Evrim Camuz: Rede zum Verfassungsschutzgesetz (Antrag CDU)
TOP 19: Handlungsfähigkeit des Verfassungsschutzes stärken – Verfassungsschutzgesetz grundlegend reformieren (Antr. CDU)
- Es gilt das gesprochene Wort -
Anrede,
in ihrem Antrag, behauptet die CDU, dass das Niedersächsische Verfassungsschutzgesetz im Kreise der Verfassungsschützer als „schlechtestes Ländergesetz“ bezeichnet würde. Und verweist dabei, auf ein Statement von Herr Prof. Ronellenfitsch.
Nicht nur, dass Herr Ronellenfitsch ein ehemaliger Datenschutzbeauftragter ist, und damit eben nicht zu jenem Kreis der Verfassungsschützer gehört, aber inhaltlich muss ich der Behauptung klar widersprechen.
Herr Plett, als Jurist müssten Sie mir doch zustimmen, dass die schlechtechtesten Verfassungsschutzgesetze diejenigen sind, die von unseren Gerichten gekippt werden.
So beispielsweise das Bayrische Verfassungsschutzgesetz, dass von Ihren Kollegen der CSU verantwortet wurde, und dass von unserem Bundesverfassungsschutzgericht als teilweise verfassungswidrig erklärt wurde.
Insbesondere die Vorschriften zur Wohnraumüberwachung sowie zur Online-Durchsuchung wurden für verfassungswidrig erklärt.
Verfassungswidrige Gesetze sind nicht in Ihrem Interesse, nicht in meinem, und übrigens auch nicht im Interesse der Verfassungsschützer innerhalb der Verfassungsschutzbehörde.
Wir sagen, ein gutes Gesetz ist ein Gesetz das gerichtsfest ist und vor unseren Gerichten standhält. Daher beraten wir intensiv, um die Fehler der bayrischen Gesetzgeber, insbesondere die der CSU, nicht zu wiederholen. Dass sich neue Befugnisse im Rahmen unserer verfassungsmäßigen Ordnung bewegen müssen, ist für uns eine rechtsstaatliche Selbstverständlichkeit.
Und wir beraten gerade alle Befugnisse, stellen sie auf den Prüfstand, und schauen nüchtern welche sich als ineffektiv oder gar kontraproduktiv erwiesen haben.
Sehr geehrte Abgeordnete,
Wir bewegen uns auf einem sehr sensiblen Terrain. Und ich gebe Ihnen recht, dass unser Gesetz gerade nicht zeitgemäß ist. Es ist Menschen nur schwer zu erklären, dass die Polizei Drohnen verwenden darf, ja sogar Private Drohnen fliegen dürfen, aber unser Verfassungsschutz, als Frühwahnsystem eben nicht. Die CDU hat es versäumt solche wichtigen Änderungen in der Zeit in der sie in Verantwortung war durchzubringen.
Und als Rechtspolitikerin der Grünen freue ich mich Ihnen mitteilen zu können, dass es eine grün mitgetragene Landesregierung sein wird, die ein Verfassungsschutzgesetz auf Höhe der Zeit vorlegen wird.
Wir Grüne fordern eine evidenzbasierte Sicherheitspolitik.
In dieser anstehenden Debatte, wünsche ich mir daher, dass wir ehrlich miteinander sind. Gestern in einer Rede der CDU, aber auch in der Presse ist zu entnehmen, dass wir wegen der terroristischen Tat in Solingen, nun dringend unser Verfassungsschutzgesetz nachjustieren müssten.
Solingen liegt in Nordrhein-Westfalen und Nordrhein-Westfalen hat ein schärferes Verfassungsschutzgesetz als wir, und es ist dem Land, einem CDU geführten Innenministerium trotzdem nicht gelungen, die Tat zu verhindern.
Das rot-grüne Gesetz, das wir beraten werden, wird keine Folge aus den Geschehnissen in Solingen sein, sondern wird das Ergebnis intensivster Beratungen, wie wir unsere Verfassungsschutzbehörde mit zeitgemäßen Mitteln gut ausstatten können.
Ein Letzter Punkt: Zum Ende schreiben Sie, dass es keine weitere über die Vorgaben des BVerfG hinausgehende Ausweitung der parlamentarischen Kontrolle des Verfassungsschutzes geben soll.
Dass Sie das als Parlamentarier sagen hat mich erschrocken. Die parlamentarische Kontrolle ist wesentlich für die Überwachung der Gesetzesmäßigkeit der Verwaltung, und zwar umso eher, je weniger individuelle Klagerechte in Einzelfall bestehen. Da die Betroffenen regelmäßig von der Tätigkeit der Geheimdienste nichts erfahren, weil diese eben geheim sind. Umso wichtiger ist dann eine starke parlamentarische Kontrolle.
Eine Anpassung der Befugnisse, wird es mit uns Grünen daher nur mit einer zusätzlichen parlamentarischen Kontrolle einhergehen.