Eva Viehoff: Rede zur Imamausbildung in Osnabrück (Antrag GRÜNE)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren,

der Niedersachse Christian Wulff (CDU) sagte „Der Islam gehört zu Deutschland, aktuell behauptet Horst Seehofer CSU „der Islam gehört nicht zu Deutschland“.

Doch irgendwie sollten die Menschen islamischen Glaubens dazugehören, aber bitte nicht „aus falscher Rücksichtnahme unsere landestypischen Gebräuche aufgeben“.  Meint der „Vater aller Probleme“. So wird ein Teil unserer Gesellschaft und deren Religion eindeutig ausgeschlossen und herabwürdigt werden.

Niedersachsen hat mit der Imam-Weiterbildung an der Universität Osnabrück, welche nun nach acht Jahren ausläuft, klar gezeigt, dass der Islam und die Menschen islamischen Glaubens ein Teil der deutschen Gesellschaft sind.

Und auch in Ihrem Koalitionsvertrag ist festgelegt, dass auf dem existierenden Programm aufbauen möchte eine grundständige Imam-Ausbildung eingerichtet werden soll.

Glücklicherweise konnten wir ja heute über die Medien erfahren, dass Minister Thümler, wohl auf Grund des jetzt vorliegenden Entschließungsantrags den Koalitions-Vertrag gelesen hat und einen eher halbherzigen Vorschlag macht.

Was soll das bezwecken? Welche Ziele verfolgen Sie damit? Wieso wird erst das Programm, dessen Ziel es in den letzten acht Jahren war, eine Qualifizierung für Imame zu bieten, damit sie hier in Niedersachsen und auch in ganz Deutschland vorbereitet sind für ihre Arbeit in islamischen Gemeinden, eingestellt? Wieso wird nicht auf diesem Programm weiter ausgebaut?

Sie nennen keine Details.

Das aktuelle Programm bot über zwei Semester einen Stundenplan, der gut gefüllt war mit Themen wie Extremismus Prävention, Seelsorge, mit Informationen über rechtliche und kulturelle Strukturen in Deutschland, sowie Predigtlehre. All das ermöglichte den Teilnehmer*innen ein besseres Verständnis der deutschen Gesellschaft und damit des künftigen Arbeitsumfelds der Imame.

Anrede,

diese Teilnehmer*innen sind Multiplikator*innen, die diese Inhalte, dieses bessere Verständnis weitergeben an ihre Gemeindemitglieder und damit maßgeblich zur Integration beitragen. Die Teilnehmerzahl - 150 Männer und Frauen - zeigt deutlich: das Programm ist relevant und erfolgreich. Deshalb hat die vorige rot-grüne Regierung pro Jahr circa 1,4 Millionen Euro an Mitteln dafür bereitgestellt.

Dazu scheint die aktuelle Landesregierung nicht in der Lage zu sein, kündigt lieber heute vollmundig etwas Neues an als das bundesweit einmalige Vorzeige-Projekt weiterzuführen.

Gerade die jungen Menschen islamischen Glaubens erwarten, dass sich die Imame in den deutschen Strukturen auskennen und entsprechende Kompetenzen mitbringen. Genau das stärkt das Zugehörigkeitsgefühl und festigt den Zusammenhalt in der niedersächsischen Gesellschaft. Muslime in Niedersachsen wollen sich zu Hause fühlen. Sie wollen repräsentiert und verstanden werden und wollen von gut ausgebildeten Imamen betreut werden, die sich mit den Strukturen hier auskennen, die weiterhelfen können.

Bevor mühsam also etwas Neues entwickelt wird, fordern wir die Fortsetzung der Weiterbildung und das weitere Engagement der Landesregierung. Das Land muss selbstverständlich eingebunden sein in ein solches Programm, denn nur so kann garantiert werden, dass die Inhalte auch denen einer erfolgreichen Integration entsprechen.

Niedersachsen muss seiner Vorreiterrolle gerecht werden und die Imam-Weiterbildung an der Universität Osnabrück, dauerhaft finanziell unterstützen und sein Auslaufen verhindern.

Weiterhin muss die Landesregierung mit den islamischen Verbänden Gespräche führen mit dem Ziel, mittelfristig tatsächlich eine eigenständige und unabhängige Imam-Ausbildung in Niedersachsen zu schaffen. Und ich hoffe sehr, dass die heutige Ankündigung des Ministers nicht endet, wie so viele andere – nämlich als reine Ankündigung.

Aus unserer Sicht ist es notwendig endlich für eine echte Berufsperspektive für Imame hier in Niedersachsen einzutreten. Dazu sind Finanzierungsfragen zu klären und konstruktive Lösungen für zu finden.

Anrede,

dieses Programm ist wichtig für einen säkularen Staat, der ein klares Interesse daran haben muss, dass alle Menschen die Werte des Grundgesetzes leben und sich in dieser Gesellschaft zugehörig und willkommen fühlen, unabhängig vom Glauben oder der Hautfarbe.

Wir wollen dieses Zugehörigkeitsverständnis nicht nur artikulieren, sondern dem auch Taten folgen lassen.  Wir wollen unseren muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern zeigen, dass sie natürlich ein Teil der deutschen Gesellschaft sind, da diese nicht nach Glauben oder Hautfarbe differenziert und das sollte die Landesregierung auch tun. Das muss ihr auch etwas wert sein! 

Von daher bin ich gespannt auf die weitere Beratung und Anhörung im Ausschuss und danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Vielen Dank.

Zurück zum Pressearchiv