Christian Meyer: Rede zum Schutz und die Erhaltung von Wohnraum (Gesetzentwurf GRÜNE)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

„Wir wollen ein Wohnraumschutzgesetz schaffen, das einerseits die Rechte von Mietern auf angemessene Wohnzustände definiert und andererseits den Kommunen die Möglichkeit einräumt, über eine Satzung die Zweckentfremdung von Wohnraum zu unterbinden.“

Meine Damen und Herren von SPD und CDU,
jetzt müssten Sie eigentlich klatschen. Das ist Ihre Ankündigung aus dem Koalitionsvertrag (Seite 67) und Bauminister Olaf Lies hat bei den Kommunalen Spitzenverbänden erst kürzlich wieder erklärt, schnell ein Wohnraumschutzgesetz wie in NRW, Hamburg und Berlin vorzulegen.

Mit unserem heutigen Gesetzesantrag wollen wir der GroKo etwas auf die Sprünge helfen.

Denn die Wohnraumsituation insbesondere in den großen Städten ist brisant. Wir haben Fälle von üblen Immobilienhaien, die unzumutbare Wohnbedingungen wie etwa im Wollepark in Delmenhorst oder aber auch bei vielen Werksvertragsarbeitern von Schlachthöfen zulassen, die Bewohnerinnen und Bewohner ausbeuten und sie teilweise erheblichen gesundheitlichen Gefahren aussetzen.

„Eine schlechte Wohnung macht brave Leute verächtlich“, wusste schon Johann Wolfgang von Goethe in „Was wir bringen“ von 1802.

200 Jahre später ist das Grundrecht auf faires Wohnen immer noch nicht gewährleistet. Unsere niedersächsische Verfassung verpflichtet uns in Artikel 6a darauf hinzuwirken, dass „die Bevölkerung mit angemessenem Wohnraum versorgt ist.“

Was heißt angemessen? In unserem Entwurf haben wir anhand bestehender Gesetze klargestellt, dass es Mindestanforderungen für fairen Wohnraum gibt. 20 Menschen in einem Haus und nur eine Toilette, ist unzumutbar und daher brauchen die Kommunen - wie von den Oberbürgermeistern gefordert - auch in Niedersachsen die Möglichkeit bei unhaltbaren Wohnzuständen einzuschreiten und für Abhilfe zu sorgen und den Wohnraum im Zweifelsfall auch für unbewohnbar zu erklären. Diese Möglichkeit hätte den Bewohnerinnen und Bewohnern im Wollepark 11 und 12 Einiges ersparen können.

Wir können doch nicht nur die Haltungsbedingungen im Schweinestall gesetzlich vorschreiben, aber bei Menschen schauen wir weg.

Anrede,

der zweite wesentliche Punkt unseres Gesetzes ist, Kommunen zu ermöglichen gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum vorzugehen. In beliebten Urlaubsregionen, beispielsweise auf den nordfriesischen Inseln, werden immer mehr Wohnungen in Ferienappartements umgewandelt, so dass der Wohnraum für Einheimische immer knapper und damit auch immer teurer wird. Auch das leerstehenlassen von Wohnraum ist eine Form von Zweckentfremdung, die sich vor allem bei Immobilienspekulanten zunehmender Beliebtheit erfreut. Wir wollen, dass diese und andere Formen der Zweckentfremdung von Wohnraum künftig unter den Genehmigungsvorbehalt der Kommunen gestellt werden.

Olaf Lies hat erst am Wochenende wieder in einem Interview erklärt, dass in Niedersachsen bis 2035 über 300.000 Wohnungen verschiedener Preisklassen fehlen. Daher brauchen wir nicht nur verstärkten Wohnungsbau, insbesondere sozialen Wohnungsbau, sondern dürfen auch in den Städten Wohnraum nicht ungenutzt leer stehen lassen.

Wir wollen daher auch hier den Kommunen mit Wohnungsmangel die Möglichkeit geben, per kommunaler Satzung gegen Zweckentfremdung von Wohnraum vorzugehen. Da geht es gegen den Missbrauch und die Umwidmung aber auch um Leerstände, die länger als vier Monate dauern.

Hier kann der Staat dann bei der Wohnungsbelegung helfen. Quasi als staatliche Hausbesetzer*in: In unserem Antrag heißt es dazu „Steht Wohnraum leer, kann die zuständige Behörde auf Wohnungsuchende hinweisen. Hingewiesen werden kann auch auf Haushalte, die als vordringlich wohnungsuchend anerkannt sind. Die zuständige Behörde ist berechtigt, Wohnungsuchenden die Belegenheit des leer stehenden Wohnraums sowie Name und Anschrift der oder des Verfügungsberechtigten zugänglich zu machen, wenn die oder der Verfügungsberechtigte den ihr oder ihm zugewiesenen Wohnungsuchenden nicht innerhalb eines Monats ein Wohnungsangebot unterbreitet hat.“

Solche Regelungen existieren bereits in Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Berlin. Wie gesagt, unsere Verfassung verpflichtet uns sogar angemessenen Wohnraum zu schaffen.

Wie sagt es unser Grundgesetz so schön in Art. 14 Abs. 2: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“ Das gilt auch für leerstehendes Wohneigentum.

Wir Grüne hoffen daher auf eine zügige Beratung unseres Gesetzentwurfes. Die Kommunalen Spitzenverbände insbesondere der niedersächsische Städtetag begrüßen den Gesetzentwurf und unsere Initiative. Wir hoffen, dass Olaf Lies jetzt auch seine Ankündigungen in die Tat umsetzen kann und zügig ein eigenes Gesetz vorlegt.

Trödeln sollten wir beim Wohnraumschutz nicht, sonst zitieren wir wieder Goethe:

„Eine schlechte Wohnung macht brave Leute verächtlich“.

Lassen Sie uns gemeinsam für faires Wohnen sorgen, gegen unzumutbare Zustände vorgehen und Leerstände und Spekulation mit Wohnraum zurückdrängen.

Und jetzt warten wir wieder gespannt auf die Argumente der GroKo, warum Vorschläge der Opposition nun wieder nicht gehen, obwohl sie im Koalitionsvertrag angelegt sind.

Wir Grüne sind eine Opposition die scharf kritisieren aber auch loben kann.

Wenn die Groko schnell ein besseres Gesetz zum Wohnraumschutzgesetz vorlegt, sind wir gerne bereit es gemeinsam zu beschließen. Ansonsten nehmen Sie unseres.

Vielen Dank.

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