Dringliche Anfrage: Warum will die Landesregierung die Zuständigkeit für die Antibiotikaüberwachung in der Tierhaltung auf die Kommunen übertragen?

Antibiotika zählen laut Robert-Koch-Institut (RKI) zu den wichtigsten medizinischen Errungenschaften. Doch immer mehr Erreger werden gegen die Wirkstoffe resistent. Nach Angaben des RKI sterben in der EU ca. 33.000 Menschen jährlich aufgrund von Antibiotika-Resistenzen. Die Zahlen sind steigend. Der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Tedros Adhanom Ghebreyesus warnte schon 2019 davor, dass Antibiotikaresistenzen drohen, 100 Jahre medizinischen Fortschritts zunichte zu machen. 

Daher ist eine Reduzierung des Antibiotika-Einsatzes nicht nur in der Humanmedizin notwendig, sondern auch der Tierhaltung.

Seit April 2014 setzt das Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) das im Rahmen der 16. Novelle des Arzneimittelgesetzes verankerte Antibiotika-Minimierungskonzept in Niedersachsen um. Das LAVES hat in den vergangenen Jahren durch seine Überwachungstätigkeit erheblich dazu beigetragen, dass sich der Antibiotikaeinsatz in der niedersächsischen Landwirtschaft in etwa halbiert hat.

Konkret zuständig ist die Behörde für die Entgegennahme der Mitteilungen und Erklärungen sowie für die Ermittlung der halbjährlichen betrieblichen Therapiehäufigkeit und deren Weitergabe an das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und ggf. das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Darüber hinaus nimmt das LAVES Maßnahmenpläne entgegen und überwacht die Einhaltung der Antibiotikagaben.

Im vergangenen August bestätigte das niedersächsische Landwirtschaftsministerium (ML) einen Bericht der Neuen Osnabrücker Zeitung wonach die Überwachung des Antibiotikaeinsatzes von der Landesebene auf die Veterinärämter der Landkreise übertragen werden soll.

Im Oktober 2020 antwortete die Landesregierung auf eine Grüne Anfrage (Drs. 18/7731), dass das kommende Jahr „für die Vorbereitung der Aufgabenübertragung vorgesehen“ sei und „eine vollständige Umsetzung derzeit zum 01.01.2022 angestrebt“ werde.

Während nach den Plänen des Landwirtschaftsministeriums das LAVES die Zuständigkeit für die Kontrolle der Antibiotikaminimierung abgeben würde, soll die Überwachung von Zirkusbetrieben und Tierversuchseinrichtungen zukünftig vom Land geleistet werden und nicht mehr von den Kommunen. Diesbezüglich spricht das Ministerium von einem „Aufgabentausch, der in Summe auf keiner Seite zu mehr Personalaufwand führen wird“ (Drs. 18/7731).

Fraglich ist jedoch, ob die inhaltliche Expertise, die derzeit beim LAVES vorhanden ist, von den Landkreisen gewährleistet werden könnte oder wie eine gebündelte Kommunikation mit BVL und BfR gewährleistet werden würde.

  1. Wie ist die aktuelle Haltung der Landesregierung zur Herabstufung der Kontrolle der Antibiotika-Gaben in der Tierhaltung vom Land auf die Landkreise?
  2. Welche Finanzmittel sollen die Kommunen für die zusätzlichen Aufgaben im Rahmen der Antibiotikaüberwachung in Zeiten knapper Kassen bekommen?
  3. Welche Verbände und Institutionen haben sich gegenüber der Landesregierung oder öffentlich für die Übertragung der Zuständigkeiten auf die Kommunen eingesetzt?
Zurück zum Pressearchiv