Dringliche Anfrage: Fiasko bei der Kaiser-Gala in Hildesheim

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Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Hannover, den 23.06.2003

Zu einem finanziellen Fiasko wurde die Eröffnungsgala einer Napoleon und Zar Alexander-Ausstellung am 4.10.2002 in Hildesheim. 101.000 € hat das Hildesheimer Roemer und Pelizaeus Museum nach eigenen Angaben aufgewendet, um ein einziges rauschendes Fest mit illustren Gästen zu gestalten. Dabei sei ein Defizit von insgesamt 77.000 € entstanden. Nach Angaben des Museums, dass vom Bund der Steuerzahler vor Gericht zur Offenlegung der Zahlen gezwungen werden mußte, wurden 34.046 € für die Bewirtung der Gäste verausgabt (116,80 € je Person) und 20.896 € für das Begleitprogramm. ( 71,56 € je Person) Für Reisekosten seien demnach nur 1000 € aufgewendet worden. Die gesamte Ausstellung produzierte offenbar ein Defizit von ca. 600.000 € .
Gleichzeitig bestehen erhebliche Zweifel an der Belastbarkeit der o.g. Zahlen. Unklar bleibt, wie die Napoleon-Komparsen, der Jaguar-Fahrdienst zum Hotel, die Kosten für die Unterbringung der russischen Gäste und für die zwei PR-Agenturen beglichen wurden. Zweifel bestehen auch an der tatsächlichen Höhe der Bewirtungskosten. Nachdem Mario Adorf und die Königin von Schweden nicht für eine Teilnahme gewonnen werden konnten, bleibt ebenfalls offen, welche Gagen und Reisekosten für Schauspieler und Moderatoren wie Pierre Brice, Leslie Malton und Nadja Abdel Farrag entstanden sind. Ursprünglich war für die Veranstaltung offenbar ein Kostenvolumen von 25.000 € vorgesehen.
Kürzlich hat Finanzminister Hartmut Möllring, der seit Herbst 2001 Mitglied des Aufsichtsrates und vom 22.4.2002 bis Ende März 2003 Aufsichtsratsvorsitzender der Hildesheimer Museums GmbH war, die Ablösung der Museumschefin gefordert. Die Eröffnungsgala, so Möllring in der HAZ vom 11.6.03, sei "gründlich vergeigt worden." Unklar bleibt aber, warum Möllring jede Mitverantwortung für das Fiasko ablehnt und die Schuld allein auf die Museumschefin abschiebt.
Das renommierte Roemer und Pelizaeus Museum wurde in der Vergangenheit auch vom Land finanziell gefördert. Auch vor diesem Hintergrund hat das Land ein hohes Interesse an einer lückenlosen Aufklärung der Verwendung von Steuergeldern. Von Interesse ist aber insbesondere auch der Beitrag des Finanzministers bei der Aufklärung der Hildesheimer Vorgänge.
Laut Gesellschaftervertrag der Hildesheimer Museums AG hat der Aufsichtsrat die Geschäftsführung zu überwachen (§ 11 (1) Satz 1). Außerdem entscheidet der Aufsichtsrat über Maßnahmen, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehen (§11 (2)). Offensichtlich hat der Aufsichtsrat und sein Vorsitzender bei der Wahrnehmung dieser Pflichten versagt. Zudem wurde die Aufklärung des Vorgangs behindert. Erst ein Gerichtsverfahren des Steuerzahlerbundes brachte einen Teil der Zahlen ans Licht der Öffentlichkeit.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

1. Mit welcher Summe wurde das Roemer und Pelizaeus Museum in den letzten zehn Jahren vom Land finanziell unterstützt?
2. Hat sich die Landesregierung (bzw. das Innenministerium) in ihrer Funktion nach §§ 128, 129 NGO über den Vorgang in Hildesheim unterrichten lassen?
3. Beabsichtigt die Landesregierung bei der Roemer- und Pelizaeus-Museum Hildesheim GmbH und bei der Service GmbH des Roemer- und Pelizaeus-Museums eine Sonderprüfung des Prüfberichts über die Prüfung des Jahresabschlusses bei privatrechtlichen Unternehmen nach § 124 (1) NGO vorzunehmen? (analog den Kriterien für die Jahresabschlußprüfung bei Eigenbetrieben nach § 123 NGO)


stellv. Fraktionsvorsitzender

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