Fragestunde: Land bei Klimaschutz als Vorbild? - Warum gibt es fast keine Solaranlagen und Ladestationen bei Landesgebäuden?

Das Land verfügt bei seinen Einrichtungen landesweit über zahlreiche eigene Flächen zum Abstellenvon Kraftfahrzeugen für Bedienstete und Besuchende und ebenso über 2,6 Millionen m3 Dachfläche. Im Landeseigentum befinden sich annähernd 243 000 ha, somit etwa 5 % der Fläche Niedersachsens, und mehr als 3 000 Gebäude. In der Novelle der Niedersächsischen Bauordnung wurde auf eine Solarpflicht auf Landesgebäuden verzichtet mit der Begründung, das Land werde hier selbst als Vorreiter tätig.

Vor fast genau zwei Jahren erklärte Finanzminister Hilbers: „Seit 2017 bezieht Niedersachsen für landeseigene Gebäude 100 % Ökostrom. Nun wollen wir den nächsten Schritt gehen und die Dächer unserer Gebäude für Photovoltaik-Anlagen nutzen.“ (Pressemitteilung des MF vom 20.2.2020)

Für die rund 3 000 landeseigenen Gebäude wurde ein Photovoltaikkataster in Auftrag gegeben, das für jedes der untersuchten Gebäude die Größe und Neigung der Dachfläche, den möglichen Stromertrag, die nutzbare Wärmemenge für Solarthermieanlagen (Warmwasser) und auch beeinträchtigende Dachstrukturen wie Schornsteine, Lüftungsanlagen und Dachgauben sowie Bäume erfasst.

Insgesamt wurden Gebäude mit einer Dachfläche von rund 2,6 Millionen m2 untersucht. 1,5 Millionen m2 davon weisen laut MF eine mittlere bis sehr hohe Sonneneinstrahlung (Solarpotenzial) auf und wären prinzipiell für Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) geeignet.

Eine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ergab nun, dass seit dem Jahr 2020 25 Gebäude konkret für Photovoltaiknutzung geprüft wurden. 14 Photovoltaikanlagen und damit 0,47 Prozent der Landesgebäude wurden seit der Ankündigung von Finanzminister Hilbers mit Solaranlagen ausgestattet.

Der Landesrechnungshof kritisierte am 19. Januar 2022 im Ausschuss für Haushalt und Finanzen den zurückhaltenden Ausbau von Photovoltaik auf Landesgebäuden und die oft zu kleine Dimensionierung, die den Klimaschutz und die Wirtschaftlichkeit zu wenig berücksichtige.

Begründet wurde das fehlende Tempo beim Ausbau der erneuerbaren Energien auf Landesgebäuden mit den vorhandenen Kapazitäten des Staatlichen Baumanagements: „So hat derzeit die Errichtung eines landeseigenen Ladenetzes (ca. 750 Ladepunkte) für Elektrofahrzeuge des Landes sehr hohe Priorität (Fertigstellung bis Ende 2022).“ (Drucksache 18/10266)

Anfang des Jahres 2021 hatte Finanzminister Hilbers (CDU) verkündet: „Elektromobilität ist ein zentraler Baustein auf dem Weg zu einer emissionsarmen Mobilität. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist eine flächendeckende und zukünftig auch leistungsfähige Ladeinfrastruktur.“ (PM MF vom 3. Februar 2021).

dpa meldete am 10. Februar 2022: „Land kommt bei Vermietung von E-Tankstellen nicht voran ... - Ein Jahr nach der Ankündigung, dass landeseigene Parkplätze als öffentliche Ladepunkte für E-Autos vermietet werden sollen, kann die Landesregierung bei dem Projekt noch keine Erfolge vorweisen. (.) Die Mitglieder der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sehen darin einen Beleg für eine insgesamt zu zögerliche Politik der Regierung aus SPD und CDU. ,Der Mobilitäts- und Energiewende stehen Behäbigkeit, Bürokratie und mangelnder Gestaltungswille im Weg‘, sagte Grünen-Verkehrs- politiker Detlev Schulz-Hendel. So sei auch ein Förderprogramm für die nicht öffentliche Ladeinfrastruktur zu spät beschlossen worden, und für den Umbau der bestehenden Ladesäulen in Schnellladestationen sei noch nicht mal ein Konzept in Sicht.“

Um den Klimaschutz auch vor Ort voranzutreiben, fordert der Niedersächsische Landkreistag, den Klimaschutz als kommunale Pflichtaufgabe zu verankern. Ministerpräsident Stephan Weil äußerte dazu in der letzten Plenarsitzung seine Unterstützung.

Am 8. Februar 2022 erklärte Umweltminister Lies bei dpa: „Die eigene Dachfläche mit Photovoltaik zu belegen, lohnt sich immer“. Damit lasse sich eine Kilowattstunde Strom für rund 6 bis 7 Cent erzeugen, während der Strom beim Einkauf ein Vielfaches koste. Lies erneuerte seine Forderung, künftig jedes neue Dach mit Photovoltaik zu belegen.“

Wir fragen die Landesregierung:

  1. Unterstützt der Finanzminister - auch vor dem Hintergrund der Kritik des Landesrechnungshofs, der den Solarenergieausbau auf Landesgebäuden für „ambitionslos“ hält - eine vom Umweltminister geforderte Solarpflicht auch für alle landeseigenen Gebäude?
  2. Will die Landesregierung vor dem Hintergrund, dass die Elektromobilität nur so klimafreundlich ist wie der Energiemix im Stromnetz, den Ausbau von E-Lade-Infrastruktur sowie die Solarenergieerzeugung auf landeseigenen Gebäuden im Sinne eines ganzheitlichen Klimaschutzes gleichzeitig beschleunigen, ggf. mit welchen Maßnahmen?
  3. Unterstützt auch der Finanzminister die Verankerung des Klimaschutzes als kommunale Pflichtaufgabe und deren auskömmliche Finanzierung durch das Land?

(Hinweis: Diese Anfrage wird/wurde auf der Landtagssitzung am Freitag, den 25. Februar 2022 behandelt. Die Antwort der Landesregierung und Reden der Fraktionen finden Sie im Protokoll dieser Sitzung.)

Zurück zum Pressearchiv