Christian Meyer: Rede zum Katastrophenschutz (Aktuelle Stunde GRÜNE)

- Es gilt das gesprochene Wort -

Anrede,

bei den Hochwasserkatastrophen in NRW und Rheinland-Pfalz haben Feuerwehren, Technisches Hilfswerk, Rotes Kreuz und viele Hilfsorganisationen Großartiges geleistet. Diesen Retterinnen und Rettern, Helferinnen und Helfern, von denen viele für andere ihr Leben riskiert und teilweise auch verloren haben, gelten an erster Stelle unser aller Dank und Anerkennung. Sie haben geholfen, als andere in Not waren.

Und diese Katastrophen von Starkregenereignissen, Hochwassern bis zu Moor- und Waldbränden nehmen auch durch die menschengemachte Klimaerwärmung immer stärker zu. Mehrfach haben die Kommunalen Spitzenverbände, aber auch die Oppositionsfraktionen von GRÜNEN und FDP in den letzten Jahren mit Anträgen vor den neuen Risiken gewarnt und eine an Extremwetter und Klimarisiken angepasste Ausstattung für Hilfs- und Rettungskräfte gefordert. Aber trotz vieler Lobreden zuletzt vom Ministerpräsidenten Weil, der die Defizite durchaus anerkennt, hat die Landesregierung, Finanzminister haben Hilbers und Innenminister Pistorius den Katastrophenschutz weiterhin nicht priorisiert.

Unsere Katastrophenschützerinnen und –schützer haben nicht nur Applaus verdient, sondern eben auch eine veränderte und verbesserte Ausrüstung, Anerkennung und Bezahlung.

Wir dürfen unsere Retterinnen und Retter nicht im Regen stehen lassen.

Immer noch fehlen Fahrzeuge, Schutzausrüstung, Materialbevorratung und Alarmsirenen. Laut Landkreistag sind die Fahrzeuge unserer Feuerwehren „dramatisch überaltert“. Es fehlt an Ausstattung und einer koordinierenden Hilfe und Materialbereitstellung des Landes. Im Bundesländervergleich stehen unsere Berufsfeuerwehren immer noch am unteren Ende der Besoldungstabelle. Mehr als 3.000 Dienstposten im hauptberuflichen Feuerwehrdienst sind zurzeit in Deutschland unbesetzt. Die Nachwuchsgewinnung und die Stärkung des Ehrenamtes werden vernachlässigt.

Die Förderung des Nachwuchses durch den Feuerwehranwärterzuschlag wird immer noch nicht ausgeweitet, obwohl die Landesregierung einräumt, dass „die kommunalen Feuerwehren in Niedersachsen in den vergangenen Jahren einen kontinuierlichen Rückgang von geeigneten Bewerberinnen und Bewerbern festgestellt haben. Auch über den 31.12.2021 hinaus ist ein Mangel an qualifizierten Nachwuchskräften zu erwarten.“

Anrede,

unsere Feuerwehrleute und Hilfsorganisationen haben mehr verdient als warme Worte. Wir brauchen endlich eine bessere Bezahlung, attraktivere Arbeitsbedingungen und eine Nachwuchsoffensive im Bereich Katastrophenschutz.

Denn die Ausstattung des Katastrophenschutzes ist völlig unzureichend und nicht auf die zunehmenden Extremwetterlagen vorbereitet. Das sage nicht ich, sondern der niedersächsische Landkreistag in einem flammenden Appell von 2017. Darin nehmen die Kommunen das Land in die Pflicht sich auf die neuen klimabedingten Katastrophenlagen endlich besser vorzubereiten. Es fehle ein flächendeckendes Sirenenwarnsystem mit denen die Bevölkerung schnell vor drohenden Gefahren gewarnt werden kann. Und es wird vom Land eine zentrale Materialbevorratung mit Notbetten, Großküchen, Sattelzügen und Spezialmaterial gefordert.

Der NLT schließt: „Im Bereich des Katastrophenschutzes ist eine völlig andere Prioritätensetzung notwendig. Die bisherigen Finanzmittel des Landes sind in keiner Weise ausreichend.“

Und auch die Kommunen fordern eine Aufstockung der Zuschüsse für im Katastrophenschutz tätige Hilfsorganisationen auf gerade mal 6 Mio. Euro. Doch was machen SPD und CDU bei dieser Haushaltstelle. Sie sparen.

Von 3,4 Mio. Euro im Jahr 2019 haben sie die Haushaltsstelle 2020 auf 2,68 Mio. und 2021 sogar um eine weitere Million auf 1,68 Mio. Euro gekürzt! Der Haushaltsansatz für Katastrophenschutz wurde von Finanzminister Hilbers und Innenminister Pistorius in den letzten drei Jahren halbiert. Und wir sind immer noch unter einem Drittel des von den Kommunen geforderten Bedarfs von 6 Millionen Euro.

Ich habe gelesen, dass Finanzminister Hilbers jetzt einen strikten Sparkurs fahren und keine zusätzlichen Gelder für unsere Feuerwehren bereitstellen will. Das ist kurzsichtig und fahrlässig. Die Hochwasserkatastrophen dieses Jahr haben bundesweit mindestens 30 Milliarden Euro gekostet. Niedersachsen wird sich daran über 30 Jahre mit rund 1,4 Milliarden Euro beteiligen.

Sie zahlen also 47 Millionen Euro jährlich für die Bewältigung einer Katastrophe, aber verweigern 6 Millionen Euro für eine bessere Ausstattung unserer Feuerwehren und Hilfsorganisationen?

Das ist kurzsichtig, bei der Prävention zu sparen. Wenn bei zunehmenden Waldbrandrisiken zu wenig schnelle Löschfahrzeuge zur Verfügung stehen, werden die Schäden immer größer.

Daher fordere ich Sie auf: investieren Sie endlich in einen an die zunehmenden Extremwetter und Klimarisiken angepassten Katastrophenschutz, stärken Sie unsere Feuerwehren und Retterinnen und Retter und investieren Sie auch in präventiven Hochwasserschutz wie Entsiegelung, Schaffung von Überschwemmungspoldern, Wassermanagement und ökologischen Waldumbau. Trockene Nadelwälder wie Kiefernmonokulturen sind besonders waldbrandgefährdet, anders ein gut durchmischter Laubwald.

Einen Antrag für besseren Hochwasser- und Katastrophen werden wir Ihnen morgen nach der Befragung des Ministerpräsidenten vorstellen.

Stimmen Sie zu und stärken Sie endlich unsere Haupt- und Ehrenamtlichen im Katastrophenschutz. Sie haben es verdient und es ist in unser aller Interesse. Übernehmen Sie als Land mehr Verantwortung - wie es auch die Kommunen einfordern - durch schnelle Katastrophenschutzeinheiten und bewegliche Materialdepots auf Landesebene.

Kleine Landkreise können bei solchen zunehmenden Jahrhundertkatastrophen schnell überfordert sein, zumal wenn die Kommunalaufsicht eine bessere Ausstattung unserer Feuerwehren immer noch dem Sparzwang unterwirft.

Einsparungen im Katastrophenschutz durch den Abbau der Sirenen und die verzögerte Neubeschaffung von Fahrzeugen dürfen nicht in die Spardose wandern.

Stärken Sie Ehrenamt und Nachwuchsgewinnung auch durch bessere Bezahlung und Arbeitsbedingungen. Schaffen sie die beste und modernste Ausrüstung an. Jeder Euro in Prävention und Schutz vor Katastrophen, Herr Hilbers, ist gut angelegtes Geld.

Sparen sie nicht den Katastrophenschutz im Land zusammen, sondern stärken sie ihn. Ziehen wir die Lehren aus den Hochwasserkatastrophen in NRW und Rheinland-Pfalz aber auch aus der in Niedersachsen 2017.

Der Klimawandel ist real – machen wir nicht die Augen und Ohren zu – sondern schützen wir uns besser.

Investieren wir in den Schutz vor Katastrophen, in unsere Retterinnen und Retter, Helferinnen und Helfer und nehmen dafür viel Geld in die Hand. Vorsorge ist besser als Nachsorge. Das gilt beim Klimaschutz genauso wie beim Katastrophenschutz.

Vielen Dank.

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