Detlev Schulz-Hendel: Rede zur Auszahlungspraxis von Corona-Wirtschaftshilfen (Fragestunde GRÜNE)

 

TOP 30 b): Wirtschaftshilfen für Unternehmen in Niedersachsen - ist die Auszahlungspraxis zu bürokratisch und zu aufwendig? (Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

Das darf nicht wahr sein! Nach einem Jahr Corona-Pandemie geht der Wirtschaft allmählich die Luft aus, obwohl Milliardensummen in ungeahnter Höhe bereitstehen. Das Geld kommt bei vielen nicht an, von Großkonzernen mit besten Verbindungen zur Politik einmal abgesehen. Bei vielen Mittelständlern, Teilen des Handwerks und Soloselbstständigen ist es bald zappenduster. Und was bekommen sie hier heute von unserem Wirtschaftsminister zu hören: Solidarisches Wehklagen und Schönfärberei. Nichts anders als Schönreden ist es, wenn sich die Landesregierung allen Ernstes dafür lobt, etwas weniger schlecht Wirtschaftshilfen als andere auszuzahlen.

Seit Monaten beklagen die Betroffenen die schleppende Auszahlungspraxis der unterschiedlichen Wirtschaftshilfen von Bund und Land. Alle Abgeordneten hier kennen eine Vielzahl von Unternehmen aus ihren Wahlkreisen, die noch auf Zahlungen der November- oder Dezemberhilfen warten. Ich muss Ihnen doch nicht sagen, dass es für viele um die blanke Existenz geht, Herr Minister. Da helfen Ihre heute vorgelegten Bilanzen über die Höhe der verfügbaren Hilfen wenig, wenn das Geld nicht bei allen, ich wiederhole, bei allen, die es dringend brauchen, ankommt. Sie wissen – und beklagen das ja auch – seit langem, dass Ihr Parteikollege in Berlin, Bundeswirtschaftsminister Altmaier, es nicht hinkriegt. Wo bleibt das funktionierende Konzept für schnelle und unbürokratische Auszahlung? Sie feiern sich hier mit Zahlen über Auszahlungsquoten, während vielen Unternehmen und Soloselbständigen in Niedersachsen das Wasser bis zum Hals steht.

Anrede,

Wir müssen feststellen: Bundeswirtschaftsminister Altmaier, aber auch Sie, Herr Minister Althusmann haben schnelle Hilfen angekündigt und dann nicht geliefert. Herr Althusmann, ich appelliere an Sie: Setzen Sie sich endlich an die Spitze der Bewegung und laufen Sie den Entwicklungen nicht wie Herr Altmaier weiter hinterher.

Aus den Problemen beim ersten Lockdown wurde leider nichts gelernt. Auch bei der Überbrückungshilfe III haben wir die Sorge, dass sie zu spät und stockend ausgezahlt wird. Und mit dieser Sorge sind wir nicht alleine. Beruhigt hat mich Ihre Antwort auf unsere Frage zur Überbrückungshilfe III leider nicht.

Das Schwarzer-Peter-Spiel führt nicht weiter. Der Bundesfinanzminister zeigt mit dem Finger auf den Bundeswirtschaftsminister und dieser wiederum auf die Länder und umgekehrt. Der Wirtschaft hilft das absolut nicht und erst Recht hilft kein parteipolitisches Ränkespiel im eigenen Kabinett. Schlagzeilen macht man natürlich mit Kritik an der eigenen Impfkampagne. Die Kritik ist vollauf berechtigt, nicht, dass wir uns falsch verstehen. Aber vier Finger zeigen auf Sie selbst als Vize-Chef der Regierung. Sie brauchten das vielleicht für ein gutes Wahlergebnis auf dem Parteitag und mit Blick auf ihre Ambitionen für 2022. Aber der Zukunft vieler Betriebe in Niedersachsen hier und heute hilft das nicht.

Anrede,

die Industrie und Handelskammer fordert völlig zurecht, dass die NBank die Auszahlung der Corona-Hilfen dadurch beschleunigt, dass eine Prüfung der Anträge erst im Rahmen der Schlussabrechnung erfolgt.

Mecklenburg-Vorpommern macht es Ihnen vor. Die Wiedereinführung eines Liquiditätskredits für Unternehmen und Soloselbständige zur Überbrückung und Zwischenfinanzierung, bis die Corona-Hilfen endlich fließen, würde schnell Druck nehmen. Doch nicht nur im Management der Bundes-Corona Hilfen ist Niedersachsen weder agil noch flexibel wie ein Start-Up, sondern träge und behäbig wie ein Tanker. Auch auf unsere Fragen zum landeseigenen Hilfsprogramm „Neustart Niedersachsen“, haben Sie heute nur unzureichend geantwortet. Mich erreichen viele Zuschriften, die schildern, dass zunächst Hilfsgelder zugesagt und dann widerrufen wurden. Herr Minister, so geht das nicht!

Die Kriterien der Förderrichtlinie werden nicht sauber ausgearbeitet und transparent kommuniziert. Sie haben die Hinweise des DGB zu Mitnahmeeffekten ignoriert.

Es gibt viel zu tun Herr Althusmann. Die niedersächsische Wirtschaft kann nicht mehr lange warten. Sie braucht jetzt einen zupackenden Wirtschaftsminister, der sich auf die Sacharbeit konzentriert.

Zurück zum Pressearchiv