Dringliche Anfrage: Kettenbewährungen, Kritik am Bundesjustizministerium, EU-Richtlinie zur Bestellung von Pflichtverteidiger*innen - Worum genau geht es Justizministerin Havliza?

Die Niedersächsische Justizministerin Barbara Havliza hat sich jüngst mit verschiedenen Forderungen und Äußerungen in politische Debatten eingebracht.

So erhob sie angesichts der Justizministerkonferenz in Lübeck-Travemünde die Forderung, so genannte „Kettenbewährungen“ zu vermeiden. Wörtlich sagte sie laut Pressemitteilung des Niedersächsischen Justizministeriums: „„Straftaten führen nicht selten zu Bewährungsstrafen, obwohl der Täter bereits unter Bewährung stand. Das wollen wir ändern. Konsequenzen müssen spürbar sein, vor allem dann, wenn ein Verurteilter sich eine erste Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe nicht zur Warnung hat dienen lassen und trotz laufender Bewährungszeit erneut straffällig wird.“

Laut Redaktionsnetzwerk Deutschland und Deutscher Presse Agentur vom 11.06.2019 äußerte sie sich außerdem zur derzeitigen personellen Situation im Bundesjustizministerium. Dort hieß es:

„Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza (CDU) hat die SPD im Bund aufgefordert, schnellstmöglich eine Nachfolgerin für Bundesjustizministerin Katarina Barley zu nominieren. „Der derzeitige Zustand an der Spitze des Bundesjustizministeriums ist nicht länger hinnehmbar“, sagte Havliza dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Das Haus agiert sehr schwerfällig, vieles bleibt liegen“, so Havliza weiter. „De Facto ist das BMJV seit über einem Jahr nicht richtig handlungsfähig.“

Die CDU-Politikerin aus Niedersachsen forderte die kommissarische SPD-Führung auf, diesen Zustand schleunigst zu beenden. „Die SPD muss jetzt endlich ihrer Verantwortung gerecht werden und dafür Sorge tragen, dass das wichtige Justizministerium schnellstmöglich eine neue Leitung bekommt“, sagte Havliza. „Das Haus braucht eine Spitze, die voll handlungsfähig ist.“

Die CDU-Ministerin zeigte sich enttäuscht von der Amtszeit Katarina Barleys. „Als Bundesministerin der Justiz war Katarina Barley kaum präsent“, sagte Havliza. „Erst musste Frau Barley sich einarbeiten, dann war sie schon im Europawahlkampf“, so die CDU-Politikerin weiter. „Das kann man Frau Barley nicht persönlich vorwerfen, aber nun muss jemand übernehmen, der die wichtigen Themen der Rechtspolitik schnell angeht.““

Laut Braunschweiger Zeitung vom 10.06.2019 äußerte sich die Ministerin außerdem kritisch bzgl. der EU-Richtlinie zur Stärkung des Zugangs zu Verteidigern. Die Zeitung schrieb: „Fälle von Kleinkriminalität können auch in Niedersachsen inzwischen in sogenannten beschleunigten Verfahren abgewickelt werden: Die Strafe folgt auf dem Fuße. Doch Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza (CDU) sieht diese Möglichkeit der schnellen Verfolgung und Ahndung von Straftaten bedroht. „Sorge bereitet uns eine EU-Richtlinie, die nun in nationales Recht umgesetzt werden soll“, sagt sie im Interview mit unserer Zeitung.

Nach bisher geltendem Recht ist die Bestellung eines Pflichtverteidigers im beschleunigten Verfahren erst bei einer zu erwartenden Freiheitsstrafe von sechs Monaten vorgesehen. „Die Umsetzung der neuen EU-Richtlinie könnte dazu führen, dass dem Beschuldigten bei Haftvorführung immer ein Anwalt zur Seite gestellt werden muss“, sagt Havliza. „Wenn das so käme, wäre das beschleunigte Verfahren kaum noch durchführbar.““

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

  1. In wie vielen Fällen führten im Jahr 2018 und 2019 in Niedersachsen Straftaten bislang zu Bewährungsstrafen, obwohl der Täter bereits unter Bewährung stand?
  2. Welche konkreten Projekte sind nach Auffassung der Niedersächsischen Landesregierung in der Amtszeit von Bundesjustizministerin Barley bislang liegen geblieben?
  3. An welchen Gerichtsstandorten stehen nach Auffassung der Landesregierung nicht genügend Strafverteidiger zur Verfügung, um bei drohenden Haftstrafen auch im beschleunigten Verfahren den Beschuldigten Pflichtverteidiger zur Seite zu stellen?
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