Christian Meyer: Rede zum sozialen Wohnungsbau (Aktuelle Stunde GRÜNE)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

Herr Minister Lies, ich weiß diese aktuelle Stunde ist für Sie und die sozialdemokratisch geführte Landesregierung sehr, sehr unbequem.

Denn bei kaum einem Thema klaffen Worte und Taten so auseinander wie beim Sozialen Wohnungsbau der Großen Koalition.

Herr Minister Lies, das Internet vergisst nicht, was Sie und der Ministerpräsident 2018 und 2019 versprochen haben.

Sie wollten Jahr für Jahr 4.000 zusätzliche Sozialwohnungen bauen, doch die trübe Realität holt Ihre Versprechungen in vier Jahren Wohnungsbauminister leider ein.

In der letzten Woche meldete der NDR unter Berufung auf Zahlen im Bundestag: „Weniger Sozialwohnungen: Niedersachsen mit Minusrekord“. Die Zahl der Sozialwohnungen ist auch 2020 dramatisch gesunken. Niedersachsen hat den höchsten absoluten und relativen Rückgang unter den Bundesländern auf nur noch 60.265 Sozialwohnungen. Zum Amtsantritt von Olaf Lies 2018 waren es noch 82.496. Ein Rückgang um 27 Prozent und KEIN ZUWACHS.

Und das Gemeine ist, dass unter dem NDR Artikel auf andere Artikel im gleichen Zusammenhang verlinkt wird. Und da findet man dann einen Bericht von 2019 über eine Ankündigung von Olaf Lies jährlich 4.000 zusätzliche Sozialwohnungen bauen zu wollen. Die HAZ titelte 2019 sogar: Land baut 40.000 neue Sozialwohnungen bis 2030. Das kündigte Bauminister Lies auf einer Pressekonferenz vor 2 ½ Jahren an. Jetzt haben wir 22.000 Wohnungen weniger, statt 40.000 mehr!

Herr Lies, wo sind Ihre Versprechungen im Sozialen Wohnungsbau umgesetzt? Heute müssen wir feststellen, liebe SPD: Viel versprochen, viel gebrochen. Die Zahl der Sozialwohnungen stieg nicht um 4.000 im Jahr, sondern sank 2018 um 7000, 2019 um 7000 und auch 2020 um mehr als 7000. Das ist der Negativrekord von Bauminister Lies. Und mit Ausreden sind Sie ja immer gut und die werden wir ja auch heute hören.

Unser grüner Vorschlag liegt seit 2018 auf dem Tisch, aber die CDU lässt Sie nicht. Wir brauchen, da der Markt versagt, endlich wieder eine Landeswohnungsgesellschaft und müssen selber in Partnerschaft mit den Kommunen Sozialen Wohnraum schaffen. Auch der DGB und die Landesarmutskonferenz fordern Sie seit langem dazu auf, endlich zu handeln statt nur zu prüfen, zu lamentieren oder wieder die Schuld bei anderen zu suchen.

Im Aprilplenum erklärte Minister Lies hier im Landtag für die Landesregierung zum Thema Landeswohnungsbaugesellschaft: „Wir prüfen nicht, ob sie notwendig ist, sondern wir prüfen, wie man so etwas umsetzen kann. (…) Wenn der Staat beim Thema Wohnen nicht in die Verantwortung geht, dann wird die Privatwirtschaft allein das Problem im Sinne der Mieterinnen und Mieter nicht lösen“.

Herr Minister, da haben Sie Recht. Nur: als ich im letzten Plenum Finanzminister Hilbers zum Thema Landeswohnungsbaugesellschaft fragte, schloss er aus, dass sie noch in dieser Periode gegründet wird. Da müsste der Ministerpräsident Weil mal ein Machtwort sprechen, was denn nun gilt.

Und Sie haben unsere Landesverfassung auf Ihrer Seite: In Artikel 6a heißt es: „Das Land wirkt darauf hin, dass die Bevölkerung mit angemessenem Wohnraum versorgt ist.“

Das haben viele Menschen zur Zeit nicht! Weder angemessenen noch erschwinglichen Wohnraum, wo nicht die hohe Miete das halbe Einkommen auffrisst.

Und der Rückgang im Sozialen Wohnungsbau liegt auch nicht nur an der schlechten Sozialpolitik der Groko auf Bundesebene von Bauminister Seehofer.

Denn es gibt Bundesländer die gegen den Trend MEHR Sozialwohnungen schaffen und nicht weniger.

Im rot-grünen Hamburg wuchs die Zahl der Sozialwohnungen. In grün-schwarzen Baden-Württemberg stieg die Zahl der Sozialwohnungen und auch im Rot-Rot-Grünen Thüringen oder der Kenia-Koalition in Sachsen, alles Länder mit grüner Regierungsbeteiligung, stieg die Zahl der Sozialmietwohnungen 2020!

Nur in Niedersachsen haben wir Jahr für Jahr einen Rückgang auf ein sehr niedriges Niveau von nur noch 60.000 erschwinglichen Sozialwohnungen in ganz Niedersachsen.

Nur zum Vergleich Nordrhein-Westfalen hat 450.000, Berlin 112.000, Bayern 135.000 und selbst Hessen und Hamburg haben mehr Sozialwohnungen als Niedersachsen. Dabei steigen auch bei uns die Mieten dramatisch und werden für immer mehr Menschen zur Armutsfalle.

Herr Minister Lies, Herr Ministerpräsident Weil,

die Menschen wollen nicht auf die nächste Landtagswahl vertröstet werden. Sie wollen eine Landeswohnungsbaugesellschaft jetzt und nicht erst nach dem überfälligen Regierungswechsel. Und die Menschen wollen bezahlbaren Wohnraum. In Osnabrück stimmten 2019 in einem Bürgerentscheid eine riesige Mehrheit von 76,4 % FÜR die Neugründung einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft.

Daher Herr Minister Lies, Sie haben bei Amtsantritt und auch danach MEHR Sozialen Wohnungsbau versprochen. Ministerpräsident Weil hat Sie dabei unterstützt. Ihre Bilanz ist ein bundesweiter Negativrekord und das bei einer sozialdemokratisch geführten Landesregierung.

Geben Sie sich einen Ruck und gründen Sie endlich eine Landeswohnungsgesellschaft. Es ist schon viel zu viel Zeit mit Reden verstrichen. Jetzt gilt es sozialen Wohnraum zu schaffen und wenn es der Markt nicht macht, muss es die öffentliche Hand tun.

Herr Lies, nehmen Sie diesen Verfassungsauftrag ernst und lassen Sie Wohnen zur Miete in Niedersachsen nicht weiter zur Armutsfalle für niedrige Einkommen werden. Handeln Sie jetzt und stoppen Sie den Rückgang beim sozialen Wohnungsbau.

Vielen Dank.

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