Dringliche Anfrage: Wie will die Landesregierung soziale Härten ausgleichen, damit die Corona-Krise keine dauerhafte soziale Krise wird?

Die Covid-19-Pandemie hat Niedersachsen fest im Griff. Die Corona-Krise betrifft alle Bevölkerungsgruppen – manche jedoch deutlich härter als andere. So sind die Folgen für Arme, Bedürftige und Menschen in Notlagen besonders schwer. Ohnehin gefährdete Gruppen wie etwa Kranke, Alte, Menschen mit Behinderungen, Wohnungslose, Geflüchtete oder Kinder und auch viele Frauen sind jetzt noch stärker bedroht.

In Niedersachsen waren bis Ostern bereits Mitarbeiter*innen in über 53.000 Betrieben in Kurzarbeit. Unternehmen, Selbständige und Freiberufler*innen sowie Kulturschaffende bangen um ihre Existenz. Darüber hinaus haben vor allem geringfügig Beschäftigte, darunter viele Studierende, ihre Jobs verloren, und habenkeinen Anspruch auf Kurzarbeitgeld. Ebenso sind viele Ausbildungsplätze sind in Gefahr. Der „Shutdown“ trifft weite Teile der sozialen Infrastruktur und der Unterstützungs- und Beratungsangebote. Viele Tafeln mussten schließen, Leistungen für Kinder nach dem Bildungs- und Teilhabepaket entfallen, vorneweg die kostenlose Mittagsverpflegung. Anlaufstellen haben geschlossen, telefonische und Online-Alternativen erreichen Teile der Zielgruppen nicht.

Hart trifft es viele Familien mit Kindern. Die Betreuungsangebote für die Kinder wurden ausgesetzt und die Notbetreuung nur begrenzt geöffnet. Home-Office, Home-Schooling und Betreuung von jüngeren Kindern ist für viele Familien, vor allem Alleinerziehende kaum zu leisten. Für Kinder aus bildungsfernen Familien wird der Bildungszugang jetzt noch schwerer.

Unter den Kontakteinschränkungen leiden Kinder besonders. Sie vermissen Großeltern und Freund*innen und erleben die Sorgen der Eltern um Arbeitsplatz und vor Armut. Der Kontakt zu Erzieher*innen und Lehrer*innen, der Unterstützung, Schutz und emotionale Zuwendung gewährleistet, ist weggefallen. Spiel- und Sportplätze, Gemeinschaftszentren und Jugendeinrichtungen sind geschlossen. Für Menschen mit Behinderungen, die zu Hause leben, ist die Betreuungsstruktur eingestellt. Eltern oder private Betreuer*innen fühlen sich häufig überfordert.

Nach jahrelangem Einsatz für Gleichstellung, das Recht auf Berufstätigkeit, gleiche Bezahlung und faire Teilung von Haushaltsarbeit, Kindererziehung und Betreuungsaufgaben, werden Frauen jetzt wieder häufiger mit der Situation konfrontiert, klassische alte Rollenmuster einnehmen zu müssen oder zu sollen. Und es sind vor allem Frauen, die die schlechter bezahlten, aber "systemrelevanten" Berufe ausüben. Während der psychische Druck auf Frauen steigt, drohen patriarchale Strukturen sich zu verfestigen. Zudem befürchten Fachstellen eine erhebliche Zunahme häuslicher Gewalt gegen Frauen und Kinder – und auch gegen Alte.

Einnahmemöglichkeiten für Wohnungslose fallen weg. In Gemeinschaftsunterkünften wächst die Infektionsgefahr. Davon sind auch viele Geflüchtete betroffen. Sie sind wegen der sprachlichen Hürden schlechter informiert, Beratungs- und Unterstützungsangebote sind reduziert. Prekär ist die Versorgung von Menschen ohne Papiere und ohne Krankenversicherung.

Ob unsere Gesellschaft durch die Krise solidarischer oder eigennütziger wird, ist nicht entschieden. Es ist Aufgabe der Politik dafür zu sorgen, dass getroffene Entscheidungen und Maßnahmen nicht nur epidemiologisch begründbar, sondern in ihren Auswirkungen auch sozial gerecht und fair sind.

  1. Mit welchen Maßnahmen will die Landesregierung verhindern, dass die soziale Ungleichheit wächst und sich die Lage gefährdeter Bevölkerungsgruppen wie Kranke, Alte, Menschen mit Behinderungen, Wohnungslose, Geflüchtete, Kinder oder Frauen verschlechtert?
  2. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um den Bedarf von Kindern und ihren Familien nach finanzieller Unterstützung, altersgemäßer Betreuung und nach Bewegung und Spiel nachzukommen?
  3. Wie will die Landesregierung in der Krise die Lage von Frauen verbessern, um sie vor Gewalt zu schützen, ihre Erwerbsmöglichkeiten zu erhalten und sie bei der fairen Verteilung von Hausarbeit und Betreuungsaufgaben zu unterstützen?
Zurück zum Pressearchiv