgaben eingespart werden.

Die Ausnahmeregel von der Schuldenbremse will doch gerade vermeiden, dass man als Land wie ein Gebeutelter aus einer Krise herauskommt.

Stattdessen ist die Ausnahmeregel dafür da, um mit Schwung aus einer solchen Krise herauszukommen und für die Zukunft trotz der Ausfälle wichtige Weichen stellen zu können.

Wenn Sie Mittel zur Kompensation von Steuermindereinnahmen jetzt nicht nutzen, dann führen Sie die Ausnahmeregel der Schuldenbremse ad absurdum. Und Sie machen genau das Falsche - Sie Sparen über Gebühr in schlechten Zeiten, wo beherztes Investieren das Gebot der Stunde wäre.

Herr Weil, Herr Althusmann, liebe Fraktionen von SPD und CDU, Sie handeln mit dieser Haushaltsvorlage kurzsichtig und vernachlässigen wichtige Herausforderungen der Zukunft! Wir bieten Ihnen mit unserem Änderungsantrag dazu eine echte Alternative. Nutzen Sie sie.

Vielen Dank.

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