Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Rechte parlamentarischer Minderheiten in Niedersachsen

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Fraktion der FDP

Der Landtag wolle das folgende Gesetz beschließen:

Gesetz zur Stärkung der Rechte parlamentarischer Minderheiten in Niedersachsen

Artikel 1
Änderung der Niedersächsischen Verfassung

Die Niedersächsische Verfassung vom 19. Mai 1993 (Nds. GVBl. S. 107), zuletzt geändert durch Gesetz vom 30. Juni 2011 (Nds. GVBl. S. 210), wird wie folgt geändert:

  1. In Artikel 24 Abs. 2 werden die Worte „ein Fünftel der Ausschussmitglieder verlangt“ durch die Worte „zwei der Ausschussmitglieder verlangen“ ersetzt.
  2. In Artikel 27 Abs. 1 wird das Wort „Fünftel“ durch das Wort „Sechstel“ ersetzt.
  3. In Artikel 54 Nr. 2 wird das Wort „Fünftels“ durch das Wort „Sechstels“ ersetzt.
  4. In Artikel 54 Nr. 3 werden die Worte „eines Fünftels der Mitglieder des Landtages“ durch die Worte „einer Fraktion“ ersetzt.

Artikel 2
In-Kraft-Treten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil, Anlass und Ziel des Gesetzes

Die Stärke der Fraktionen im Niedersächsischen Landtag folgt dem Votum der Wählerinnen und Wähler, die jeder und jedem Abgeordneten des Parlaments ein Mandat mit gleichen Rechten und Verpflichtungen erteilt haben. Auf der Wahlentscheidung der Bürgerinnen und Bürger und den in ihrem Rahmen getroffenen Entscheidungen von Parteien und Fraktionen beruht der Regierungsauftrag ebenso wie der Auftrag zur Opposition. Die Wahlentscheidung der Bürgerinnen und Bürger setzt auch den Rahmen für die Stärkeverhältnisse von Koalition und Opposition.

Der Wettstreit von Regierung und Opposition zeichnet die Demokratie aus. Dabei geht der Schutz der parlamentarischen Minderheit nicht dahin, die Minderheit vor Sachentscheidungen der Mehrheit zu bewahren, wohl aber dahin, der Minderheit zu ermöglichen, ihren Standpunkt in den Willensbildungsprozess des Parlaments einzubringen (vgl. BVerfGE 70, 324, 363 zur Frage der Minderheitenrechte im deutschen Bundestag).

Die Wahrnehmung bestimmter zusätzlicher Minderheitenrechte ist an die Erfüllung von Mindestquoren gebunden. Diese Rechte haben sich in der parlamentarischen Praxis als klassische Oppositionsinstrumente herausgebildet und werden auch in der Bevölkerung als solche wahrgenommen. Es sind wesentliche Rechte und ihre Wahrnehmung soll daher auch unter den Voraussetzungen des Wahlergebnisses für die 18. Wahlperiode des Niedersächsischen Landtages erleichtert werden. Dies wird mit der vorliegenden Änderung der Niedersächsischen Verfassung ermöglicht.

Das Gesetz stärkt die Minderheitenrechte im Niedersächsischen Landtag. Das Recht auf Akteneinsicht, Beantragung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses, das Recht auf Überprüfung einer Volksinitiative oder eines Volksbegehrens sowie das Recht auf Beantragung einer abstrakten Normenkontrolle beim Niedersächsischen Staatsgerichtshof wird damit bereits einem Sechstel der Ausschussmitglieder ermöglicht.

 

B. Besonderer Teil

  1. Artikel 1 Nr. 1 verpflichtet die Landesregierung, Akten zum Gegenstand einer Ausschusssitzung unverzüglich und vollständig vorzulegen und Zugang zu öffentlichen Einrichtungen zu gewähren, wenn dies mindestens zwei Ausschussmitglieder verlangen. Das Quorum wird damit von einem Fünftel der Ausschussmitglieder auf zwei Ausschussmitglieder gesenkt.
  2. Artikel 1 Nr. 2 regelt, dass der Landtag auf Antrag von mindestens einem Sechstel seiner Mitglieder die Pflicht hat, Untersuchungsausschüsse einzusetzen, um Sachverhalte im öffentlichen Interesse aufzuklären. Das Quorum wird damit von einem Fünftel der Abgeordneten auf ein Sechstel gesenkt.
  3. Artikel 1 Nr. 3 eröffnet die Zuständigkeit des Staatsgerichtshofs bei Streitigkeiten über die Durchführung von Volksinitiativen, Volksbegehren oder Volksentscheiden auf Antrag eines Sechstels der Mitglieder des Landtages. Das Quorum wird damit von einem Fünftel der Abgeordneten auf ein Sechstel gesenkt.
  4. Artikel 1 Nr. 4 eröffnet die Zuständigkeit des Staatsgerichtshofs bei Meinungsverschiedenheiten oder Zweifeln über die förmliche oder sachliche Vereinbarkeit von Landesrecht mit dieser Verfassung auf Antrag einer Fraktion. Das Quorum wird damit von einem Fünftel der Abgeordneten auf eine Fraktion gesenkt.
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