Dringliche Anfrage: Jetzt 7,3 Millionen Euro Subventionen für den Megaschlachthof Wietze im Wahlkreis des Wirtschaftsministers?

Wie im Zuge der Beratungen des ersten Nachtragshaushalts 2012 im Finanzausschuss der Gemeinde Wietze bekannt wurde, soll der bereits mit rund 6,5 Millionen Euro aus öffentlichen Mitteln durch das Land Niedersachsen geförderte Hähnchenschlachthof der Firma Rothkötter in Wietze - im Landtagswahlkreis des Wirtschaftsministers Bode (FDP) - erneut gefördert werden. Demnach plant die Gemeinde den Ausbau der Wasserversorgung für den Schlachtbetrieb. Die Kosten in Höhe von 1 547 000 Euro sollen durch einen von der NBank bewilligten Zuschuss des Landes in Höhe von 870 200 Euro und einen Anteil des örtlichen Wasserversorgers, der Stromversorgung Osthannover (SVO), in Höhe von 676 800 Euro gedeckt werden. Zu dieser Investition hat sich die Gemeinde Wietze in einem bereits am 2. März 2010 mehrheitlich vom Gemeinderat beschlossenen städtebaulichen Vertrag mit der Firma Rothkötter Grundstücksverwaltung Wietze GmbH & Co. KG verpflichtet. „Die Gemeinde wird den Investor dabei unterstützen, zu möglichst günstigen Bedingungen den Wasserbezug herbeizuführen und mögliche Wasserbaukosten abzulösen“, ist im städtebaulichen Vertrag vereinbart.

In ihrer Antwort vom 8. März 2010 auf die Anfrage des Abgeordneten Christian Meyer „Subventionen für den Megaschlachthof in der Gemeinde Wietze“ (Drs. 16/2313) erwähnt die Landesregierung die Förderung des Landes für den Ausbau der Wasserversorgung jedoch nicht, obgleich in der ersten Frage explizit nach allen direkten und indirekten Subventionen aller staatlichen Ebenen für den Schlachthof gefragt wurde und auch umfangreiche kommunale Begünstigungen aufgezählt wurden. Auch in der Antwort der Landesregierung vom 22. Februar 2011 auf die Anfrage der Abgeordneten Stefan Wenzel und Christian Meyer „Woher kommen die Wassermengen für den Großschlachthof Wietze? (Drs. 16/3369) findet der Ausbau keine Erwähnung. Fördervoraussetzung gemäß Koordinierungsrahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ ist eine schriftliche Bestätigung der NBank vor Beginn des Investitionsvorhabens, dass die Fördervoraussetzungen vorbehaltlich einer detaillierten Prüfung dem Grunde nach erfüllt werden. Als Beginn des Vorhabens ist „der Abschluss eines der Ausführung zuzurechnenden Lieferungs- und Leistungsvertrages zu verstehen“. Dieser wurde am 2. März 2010 zwischen der Gemeinde und der Firma Rothkötter geschlossen.

Ziel der GRW-Förderung ist ausdrücklich die Schaffung von Dauerarbeitsplätzen. In ihrer Antwort vom 20. Februar 2012 auf die Anfrage der Abgeordneten Christian Meyer und Enno Hagenah „Wie viel verdienen die Arbeitenden im Schlachthof Wietze tatsächlich?“ räumt die Landesregierung ein, dass im Wietzer Geflügelschlachthof in erheblichem Umfang auch Leiharbeiter der Firma Randstad beschäftigt werden, bei denen es sich nicht um Arbeiter mit dauerhaften Arbeitsverträgen handelt.

Wie aus der Antwort der Landesregierung ferner hervorgeht, reicht ihr zur Überprüfung einer ordnungsgemäßen Entlohnung der im Geflügelschlachthof arbeitenden Leiharbeiter offenbar eine Bestätigung der Firma Randstad. Eine Überprüfung wurde für verzichtbar gehalten.

Dieses obwohl der Abgeordnete Hagenah bereits in der Sitzung des Landtages vom 13. Oktober 2011 durch Vorlage einer Anzeige der Firma Randstad in der Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit darauf hingewiesen hatte, dass die bei Rothkötter eingesetzten Randstad-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter für einen Stundenlohn von 7,79 Euro angeworben wurden.

Der NDR berichtete am 14. September 2012 in seiner Sendung „hallo Niedersachsen“ anhand konkreter Beispiele über „Ausbeutungslöhne“ von 5 Euro und inhumane Zustände in der niedersächsischen Agrarindustrie und den dazugehörigen Schlachthöfen: „Immer mehr Betriebe scheinen auf Leiharbeiter aus Osteuropa zu setzen, zu teilweise unmenschlichen Bedingungen. Die Arbeiter werden oft mit falschen Versprechungen nach Deutschland gelockt und dann regelrecht ausgebeutet.“ (NDR vom 14. September 2012: „Leiharbeiter mit falschen Versprechen gelockt“)

  1. Aus welchen sachlichen Gründen wird der Megaschlachthof in Wietze mit weiteren 870 200 gefördert, obwohl dieses Projekt bereits mit rund 6,5 Millionen Euro gefördert wurde?
  2. Warum hat die Landesregierung die Förderung des Ausbaus der Wasserversorgung in ihren Antworten vom 8. März 2010 und vom 22. Februar 2011 nicht erwähnt, obwohl ihr dieses spätestens seit dem 2. März 2010 bekannt sein muss?
  3. Wie begründet die Landesregierung die Förderung eines Geflügelschlachthofes mit inzwischen rund 7,3 Millionen Euro angesichts der Tatsache, dass in der Agrarbranche zu erheblichen Anteilen prekäre Beschäftigungsverhältnisse zu Niedriglöhnen entstehen?

     

Fraktionsvorsitzender

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