Evrim Camuz: Rede zur Arbeitsbelastung der Serviceeinheiten der Gerichte und Staatsanwaltschaften (Große Anfrage CDU)

Rede Eva Viehoff© Plenar TV

TOP 21: Wie hoch ist die Arbeitsbelastung der Serviceeinheiten der Gerichte und Staatsanwaltschaften? (CDU)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

kennen Sie das Gefühl des Déjà-vus? Also das Gefühl einer Erinnerungstäuschung, bei der man glaubt, ein gegenwärtiges Ereignis früher schon einmal erlebt zu haben.

Genau dieses Gefühl hatte ich, als ich die vorliegende Anfrage las, zu der wir nun die Besprechung führen.

Es ist nicht einmal ein Jahr her, dass das Niedersächsische Justizministerium im Namen der Landesregierung auf die große Anfrage der CDU geantwortet hat – mit dem Titel (ich zitiere) „Personalsituation und Arbeitsbelastung in der niedersächsischen Justiz - wie steht es um den Rechtsstaat in Niedersachsen?“.

Es wurden damals 46 Fragen gestellt, die Antworten erstreckten sich über 260 Seiten. 260 Seiten, die eine erhebliche Arbeitskraft nicht nur des niedersächsischen Justizministeriums, sondern v.a. auch des sog. nachgeordneten Geschäftsbereichs gebunden haben, also Arbeitskraft an den hoch belasteten Staatsanwaltschaften und unseren hoch belasteten Gerichten, um die sich die CDU ja so sehr sorgt und mit diesen wenig ergiebigen Anfragen überschüttet. Wertschätzung ist das nicht gerade, liebe CDU.

Im Rechtsausschuss haben wir alle drei Generalstaatsanwaltschaften persönlich angehört.  Wir haben über die Belastung der Staatsanwaltschaften gesprochen und auch den Wunsch jedes einzelnen Generalstaatsanwalts und der Generalstaatsanwältin gehört, dass die eine oder andere Anfrage dieser Art gerade nicht sonderlich förderlich ist, weil Sie unheimlich viele Ressourcen bindet.

Heute, kein Jahr später, stehen wir wieder hier. Und warum? Weil die CDU nunmehr im Rahmen einer großen Anfrage wissen möchte: „Wie hoch ist die Arbeitsbelastung der Serviceeinheiten der Gerichte und Staatsanwaltschaften?“

Also doch kein Déjà-vu, sondern bittere Oppositionsarbeit.

Die Anfrage hat – wenn ich mich nicht verzählt habe – 49 Fragen.

Ich möchte an dieser Stelle allen Mitarbeitenden der Justiz danken, die diese Informationen zu Beantwortung der Fragen zusammengetragen haben.

Ich will es an dieser Stelle aber einmal ganz deutlich sagen: Diese Anfragen zeigen, sehr geehrte Abgeordnete der CDU, dass es Ihnen nur um eines geht: Die Justiz mit unnützer Arbeit zuzuschütten, anstatt sie zu schützen. Und den Mitarbeitenden der Justiz die Zeit zu rauben, die sie benötigen, um sich den wirklichen drängenden Themen der Justiz zu widmen.

Und bevor Sie jetzt versuchen, sich hierüber künstlich zu echauffieren, werde ich Sie durch Ihre eigenen Fragen entlarven.

Nehmen wir bspw. Frage I. 3 Ihrer Anfrage: Hier wollen Sie beantwortet wissen:

„Wie hat sich die Stellensituation bei den Serviceeinheiten in den Jahren 2017 bis 2023 entwickelt?“

Sehr geehrte Abgeordneten der CDU,

ich weiß nicht, was unter der CDU-geführten Hausspitze in der vergangenen Legislaturperiode noch alles schiefgelaufen ist. Offenbar hatten Ihre damalige Ministerin, Frau Havliza, und Sie, Frau Herrmann, als Leiterin des Haushaltsreferats keinen Überblick über die Entwicklung der Stellensituation bei den Serviceeinheiten in den Jahren 2017 bis Ende 2022“.

Denn anders kann ich mir nicht erklären, warum Sie hier einen Informationsbedarf behaupten.

Und damit die Justiz auch wirklich beschäftigt wird, endet Ihre Frage hier auch nicht. Nein, Sie wollen die Zahlen  aufgeschlüsselt haben nach den einzelnen Fachgerichtsbarkeiten sowie Gerichten und Staatsanwaltschaften und jeweils nach den einzelnen Besoldungsgruppen bzw. Entgeltgruppen.

Und diese Frage ist nur ein Beispiel.

Aufgrund meiner begrenzten Redezeit nur ein weiteres Beispiel:

Bei Frage II. 1. wollen Sie wissen: „Wie viele Ausbildungsstellen standen bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften in den Jahren 2013 bis 2023 zur Verfügung?“

Sehr geehrte Abgeordneten der CDU,

es gibt hier nur zwei Möglichkeiten. Entweder Sie versuchen, die Justiz mit unnützer Arbeit zuzuschütten, anstatt sie zu schützen,

Oder: Weder Ihre Ministerin noch Sie, Frau Hermann, als Leiterin des Haushaltsreferats hatten einen Überblick über die Situation im Geschäftsbereich der Justiz.

Suchen Sie sich eine Alternative aus. Mit Verlaub, Frau Präsidentin, aber mich erschüttern beide!

Das Team Justiz funktioniert trotz hoher und höchster Arbeitsbelastung. Und ich will an dieser Stelle allen Beschäftigten in den Serviceeinheiten danken, dass sie Teil dieses Teams sind. Ohne Sie läuft die Justiz genauso wenig wie ohne WachtmeisterInnen, RechtspflegerInnen oder RichterInnen. Es braucht ein Team.

Sehr geehrte Abgeordnete,

wir wissen und sehen, dass die Justiz unter Druck steht. Dies zeigt sich nicht nur bei den Staatsanwaltschaften, sondern u.a. auch bei den ordentlichen Gerichten und den Verwaltungsgerichten.

Umso glücklicher bin ich, dass wir nach Antje Niewisch-Lennartz mit Kathrin Wahlmann mit der Unterstützung unseres Finanzministers Gerald Heere wieder eine Ministerin haben, die nicht nur Sicherheitsschleusen in den Fokus stellt, sondern die Beschäftigten in der Justiz, die tagtäglich unseren Rechtsstaat verteidigen. [Pause]

Das Team Justiz funktioniert. Dies zeigt nicht zuletzt, dass man sich gegenseitig aushilft – Bereiche in denen gerade etwas Luft ist, unterstützen solidarisch andere Bereich, die am Anschlag sind.

Dies ist gut so. Klar ist aber, dass auch unser Haus in der Pflicht ist.

Wie Ministerin Dr. Wahlmann in Ihrer Rede dargestellt hat, konnten wir mit rot-grüner Mehrheit in diesem Haus bereits viel erreichen: Neben einer erheblichen personellen Verstärkung der Justiz konnten verdiente Mitarbeitende durch Stellenhebungen für ihre herausragende Arbeit und ihren überobligatorischen Arbeitseinsatz belohnt werden.

Und auch bei der Nachwuchsgewinnung sind wir auf einem guten Weg.

Sehr geehrte Abgeordnete,

auf einem guten Weg zu sein, heißt aber auch, dass wir am Ziel noch nicht angekommen sind. Wir müssen dort weiter unterstützen, wo Unterstützung benötigt wird. Die hierfür entstehenden Kosten sind Kosten, die nichts weniger als die Funktionsfähigkeit des Rechtsstaats sichern, also eine Investition, die sich lohnt.

Und hier richte ich meinen Blick nach Berlin.

Wir als rot-grüne Koalition haben bereits aus eigenen Mitteln einige Stellen geschafften, aber wir brauchen die Unterstützung vom Bund. Ein neuer Pakt für den Rechtsstaat soll tausende Justizstellen in Bund und in den Ländern schaffen. Wie die Finanzierung dieses Mal aussehen wird, ist noch offen.

Wir Grüne stellen uns den finanzpolitischen Herausforderungen, gemeinsam mit unserem Ermöglichungsminister Gerald Heere. 

Ich bin mir sicher, dass uns dies weiterhin gelingen wird!

Vielen Dank!

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