Dringliche Anfrage: Weitere Giftfunde an Weser und Jade – Regiert das Prinzip Zufall die Landesregierung?

Wieder einmal ist nach dem Bekanntwerden von neuen Belastungen von Futtermitteln durch Dioxine und dioxinähnliche PCB-Stoffe im Deichvorland von Weser und Jade Aktivität in Umwelt- und Landwirtschaftsministerium ausgebrochen. Das Landwirtschaftsministerium erklärte die vom 2. Oldenburgischen Deichverband veranlassten Messungen kurzerhand für "nicht amtlich" und daher nicht glaubwürdig, schickte jedoch einen Tag nach Bekanntwerden der Belastung Mitarbeiter des LAVES an die Küste, um eigene Proben zu nehmen. Das Umweltministerium versuchte mit der Nachricht, dass die Überprüfung von Schwebstoffen im Wasser der Ems keine Grenzwertüberschreitungen bei Dioxinen/Furanen und dioxinähnlichen PCB-Stoffen ergeben hätte, die Bürgerinnen und Bürger zu beruhigen. An Jade und Weser wurde bereits Entwarnung gegeben, obwohl dort noch keine Beprobung von Schlachttieren vorgenommen worden ist.

Die bisher vorliegenden Ergebnisse von Untersuchungen, die von staatlichen Stellen, von Kommunen und dem Deichverband veranlasst worden sind, lassen allerdings noch immer nicht das gesamte Ausmaß der Schadstoffbelastung in ganz Niedersachsen erkennen, die Quelle der Schadstoffe und ihre Transportwege sind weiter unklar. Der mögliche Eintrag der Schadstoffe über den Luftpfad wurde offensichtlich bisher überhaupt noch nicht untersucht. Die Aussage des Umweltministeriums, man werde die Ursachenforschung fortsetzen, lässt offen, nach welchem Konzept das Ministerium weiter vorgehen wird. Es drängt sich der Eindruck auf, dass nicht planvoll, sondern immer dann, wenn wieder neue Schadstofffunde öffentlich werden, gehandelt wird.

Das Landwirtschaftsministerium hat bis heute nicht dargelegt, in welchem Umfang tierische Lebensmittel in Niedersachsen mit diesen hochgiftigen Schadstoffen belastet sind und welche Maßnahmen zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher getroffen werden müssen. Das bisher ausgesprochene Verbot der Vermarktung von Schafsleber in den betroffenen Regionen des Landes kann nur eine vorübergehende Sofortmaßnahme sein. Obwohl auch bei Rindern Schadstoffbelastungen festgestellt worden sind, sind hier keine Maßnahmen zum Schutz der Verbraucher getroffen worden. Einzelergebnisse von Beprobungen an der Ems sollen nach Aussagen des Landwirtschaftsministeriums nicht mehr veröffentlicht werden. Bis heute hat das Ministerium nicht erklärt, ob und wie durch ein landesweites Beprobungsprogramm von Schlachttieren der Umfang der Belastung festgestellt werden soll. Allein Verlautbarungen aus dem Ministerium: Milch sei nicht belastet, können die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht beruhigen, wenn die Ursachen nicht erforscht und abgestellt werden. Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf, alle Einzelergebnisse und ihre Bewertungen zu erfahren. Nur durch Transparenz kann verloren gegangenes Vertrauen der Menschen wieder gewonnen werden.

Auch die Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaftsministerium, LAVES und den zuständigen Stellen bei den Landkreisen, wie etwa den Veterinär- und Lebensmittelbehörden der Kommunen ist als Folge unklarer Zuständigkeitsregelungen seit der Verwaltungsreform von 2004 offensichtlich unzureichend organisiert, um das Schadstoffproblem wirksam zu bewältigen. So versucht die Landesregierung auch die Folgen der unzureichenden Organisation der Zusammenarbeit bei der Bearbeitung der Gammelfleischskandale in der jüngsten Vergangenheit durch einen Erlass vom 21.10.2008 (VORIS 78560) solche Organisationsmängel abzustellen.

  1. Aus welchen Gründen hat die Landesregierung bisher kein systematisches Untersuchungsprogramm aufgelegt, das geeignet ist landesweit, das Ausmaß der Belastungen von Böden, tierischen Produkten und Futterpflanzen und die Ursachen der Schadstoffbelastung festzustellen?
  2. In welchem Umfang und in welcher Weise werden die zuständigen kommunalen Stellen bei der Bearbeitung dieser Schadstoffproblematik beteiligt?
  3. Durch welche Maßnahmen beabsichtigt die Landesregierung den Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor diesen hochwirksamen Umweltgiften sicherzustellen, wenn sich herausstellt, dass sich die Belastung nicht auf Vordeichländer und Überschwemmungsgebiete beschränkt, sondern auf vielen Flächen landesweit auftritt?

Fraktionsvorsitzender  

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