Detlev Schulz-Hendel: Rede zur niedersächsischen Mobilitätsprämie (Antrag GRÜNE)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

mit unserem Antrag für eine Niedersächsische Mobilitätsprämie wollen wir wirtschaftlich, ökologisch und auch sozial die richtigen konjunkturellen Anreize in einer schwierigen Zeit schaffen: Wir wollen, dass die Menschen weniger mit dem Auto, aber dafür viel lieber und häufiger mit dem Rad, mit dem Bus oder der Bahn fahren und damit einen Beitrag zur Mobilitätswende leisten.

Wir wollen die Corona-Krise nutzen, um die Wirtschaftsförderung zukunftsgerecht aufzustellen. Verantwortungsbewusste Wirtschaftsförderung muss aus unserer Sicht künftig ökologisch und sozial ausgerichtet sein. Die Mobilitätsprämie ist dabei ein Baustein einer Gesamtstrategie für den Weg aus der wirtschaftlichen und sozialen Krise, den wir bereits als Grüne vor Wochen vorgelegt haben.

Worum geht es also: Wir wollen den Bürgerinnen und Bürgern unbürokratisch auf Antrag 800 Euro zur Verfügung stellen, mit der sich die Menschen wahlweise ein Fahrrad, unabhängig von der Antriebsart, kaufen können oder aber eine Abo-Karte für den öffentlichen Personennahverkehr, aber auch eine DB-Zeitkarte oder Bahncard erwerben können. Mit unserer Mobilitätsprämie ist es auch möglich, Car-Sharing oder Bike-Sharing-Angeboten zu nutzen. Auch die Reparatur des eignen Fahrrades könnte damit finanziert werden. Alle Möglichkeiten sollen zudem miteinander kombinierbar sein.

Anrede,

schon vor der Corona-Krise war klar: Der Verkehr ist für ein Fünftel des CO2 Ausstoßes verantwortlich, gleichzeitig ist es der Sektor, indem wir KEINE CO2 Reduktionen im Vergleich zum Jahr 1990 haben. Hier ist dringender Handlungsbedarf! Die Mobilitätsprämie ein gutes ökologisch ausgewogenes Konjunkturprogramm und gleichzeitig wirkt sie sozialpolitisch. Denn es gibt in Niedersachsen viele Menschen, die sich nur schwer ein Fahrrad oder eine Abo-Karte für den Nahverkehr leisten können. Darüber hinaus ist uns eine landesweite einheitliche Förderung von Lastenfahrrädern und Lastenanhängern für gemeinnützige, gewerbliche und kommunale Zwecke wichtig. Ebenso möchten wir Landesförderprogramme entwickeln, die unsere Kommunen, gerade auch in ländlichen Räumen, dabei unterstützen auch hier Car-Sharing und Bike-Sharing-Angebote zu entwickeln, damit diese kein Privileg der Ballungsgebiete bleiben.

Die Einführung einer Mobilitätsprämie stößt sowohl in der Zivilgesellschaft aber auch in Wissenschaft und Wirtschaft auf breite Zustimmung, während eine reine Kaufprämie für Autos die falschen wirtschaftlichen und ökologischen Anreize schaffen würde. Da sind sich die überwiegende Zahl von Wirtschaftsfachleuten einig – entgegen der Fachexpertise machen sich Ministerpräsident Weil und Wirtschaftsminister Althusmann sogar trotz der Absage der Bundeskanzlerin weiter stur für eine Autoprämie stark.

Erstaunt war ich dann doch, wie insbesondere SPD, CDU und FDP trotz der Ermangelung von Sachargumenten, den Antrag im Ausschuss abgelehnt haben.

Da holt die SPD den Taschenrechner raus und meint lapidar, das geht rechnerisch nicht, die CDU begründet Ihre Ablehnung damit, dass der Fahrradhandel doch schon boomt. Beiden ist zu bescheinigen, dass sie den Antrag offenbar nicht verstanden haben. Vielleicht sind es aber auch die ideologischen Scheuklappen, die dafür sorgen, dass man unseren Antrag nicht verstehen will. Natürlich sind die 80 Millionen Euro, die wir für das Programm in einem ersten Schritt fordern, nicht auskömmlich für alle Niedersächsinnen und Niedersachsen. Uns geht es vielmehr um einen Einstieg in eine Mobilitätsprämie, die wie jedes neue Programm natürlich evaluiert und angepasst werden muss.  Die eingeschränkte Sicht der CDU auf den boomenden Fahrradhandel vernachlässigt den ganzheitlichen Ansatz unseres Antrags, in dem es ja ganz bewusst auch um die Förderung der ÖPNV-Nutzung geht. Diese merkwürdige, wenig weitsichtige Debatte werden wir wahrscheinlich gleich wieder erleben.

Die Corona-Krise hat viel Leid und Negatives produziert, keine Frage. Gleichzeitig können wir in der Pandemie auch eine Chance sehen und sie nutzen, um die Verkehrspolitik zukunftsgerecht zu gestalten, um Mobilität attraktiver und sozial gerechter zu machen. Diese Chance wäre vertan, wenn wir weiter an veralteten Technologien wie dem Verbrennungsmotor festhalten. Dass offenkundig nicht einmal die Bereitschaft besteht, sich ernsthaft mit unserem Antrag zu beschäftigen, zeigt wie anachronistisch im niedersächsischen Landtag debattiert wird. Wir verschwenden hier Zeit, die wir nicht mehr haben. Geben Sie sich einen Ruck und setzen Sie sich mit den Sachargumenten auseinander. Auch Sie sehen doch, dass wir eine beispielslose Krise im ÖPNV erleben, die schlimmstenfalls ein halbes Jahrzehnt anhalten wird. Auch hier kann eine Mobilitätsprämie helfen. Sich nur um die Autoindustrie zu kümmern, wird den Fortschritt der Mobilität um Jahre zurückwerfen. Ich appelliere insbesondere an die Vertreter*innen der GroKo: Bitte überdenken Sie nochmals Ihre ablehnende Haltung!

Vielen Dank.

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