Detlev Schulz-Hendel: Rede zu Carsharing und Elektromobilität (Antrag SPD/CDU)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

ich habe mich zunächst einmal gefragt, warum Sie diesen Antrag jetzt einbringen: Ist es etwa ein Verzweiflungsakt angesichts Ihrer beeindruckenden Umfragewerte oder eine Verzweiflungstat angesichts weiterer drohender Fahrverbote und des unsäglichen Umgangs mit dem Dieselskandal.

Tatsächlich passen ja CarSharing und Elektromobilität sehr gut zusammen. CarSharing-Anbieter können bei der Einführung batteriebetriebener Autos eine Vorreiterrolle einnehmen. Und tun dies bereits: Der Anteil der Elektrofahrzeuge und Plug-In-Hybride liegt beim bundesweiten PKW-Bestand bei gerade einmal 0,2 Prozent. Bei CarSharing-Anbietern waren Anfang 2018 hingegen knapp 1.800 alternativ betriebene Fahrzeuge in Betrieb - sie machten damit mehr als 10 Prozent aller Car-Sharing-Fahrzeuge in Deutschland aus.

Schon jetzt sind CarSharing-Anbieter der Zeit ein Stück weit voraus. Gleichwohl stoßen sie an Grenzen. Strukturelle Probleme verhinderten bislang, dass sich der Anteil an E-Fahrzeugen nennenswert erhöhen kann. Der Bundesverband CarSharing (bcs) sagt, dass zum einen die Wirtschaftlichkeit eines E-Autos mit deutlich höheren Anschaffungspreisen für die Anbieter zurzeit noch problematisch sei. Die zweite Hürde besteht laut bcs darin, dass die Ladeinfrastruktur im öffentlichen Raum bei Weitem noch nicht ausreichend ist.

Wenn Sie es ernst meinen mit der Elektromobilität, meine Damen und Herren von SPD und CDU, dann verstehen wir allerdings nicht, warum Sie die Mittel für den Aufbau einer Ladeinfrastruktur im Haushalt ab 2019 streichen und gleichzeitig aber diesen Antrag einbringen, der Mittel notwendig macht. Die CarSharing-Verbände und Anbieter sagen ganz klar in Richtung Politik, ohne öffentliche Unterstützung wird das nichts! 

Anrede,

wir können uns Ihrem Antrag in weiten Teilen durchaus anschließen. Er ist eine Folge des Bundesgesetzes zur Bevorrechtigung des CarSharing (CsgG), das vor gut einem Jahr in Kraft getreten ist. Nur Punkt 3 können wir natürlich nicht mittragen. Das ist Unsinn, was Sie da fordern!

Öffentlicher Raum ist kostbar - je mehr Menschen dicht auf einem Raum wohnen, umso kostbarer. Gerade Städte sind aber der wirtschaftliche und sinnvolle Einsatzort von CarSharing. Wer in der Stadt Raum für CarSharing schaffen will, muss dem privaten Autoverkehr entsprechend Platz wegnehmen. Oder wollen Sie Wohnhäuser abreißen, um dort die Parkplätze für CarSharing-Fahrzeuge einzurichten?

An dieser Stelle machen Sie dann ein bisschen auf Verkehrswende obwohl Sie damit bisher nicht so viel am Hut hatten.

Beim CarSharing geht es nicht nur darum, die Fahrt im privaten Auto gegen ein Car-Sharing-Auto einzutauschen. Es geht um viel mehr. Es geht auch um grundlegende Änderungen im Verkehrsverhalten. Das sogenannte fließende CarSharing, das Autohersteller anbieten, ist ein Beispiel dafür, das bei gleichbleibendem Verkehrsverhalten der Menschen die Verkehrsdichte auf den Straßen sogar zunehmen wird: Nutzer von Car2go oder DriveNow behalten meist ihren privaten PKW in ihrem Besitz und nutzen das fließende CarSharing zusätzlich. Nutzer des fließenden CarSharing fahren auch weniger mit dem ÖPNV; sie ersetzen die Fahrten mit Bus und Bahn durch das CarSharing-Auto, weil es billiger ist. Freefloating Carsharing führt zu Einnahmeverlusten und macht dem ÖPNV Konkurrenz. Das liegt am Geschäftsmodell, das ein anderes als beim stationären CarSharing ist, und das andere, eher autoaffine Nutzer mit hohen Anspruche an Flexibilität anspricht. Autohersteller wie Mercedes nutzen CarSharing als fahrende und erlebbare Werbung für ihre hergestellten Autos, als Marketing-Instrument. Wenn der Absatz verkaufter Autos am Ende steigt, stimmt die Bilanz unterm Strich, auch wenn Mercedes mit Car2go Minus machen sollte.

Anrede,

laut Umweltbundesamt kann CarSharing bis zu 15 Prozent der Fahrleistung in Städten reduzieren und damit 5 Prozent der CO2-Emissionen. Wenn wir die positiven Effekte des CarSharing in den Ballungszentren aber auch in ländlichen Kommunen nutzen wollen, dann müssen wir auf das richtige Geschäftsmodell setzen und die herstellerunabhängigen CarSharing-Anbieter unterstützen.

Der vorliegende Antrag ist in Ansätzen eine logische Folge des Bundesgesetzes aus 2017.

 

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