Dringliche Anfrage: Wurden die Wolfsburger Stadtwerke rechtswidrig für den Landtagswahlkampf der CDU in Anspruch genommen?

Nach Berichten niedersächsischer Medien werden Vorwürfe gegen den ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden und späteren Vorstandschef der Stadtwerke Wolfsburg, Markus Karp, erhoben, er habe dieses Unternehmen rechtswidrig für Wahlkampfzwecke der CDU eingesetzt. Bedienstete der Stadtwerke sollen auf sein Geheiß für Wahlkämpfe der CDU bei vollen Bezügen von den Stadtwerken freigestellt worden sein. In diesem Zusammenhang aufgelaufene Sachkosten (Diensthandys, Notebooks, Reisekosten etc.) sollen ebenfalls von den Stadtwerken übernommen worden sein. Diesem Vorwurf gehen sowohl die Bundestagsverwaltung als auch ein von den Stadtwerken Wolfsburg beauftragter Wirtschaftsprüfer nach. Die Staatsanwaltschaft ermittelt in diesem Fall wegen des Verdachts illegaler Parteienfinanzierung gegen Herrn Karp, den inzwischen entlassenen Pressesprecher der Stadtwerke Wolfsburg Maik Nahrstedt und gegen den amtierenden Oberbürgermeister der Stadt Wolfsburg Rolf Schnellecke. Am 23.09.2010 beschlagnahmte das LKA im Auftrag der Staatsanwaltschaft auch Akten in der Geschäftsstelle des Landesverbandes der CDU in Niedersachsen.

Die Vorwürfe und Ermittlungen wegen illegaler Parteienfinanzierung erstrecken sich auch auf den niedersächsischen Landtagswahlkampfes 2002/2003, in dem Herr Karp als Wahlkampfmanager für den späteren Ministerpräsidenten Christian Wulf tätig war. Die Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 15.9.2010 stellt dazu fest: "Zum engen Wahlkampfstab gehörte seinerzeit zum Schluss auch David McAllister, der heutige Ministerpräsident." Laut Medienberichten stand Herr Karp offenbar auch über den Landtagswahlkampf 2002/03 hinaus, mit dem ehemaligen Ministerpräsidenten Wulf in engem Kontakt. "Karp jedenfalls, der Stadtwerke-Manager, saß bis zum Wechsel Wulffs nach Berlin in dessen niedersächsischer Zukunftsrunde ("Future Minds"), die den Ministerpräsidenten regelmäßig beriet." (Die Welt, 28.9.2010)

Auch nach einer ersten schriftlichen Erklärung des CDU Generalsekretärs Ulf Thiele vom 21.09.2010 sind nach wie vor zahlreiche Fragen bezüglich der Beziehungen zwischen Mitarbeitern und politisch Verantwortlichen der Landes-CDU, Herrn Karp und Mitarbeitern der Stadtwerke Wolfsburg offen, bzw. Widersprüche nicht aufgeklärt.  

Stellvertretend seien hier folgende Beispiele angeführt:

  • Der frühere Pressesprecher der Wolfsburger Stadtwerke, Maik Nahrstedt, hat sich selbst bezichtigt, während seiner Arbeitszeit Wahlkämpfe der CDU mitorganisiert zu haben. Die HAZ vom 27.9.2010 stellt dazu fest: " Zum "Team Christian Wulff" zählten mindestens 14 Mitarbeiter, hauptamtliche und ehrenamtliche Hilfskräfte. Nahrstedt gehört zu ihnen”¦". Demgegenüber behauptete der Generalsekretär der CDU, Ulf Thiele: " Die CDU in Niedersachsen (habe) zu keiner Zeit von Herrn Nahrstedt und seiner Tätigkeit bei den Stadtwerken Wolfsburg profitiert" (Die Welt , 24.9.2010).
  • "Gestützt werden die Vorwürfe Nahrstedts (”¦) vom früheren Personalchef der Stadtwerke, Harald Behrens. Er schilderte NDR1 Niedersachsen ein Treffen mit dem heutigen und derzeit beurlaubten Stadtwerke-Chef Markus Karp, Nahrstedt und dem damaligen Stadtwerke-Vorstand Rüdiger Thielecke im Jahr 2001: " Herr Karp hat eindeutig geäußert, dass Herrn Nahrstedt völlig freie Hand gelassen werden sollte hinsichtlich seiner Arbeitsplatzgestaltung. Ganz konkret war mir das noch nicht so klar, dass es dabei eben um Parteiarbeit ging. Es war das erste Mal, dass ich so was in der Form erlebt habe.""( NDR 1, 24.9.2010)
  • "Der damalige Parteisprecher Olaf Glaeseker soll im März 2002 in einer E-mail geschrieben haben: "Hallo Herr Nahrstedt, Sie haben von mir 2 Entschließungsanträge sowie 2 dazugehörige Entwürfe von Musterpresseerklärungen gemailt bekommen. Es wäre klasse, wenn Sie die Entwürfe, die in der Fraktion entstanden sind, überarbeiten würden und mir dann anschließend mailen”¦". Diese Mail war laut Kopie an Nahrstedts Stadtwerke-Adresse gegangen." (Braunschweiger Zeitung vom 24.09.2010)
  • Ministerpräsident McAllister hat verschiedentlich gegenüber Medien eine Einschätzung zu diesen Vorgängen abgegeben, wonach alle Vorwürfe unbegründet seien. Nunmehr ist es zwingend geboten, dass der Ministerpräsident zu seinen Kenntnissen und Einschätzungen auch im Niedersächsischen Landtag Stellung bezieht.

Sollten die genannten Vorwürfe zutreffen, wäre nicht nur den Stadtwerken ein enormer finanzieller Schaden entstanden, sondern auch die Rechenschaftsberichte der CDU dürften dann falsche Angaben über erhaltene Spenden, z.B. durch geldwerte Leistungen oder auch Sponsoring enthalten.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

  1. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung über die Konditionen, unter denen der Pressesprecher der Stadtwerke Wolfsburg, Maik Nahrstedt, in den Landtagswahlkampf 2002/03 der CDU eingebunden war?
  2.  Wie bewertet die Landesregierung die bisher ungeklärten Widersprüche zwischen Aussagen und des Herrn Nahrstedt und den von ihm vorgelegten Dokumenten und Aussagen im Bericht des CDU Generalsekretärs Ulf Thiele ?
  3. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung über die Zusammenarbeit des früheren Ministerpräsidenten Christian Wulff mit Markus Karp und Maik Nahrstedt?

Gabriele Heinen-Kljajic

Parlamentarische Geschäftsführerin

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