Detlev Schulz-Hendel: Rede zum begleiteten Fahren ab 16

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

hier bei uns in Niedersachsen nahm das begleitete Autofahren für unter 18-jährige Fahranfänger*innen seinen Anfang. Im Jahr 2004 starteten wir mit einem Modellversuch, der nach der Änderung des Bundesrechts dann in eine dauerhafte Einrichtung überging. Mittlerweile gilt das Begleitende Fahren mit 17 bundesweit als Erfolg.

Unter Rot-Grün traten wir für die weitere Absenkung des Fahralters auf 16 Jahre ein. Die Unfallstatistiken überzeugen uns: Um fast ein Drittel sind die Unfälle in der Altersgruppe der 18- bis 25-Jährigen nach der Einführung vom begleitenden Fahren mit 17 gesunken.

Das gibt Hoffnung, dass eine weitere Herabsetzung des Fahralters für noch mehr Sicherheit und Unversehrtheit der jungen Leute sorgen wird.

Bis zu diesem Punkt sind wir uns alle einig. Völliges Unverständnis löst bei uns aber der Forderungspunkt 3 in Ihrem Antrag bei uns aus. Den haben Sie sich offensichtlich von den Lobbyisten der Versicherungs- und Autobranche diktieren lassen.

Anrede,

Die Versicherungen brauchen nicht den politischen Beschluss des Landtages, um ihre Produkte an neue Entwicklungen anzupassen. Schon jetzt ist die Branche auf das begleitende Fahren mit 17 eingestellt und verschiedene Versicherungsgesellschaften bieten Rabatte an. Das wird sich dann beim begleitenden Fahren mit 16 auch nicht anders verhalten. Und was heißt denn überhaupt, dass die Landesregierung „gemeinsam mit der Versicherungsbranche Anreize“ für eine höhere Beteiligung von Fahranfänger*innen am begleitenden Fahren diskutieren soll? Wollen Sie etwa mit Steuergeldern Versicherungsgesellschaften subventionieren lassen? Ist das begleitende Fahren mit 16 nun für Sie ein Instrument, mit dem Sie durch die Hintertür den Autokauf ankurbeln und VW über die Diesel-Krise verhelfen wollen?

Wann und ob junge Menschen den Führerschein machen und sich ein Auto kaufen, hängt ohnehin von anderen Faktoren als Versicherungsrabatten ab. Der Anteil der PKW-Besitzer*innen unter den 18- bis 25-Jährigen ist von 2011 bis 2016 von 56 Prozent auf 40 Prozent gesunken (Statistisches Bundesamt).

„Zu teuer, zu schmutzig, einfach überflüssig“ schrieb Spiegel Online über jugendliche Automuffel.

Jugendliche wollen immer weniger einen Führerschein machen oder sich gar ein eigenes Auto kaufen – Besonders in den Städten setzen junge Leute lieber auf ihr Fahrrad, auf den ÖPNV oder – wenn sie denn eine Fahrerlaubnis haben – auf Car-Sharing. Und das ist gut so! Das Statusgehabe mit dem eigenen Auto und der ständig steigende Individualverkehr haben uns massive Probleme beschert: Grenzwertüberschreitungen, verstopfte Straßen, Lärm und dreckige Luft – seit 1980 hat sich die Zahl allein der angemeldeten PKW in Deutschland auf 46,5 Millionen Fahrzeuge verdoppelt (Quelle: Kraftfahrt-Bundesamt)!

Deswegen macht es uns hoffnungsvoll, wenn junge Menschen offenbar immer mehr auf das eigene Auto verzichten. Für uns ist das kein Defizit, wenn nicht alle Jugendlichen sofort mit 17 oder bald mit 16 Jahren ihren Führerschein machen. Die junge Leute übernehmen mit ihrem Verhalten aktiv Verantwortung für eine umweltfreundliche und gesunde Mobilität. Und dafür verdienen sie aus unserer Sicht viel Anerkennung und Wertschätzung.

Anrede,

es ist gleichwohl sinnvoll, dass die Jugendlichen, die einen Führerschein machen wollen, möglichst früh einen Zugang zum begleiteten Fahren bekommen. Weil sie sich dann deutlich sicherer im Verkehr bewegen und weniger junge Menschen Opfer von Unfällen werden.

Wenn Sie den Forderungspunkt drei im Antrag streichen würden, dann wären wir schon ganz nah beieinander.

Zu guter Letzt ein Wunsch in Richtung CDU – wenn Sie sich bei der nächsten Gelegenheit mit ebenso viel Herzblut für die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre einsetzen würden, wie jetzt beim begleitenden Fahren mit 16, dann wären das eine ganz wunderbare Sache. Denn wem wir vertrauen mit dem Auto zu fahren, dem sollten wir auch genügend Vertrauen schenken eine gute Wahlentscheidung zu treffen. Wir erinnern Sie bei Gelegenheit gern daran!

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