Eva Viehoff: Rede zu wirksamen Hilfen für Kultur und Veranstaltungen (Aktuelle Stunde GRÜNE)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

lassen Sie mich beginnen mit einem Gespräch, dass ich in der letzten Woche in der musa in Göttingen geführt habe.

Die musa - ein soziokulturelles Zentrum in Göttingen - ist seit März bis auf Ausnahmen geschlossen. Den Jugendkeller dort gibt es nicht mehr. Der von einem Veranstaltungstechniker betriebene kleine Getränkeausschank ist eingestellt. Kreative kündigen inzwischen ihre Worksspaces im gerade eingerichteten Co-Working Space. Solokünstler*innen verdingen sich als Putzhilfen, damit wenigstens ein bisschen Geld reinkommt und sind oft im zweiten Job auf Kurzarbeit.

Im Gespräch dort wurde mir sehr eindrücklich vor Augen geführt, dass die bestehenden und z.T. gerade in jüngster Zeit angekündigten Programme nur sehr eingeschränkt greifen; denn niemand meiner Gesprächspartner*innen in Göttingen wird von den Programmen von Bund und Land profitieren – keiner!

Und das ist nicht nur in Göttingen so!

Ich bin sicher, Sie alle haben sie in Ihren Postfächern, die Mails und Hilferufe von Soloselbstständigen im Veranstaltungs- und Kulturbereich.

Doch werde sie auch gehört? Ich möchte hier stellvertretend einige Menschen zu Wort kommen lassen, die ihre jetzige Situation beschreiben.

„Ich war selten so hilflos in meinem Berufsleben wie in der derzeitigen Situation und verstehe nicht, wie man glauben kann, dass die gestarteten Hilfsprogramme wirklich uns Soloselbständigen nützen und helfen!“ - Christos Smilanis, Oniro-Media & #kulturerhalten.

„Das Problem ist weniger der Wegfall von traditionell mittelmäßig bezahlten Konzerten in kulturellen Institutionen; viel schwerer fallen die Absagen von im Vergleich deutlich besser bezahlten Auftritten auf privaten und geschäftlichen Feierlichkeiten ins Gewicht. Den Verlust dieser Einnahmen lassen die bisherigen Maßnahmen der niedersächsischen Landesregierung leider außer Acht. Ich habe den Eindruck, dass bisherige Maßnahmen ohne genauere Kenntnisse der Lebenssituationen von Künstlern verabschiedet wurden. - Jan-Hendrik Ehlers, Pianist.

… und am Ende führt dies alles…

Zitat:

„Leider auch zu unfassbaren Ereignissen inmitten unserer Gesellschaft: Immer wieder müssen wir Meldungen hören, nach denen sich Menschen in dieser "Deckungslücke der Programme" das Leben aus Existenznot und Perspektivlosigkeit genommen haben. Dieses Drama ist nicht Ergebnis von Corona, dies „ist Folge von Politik.“ - Manfred Klose, Rentalmedia Veranstaltungstechnik.

„Herr Thümler, gestern waren Sie dabei als wir den Festakt zur 30-Jahr-Feier der deutschen Einheit musikalisch begleitet haben. Eine unserer Geigerinnen saß sogar auf Ihrem Platz. So wie gestern ist Kultur überall zu finden, überall extrem wichtig und überall im Moment höchst gefährdet. Den allermeisten scheint überhaupt nicht klar zu sein wie wichtig Kultur ist, dass sie die Gesellschaft zusammenhält und vor der Barbarei retten kann. Wir brauchen richtig viel Engagement und Feuer von Ihnen und [ich füge hinzu] auch Herr Althusmann, um das allen klar zu machen und die Kultur zu erhalten und zu stärken! Und das ist nicht mit einem kleinen Förderprogramm getan.“- Thonas Posth, Orchester im Treppenhaus.

Und nochmal diese Menschen unterliegen seit März nicht nur einem weitestgehenden Berufsverbot, ihnen sind auch Aufträge von mehreren Tausend Euro verloren gegangen; Einnahmen mit denen die Menschen bis zum 20.3. für 2020 fest gerechnet haben! Einnahmen mit denen sie sehr wohl auch ihren Lebensunterhalt hätten bestreiten können und wollen. Alles weg! Folgeaufträge sind spärlich oder einfach Fehlanzeige!

Wer in ALG I oder Hartz IV steckt wird sich auch überlegen Aufträge anzunehmen; denn überschreiten diese Einnahmen einen bestimmten Wert wird aus ALG I schnell Hartz IV und bei Hartz IV bleibt von dem sauer verdienten und evtl. auch noch vom Land mit aufgestocktem Geld genau wieviel übrig

Anrede,

ja, sage und schreibe 140 €!

Es ist sicher richtig Veranstalter*innen darin zu unterstützen auskömmlich Gagen zu zahlen; denn nur so ist auch die Existenz von kulturellen Angeboten und kultureller Bildung möglich; denn schon jetzt fangen die Kommunen an bei den freiwilligen Leistungen zu sparen zu denen eben auch Kulturangebote gehören.

Doch die Realität Soloselbstständiger ist eine andere. Diese Menschen haben in der Regel über Jahre hinweg sich in ihrer Arbeit die sie lieben aufgerieben. Sie waren immer bereit Leistung zu bringen.

Vielen Dank.

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