Christian Meyer: Rede zum Wolfsbestand (Aktuelle Stunde FDP)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

da ist sie wieder - die Debatte über Wolf und Weide. Dabei liebe FDP, liebe CDU und liebe SPD wurde doch der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung zum Thema Wolf aus SPD, GRÜNEN und FDP allgemein gelobt.

Selbst Herr Dammann-Tamke (CDU), der wahrscheinlich heute wieder nicht reden darf, lobte in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vom 26.11.2021 die Vereinbarungen der Ampel, nachdem die alte Groko das Problem ausgesessen habe.

Ich erinnere mich noch gut, wie Frau Schulze (SPD) und Frau Klöckner (CDU) sich bei dem Thema in einen unseligen Streit verrannt haben. Die CDU wollte den Wolf ins Jagdrecht überführen, die SPD lehnte das ab.

Passiert ist nichts und die Weidetierhalter*innen, sowie die Akzeptanz des Wolfes mussten darunter leiden.

Was hat die Ampel-Koalition nun vereinbart:

Im Koalitionsvertrag heißt es dazu: „Unser Ziel ist es, das Zusammenleben von Weidetieren, Mensch und Wolf so gut zu gestalten, dass trotz noch steigender Wolfspopulation möglichst wenige Konflikte auftreten. Wir werden mit allen in diesen Fragen befassten Organisationen und Verbänden einen institutionalisierten Dialog ‚Weidetierhaltung und Wolf‘ einrichten.

Wir werden durch eine Überarbeitung der Monitoringstandards die Anzahl der in Deutschland lebenden Wölfe realitätsgetreu abbilden und wollen den Ländern europarechtskonform ein regional differenziertes Bestandsmanagement ermöglichen.“

Anrede,

merken Sie was fehlt? Die von FDP, CDU und auch Teilen der SPD immer wieder geforderte Aufnahme des Wolfs ins Jagdrecht.

Diese wird nicht kommen, da hat die grüne Vernunft und Sachlichkeit gesiegt und deshalb sollten Sie auch in Niedersachsen davon Abstand nehmen. Mit uns Grünen gibt es keine Aufnahme des Wolfs ins Jagdrecht, solange er streng geschützt ist.

Liebe CDU, ich weiß ja Sie versprechen seit Jahren den Menschen der Wolf komme ins Jagdrecht. Und das sei die Lösung aller Probleme. 

Dabei wissen Sie genau, dass es nichts bringt, ja die Entnahme von Problemwölfen sogar erschwert. Herr Dammann-Tamke sieht das ja ein, wenn er äußert, dass bei der Aufnahme des Wolfs ins Jagdrecht ja sogar zwei Ministerien der Entnahme von Problemwölfen zustimmen müssten, die Agrarministerin und der Umweltminister. Und er versteigt sich dann sogar zur Behauptung, dass ich dann ja als Grüner Agrarminister ein Vetorecht bei der Entnahme des bislang einzigen Problemwolfs durch eine rot-grüne Landesregierung eingesetzt hätte.

Ja, ich sage einziger Problemwolf, weil die vier Abschüsse, die in die Amtszeit von Umweltminister Olaf Lies fielen, jeweils Fehlabschüsse waren. Nicht in einem Fall wurde das in der Ausnahmegenehmigung genannte Problemtier erlegt, sondern in zwei Fällen laut NLWKN sogar geschützte Welpen.

Und Herr Lies, wenn Sie behaupten, das sei alles legal, dann beantworten Sie doch wieder Parlamentsanfragen zu den Gründen für Abschussgenehmigungen und beenden Ihre Geheimniskrämerei.

Anrede,

aber es bleibt erstaunlich.

Während wir Parlamentarier vor dem Staatsgerichtshof unsere Kontroll- und Auskunftsrechte als Opposition zum Thema Wolf einklagen, verkündet der Umweltminister im deutlichen Widerspruch zu den Behauptungen der Notwendigkeit der Geheimhaltung zum Schutze Dritter vor dem Staatsgerichtshof munter neue Abschussgenehmigungen.

Unter der Überschrift „Angriff im Kreis Osterholz: Umweltminister verspricht Wolfsabschüsse“ berichtet ‚buten und binnen‘ am 11.12.2021: „Nach den Angriffen auf Weidetiere zwischen Bremen und Bremerhaven sollen bis zu zwei Wölfe getötet werden. Das hat der niedersächsische Umweltminister Olaf Lies (SPD) in Loxstedt bei Bremerhaven Landwirten und Schäfern zugesichert. Für den Abschuss wird es eine Ausnahmegenehmigung geben, sagte Lies. Denn Wölfe sind gesetzlich streng geschützt. In der betroffenen Küstenregion gibt es laut Lies zwei Rudel. Je Rudel könne ein Tier getötet werden.“

In der Nordsee-Zeitung vom 13.12.2021 erläutert Minister Olaf Lies ausführlich und konkret die Gründe für eine zu erteilende Abschussgenehmigung aus dem Schiffdorfer Rudel. Diese bislang geheim zu haltende Abschussgenehmigung soll noch bis Jahresende ausgestellt werden soll, kündigte Lies an. Außerdem kündigte Lies an: „Wir werden einen Jäger anonym über den Landkreis Cuxhaven beauftragen“.

Liebe Landesregierung, das Reden Ihres Ministers widerspricht offensichtlich der Verweigerung von Antworten im Parlament zu geplanten Abschussgenehmigungen.

In der Antwort auf unsere Anfrage heißt es: „Die Landesregierung verweigert die Auskunft bezüglich des Vorliegens weiterer Ausnahmegenehmigungen in öffentlichem Rahmen, da zu befürchten ist, dass den in den Vollzug eingebundenen Personen nach Bekanntwerden umfangreiche Repressalien im persönlichen Bereich drohen würden. Insbesondere ist hier mit Mobbing, Beleidigungen und auch Angriffen auf die betroffenen Personen zu rechnen. Diese Vermutung bezieht sich dabei nicht nur auf den gesellschaftlichen (oft enthemmten) Umgang in den Sozialen Medien, sondern auch auf den Vollzugseinsatz vor Ort (Vollzugsstörung).

Die konkreten Erfahrungen aus den bisher öffentlich bekannten Ausnahmegenehmigungsverfahren haben gezeigt, dass diese zu einer starken Polarisierung führen können, die über einen normalen gesellschaftlichen Diskurs hinausgehen. Sowohl die Antragssteller als auch Jäger und Mitarbeiter der Vollzugsbehörden waren und sind konstant Angriffen unter Namensnennung ausgesetzt, die bis zur Androhung empfindlicher Übel gehen. Insofern besteht die berechtigte Prognose, dass es auch bei öffentlichem Bekanntwerden weiterer Ausnahmegenehmigungen zu einer Verletzung der o. g. Grundrechte kommen würde.“

Anrede,

Herr Lies, warum gelten Ihre Aussagen im Falle Cuxhaven nichts mehr? Entscheiden Sie wann es veröffentlicht wird und wann nicht? Und warum ist die Sorge vor üblen Auseinandersetzungen in den Sozialen Medien nun geringer als vor Gericht behauptet?

Fragen über Fragen. Gut, dass der Staatsgerichtshof Sie hoffentlich klar an unsere Verfassung erinnern wird, das Parlament vollständig und unverzüglich zu informieren, damit es die Regierung auch kontrollieren kann.

Anrede,

aber zurück zu Herrn Birkner,

so wie auf Bundesebene sollten Sie auch in Niedersachsen die Forderung nach der Aufnahme des Wolfs ins Jagdrecht aufgeben. Herr Kollege Birkner, Sie waren doch Verhandlungsführer der FDP in dem Bereich und kann Sie nur sehr für das gute Ergebnis loben.

Den beiden Punkte, die Sie heute ansprechen - reale Monitoringstandards realitätsgetreu abbilden und ein europarechtskonformes Bestandsmanagement - stimme ich zu. Da haben die Länder und vor allem das SPD-Bundesumweltministerium wirklich nicht gut gearbeitet. Das beste und realistischste Wolfsmonitoring hat übrigens Sachsen-Anhalt - eingeführt von einer grünen Ministerin. Und da die neue Bundesumweltministerin Steffi Lemke auch aus Sachsen-Anhalt kommt, wird sie die dortigen Erfahrungen sicher nutzen, für ein realistisches Bild, was der Bund unter der Groko verweigerte. Siehe Streit zwischen CDU und SPD.

Und dass ein Bestandsmanagement europarechtskonform sein muss, ist auch klar. Solange der Wolf europarechtlich streng geschützt ist, ist eine Bejagung ausgeschlossen. Wie bislang ist nur die Entnahme von Problemwölfen möglich und diese brauchen eine fundierte artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung. Die EU-Kommission hat ja gerade ein Pilotverfahren gegen Deutschland unter Bezug auf die niedersächsische Wolfsverordnung und die hohen Abschüsse eingeleitet.

Daher mein Appell an Herrn Lies, kehren Sie zur Sachlichkeit zurück und beenden Sie Ihre Geheimniskrämerei zu erteilten Abschussgenehmigungen gegenüber dem Parlament.

Vielen Dank.

Zurück zum Pressearchiv