Detlev Schulz-Hendel: Rede zu Gemeinwohlbilanz-Pilotprojekte (Antrag GRÜNE)

- Es gitl das gesprochene Wort -

Anrede,

niemand widerspricht, wenn wir Grüne eine Politik für die nachfolgenden Generationen fordern. Wenn wir dann aber konkreter werden und uns für Alternativen jenseits der alten Wirtschaftspolitik einsetzen gibt es nur verhalten Zustimmung: Sei es bei dem Thema Wohlstandsindex oder den Ideen der Gemeinwohlökonomie. Dabei wissen alle, die sich ein wenig mit der Messgröße Bruttoinlandsprodukt beschäftigt haben, dass sich dieser Indikator schon lange überholt hat.

Wenn man sich jetzt als verantwortungsvolle Unternehmerin oder Unternehmer damit beschäftigt, welchen Einfluss mein Wirtschaftsunternehmen auf die Umwelt und die Arbeitnehmer*innen hat, kommt man schnell an Grenzen. Denn die bisherigen allermeisten Unternehmensbilanzen sind bisher auf diesem Auge blind.

Es ist klar: Die Wirtschaft muss in der Zukunft innerhalb der planetaren Grenzen agieren. Dafür ist die Gemeinwohlökonomie (GWÖ) ein wichtiges und praxisnahes Messinstrument für Unternehmen.

Denn die Gemeinwohlökonomie bildet die sozialen und ökologischen Auswirkungen der unternehmerischen Tätigkeit in die Unternehmensbilanz ab.

Wir müssen, um mit den Worten vom Erfinder der Gemeinwohlökonomie Christian Felber zu sprechen, „Die Überzeugungen auf den Kopf stellen“. Der Profit ist nur Mittel zum Zweck und nicht anders herum.

Oder anders gesagt: Die Wirtschaft muss den Menschen dienen! Und da sind wir nicht alleine. Das steht bereits in unserem Grundgesetz in Paragraph 14 Absatz 2:

„Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“

Und das dieses von vielen Menschen gewünscht ist zeigen unter anderem zwei Umfragen der Bertelsmann Stiftung aus den Jahren 2010 und 2012. Und die Bertelsmann Stiftung steht nicht im Verdacht sozialistisch zu sein.

Auch wenn die Umfragen nicht ganz aktuell sind, aber in der aktuellen Krise wird die Zustimmung zur aktuellen Wirtschaftsordnung nicht unbedingt angestiegen sein. Beide Umfragen zeigen, dass die Menschen in großen Teilen (80 und fast 90 Prozent) eine andere Wirtschaftsordnung wollen.

Eine Wirtschaftsordnung, die sich stärker auf die Umwelt und den sozialen Ausgleich fokussiert und weniger auf kurzfristige Rendite.

Dafür kann die Gemeinwohlökonomie sorgen. Unser Antrag will einen Beitrag leisten, bisherige Überzeugen zu hinterfragen und anhand von praktischen Beispielen erfahrbar machen.

In der derzeitigen Krise wird besonders deutlich, dass die Resilienz der Wirtschaft gegenüber globalen Krisen gestärkt werden muss. Resilienz übersetzt heißt ja Widerstandsfähigkeit. Auch da kann das Erstellen einer Gemeinwohlbilanz einen positiven Einfluss haben. Beispielsweise bei der Frage ob man sich als Unternehmen in allen Entscheidungen beim Einkauf von Waren und Rohstoffen immer für den günstigsten Preis entscheidet oder ob die Sicherheit in der Lieferkette und der Produktion einen eigenen Wert hat. Wir machen mit unserem Antrag Vorschläge, wie Niedersachsen mit Pilotprojekten Vorreiterin in der Gemeinwohlökonomie werden kann.

Und es gibt ja bereits gute Beispiele. Mehrere hundert Unternehmen gehen mit gutem Beispiel voran: Die Sparda Bank in München, aber auch in Niedersachsen, wie Contigo aus Göttingen, El Puente oder die Gemüsekiste aus der Nähe von Hannover.

Sogar einzelne Kommunen in Norddeutschland haben sich zur Gemeinwohlökonomie bekannt.

Niedersachsen sollte noch stärker Teil dieser Bewegung werden und als Land diese Entwicklungen fördern. Das schlägt unser Antrag vor. Ich hoffe und wünsche mir eine konstruktive Beratung im Ausschuss.

Lassen Sie uns gemeinsam die Gemeinwohlökonomie zu einem Erfolgsprodukt in Niedersachsen machen.

Vielen Dank.

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